24.2.2014 Im vertragsarztrechtlichen Richtgrößenverfahren ist eine Geschäftsgebühr von 2,0-fach nach Nr. 2300 RVG VV erstattungsfähig; 2,5-fach wäre hier aber zu viel des Guten (SG Stuttgart, Urteil v. 21.11.2013 - S 11 KA 6116/12). 2,0-fach war aber bei einem Streitwert von unter EUR 6.000 auch nicht gerade viel. Aber der Anwalt wusste sich zu helfen.

Mit Bescheid vom 21. Dezember 2010 setzte die Prüfstelle gegen einen Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten nach Durchführung einer Wirtschaftlichkeitsprüfung einen Regress in Höhe von 5.557,28 € fest. Der Arzt legte über seinen Rechtsanwalt Widerspruch ein und machte u.a. Berechnungsfehler und Praxisbesonderheiten geltend. Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juli 2012 hob der Beklagte den Bescheid der Prüfstelle vom 21. Dezember 2010 auf. Aufgrund der Überschreitung des Richtgrößenvolumens für das Jahr 2008 erfolge eine schriftliche Beratung gemäß § 106 Absatz 1a SGB V. Die zur Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen würden erstattet. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes werde für notwendig erklärt.

In der Folge stritt sich der Arzt mit der beklagten Prüfungstelle über die Erstattungsfähigkeit der Anwaltsgebühren, die der Anwalt mit 2,0, die Beklagte mit 1,6 ansetzte.

Das Gericht gab dem Arzt Recht.

Unbilligkeit liegt nicht vor, wenn eine Geschäftsgebühr von mehr als 1,3 nach Nr. 2300 RVG VV in einem Richtgrößenverfahren gefordert wird und die vom Bevollmächtigten erbrachte Tätigkeit sowohl umfangreich als auch schwierig war und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Kl. überdurchschnittlich sind. Die Sache hat eine hohe Bedeutung für den Kl. als Auftraggeber, die über die reine wirtschaftliche Bedeutung hinausgeht, da u.a. die Frage streitig war, ob und in welchem Umfang Praxisbesonderheiten geltend gemacht werden können, da die Entscheidung der Prüfgremien zumindest bei einer Ablehnung als Indiz für künftiges Verordnungsverhalten dient. Dass die Angelegenheit für den Kl. überdurchschnittliche Bedeutung hatte, lässt sich auch daraus ableiten, dass der Kl. bereit war, für einen Regress in Höhe von 5.557,28 € – aufgrund des vereinbarten Stundensatzes – Gebühren in Höhe von 4.567,22 € zu entrichten, obwohl er auf Grund der monatweisen Abrechnungen die Angelegenheit jederzeit hätte auf sich beruhen lassen können.

Da nach Ansicht der Kammer jedoch durchaus schwierigere oder umfangreichere Tätigkeiten denkbar sind, wäre der Ansatz einer 2,5 fachen Gebühr unbillig. Der Bevollmächtigte hat jedoch lediglich eine 2,0 fache Geschäftsgebühr in Rechnung gestellt.

Letztlich waren also folgende (gesetzliche) Gebühren erstattungsfähig:

Gebühr Nr. Satz Bezeichnung Gebühr
2300 2,0 Geschäftsgebühr aus 5.557,28 EUR 676,00
7002 Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen EUR 20,00
Summe EUR 696,00
7008 Umsatzsteuer 19% EUR 132,24

Summe EUR 828,24

Die gesetzlichen Gebühren sind also recht mager in Anbetracht der komplizierten Rechtsmaterie.

Wohl dem Anwalt, der hier in einem solch komplexen und zeitaufwändigen Verfahren weise genug war, eine Stundensatz-Vergütungsvereinbarung mit dem Mandanten zu treffen, aus der er sage und schreibe EUR 4.567,22 errechnete und auch erhielt.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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