25.02.2013 - Termin vor dem Landgericht in einer Unfallversicherungssache. Mein Mandant will Leistungen aus einer Unfallversicherung wegen eines Sportunfalles. Die Versicherung ist der Meinung, das Knie sei so vorgeschädigt gewesen, dass der Unfall nicht ursächlich gewesen sei für die Beschwerden, jedenfalls sei ein erheblicher Vorschaden in Abzug zu bringen.

Vor dem Unfall war der Mandant aber völlig beschwerdefrei. Auftritt des Sachverständigen. Nachdem er im schriftlichen Gutachten eine Kausalität noch bejahte, aber wegen des Vorschadens Abzüge vom Anspruch machen wollte, ist er nun nicht mehr so sicher. Mal neigt er dazu, die Kausalität an sich zu verneinen, mal dazu, sie zu bejahen. Wegen der Höhe des anspruchsmnindernden Vorschadens schwankt er auch wie ein Schiff auf hoher See. Erkennbar fällt es ihm schwer, die Sache zu entscheiden, denn er merkt, dass alles an seinem Urteil hängt. Das ist ihm sichtlich unangenehm. Da zuckt er zurück, relativiert und vernebelt.

Die Richterin wird immer genervter. Glücklicherweise ist die Terminsvertreterin der Versicherung kompetent und sachlich. Es entsteht ein angeregtes Rechtsgespräch. Die Kollegin erkennt, dass ihr die Felle wegschwimmen, wenn die Richterin den Vorschaden, für den die Versicherung beweispflichtig ist, in Zweifel zieht. Einigungsbereitschaft macht sich im Raum breit wie ein warmer Sommerregen. Der anwesende Mandant erzählt von seinen Leiden. Man hört ihm zu. Er fühlt sich gehört. Er erklärt sich mit einem moderaten Vergleich einverstanden und verlässt zufrieden und humpelnd den Saal.

Ein Wermutstropfen bleibt: Nach der Verhandlung eröffnet mir mein Mandant, dass der Sachverständige ihm nach dem Begutachtungsgespräch wegen seiner Schmerzen, die unbestreitbar eine nachvollziehbare körperliche Ursache haben (nämlich einen massiven Knieinnenschaden) geraten hat, "zum Psychiater zu gehen". Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich den Gutachter wegen Befangenheit rausgekegelt. Weil man bei einer solchen Aussage nicht erwarten kann, dass er der Sache unparteiisch gegenüber steht. Aber ob der nächste Gutachter zu einem anderen "Ergebnis" gelangt wäre, ist zweifelhaft. 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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