(8.4.2024) Die Vereinbarung zwischen einem Apotheker und einem Online-Marktplatz, wonach der Online-Marktplatz E-Rezepte von Kunden für Over-The-Counter-Medikamente (OTC) einlöst und der Apotheker dafür dem Online-Marktplatz 10 % des Nettoverkaufspreises zahlt, verstößt zwar nicht gegen § 11 Abs. 1 a Apothekengesetz (Verbot entgeltlichen Rezeptmakelns), ist aber nach § 8 Satz 2 Apothekengesetz (Verbot der Gewinnbeteiligung Dritter) verboten (Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 13. März 2024 – 6 U 418/22).
(3.4.2024) Auch das endgültige Nichtbestehen der Kenntnisprüfung durch einen jemenitischen Zahnarzt steht der Durchführung einer Gleichwertigkeitsprüfung nicht entgegen - denn das Gesetz sieht die Kenntnisprüfung nur ersatzweise vor, wenn die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes nicht gegeben ist oder nicht überprüft werden kann. Zwischen der universitären Ausbildung eines deutchen Zahnarztes und der eines jementischen Zahnarztes bestehen aber wesentliche Unterschiede (unter anderem in den Fächern Innere Medizin, Kieferorthopädie und Zahnersatzkunde), so dass eine Gleichwertigkeit hier zu verneinen ist (Verwaltungsgericht Bremen, Urteil vom 15. Februar 2024 – 5 K 1159/21).
(27.3.2024) Um Wahlleistungen abrechnen lassen zu können, muß ein psychosomatischer Chefarzt die seine Disziplin prägende Kernleistung persönlich erbringen und der wahlärzlichen Behandlung des Patienten während seines stationären Aufenthalts insgesamt sein persönliches Gepräge gegeben haben. Dazu muß er das individuelle Behandlungskonzept entwickeln und überwachen, selbst regelmäßig Therapiemaßnahmen durchführen und die Therapie koordinieren und steuern (Amtsgericht Neuss, Urteil vom 05.04.2023 - 85 C 368/22).
(21.3.2024) Der Anspruch auf Zahlung einer Vergütung für die Durchführung eines Corona-Tests erfordert zwingend, dass die getestete Person schriftlich oder elektronisch bestätigt hat, dass sie getestet wurde. Andernfalls hat das Testzentrum keinerlei Vergütungsanspruch gegen die Kassenärztliche Vereinigung (Verwaltungsgericht Münster, Urteil vom 11.3.2024 - 5 K 1987/23).
(15.3.2024) War ein Chefarzt nach eigenen Angaben in der Abteilung seines (weiterbildungsberechtigten) Oberarztes tätig, so begründet dies keinen Anspruch auf Anerkennung der Gleichwertigkeit seiner ärztlichen Tätigkeit und Zulassung zur Prüfung für die Anerkennung der Facharztbezeichnung Physikalische und Rehabilitative Medizin. Denn dies erfordert eine strukturierte und gezielte Weiterbildung "unter Anleitung" eines weiterbildungsbefugten Arztes und mithin unter dessen hierarchischer Leitungsbefugnis. Da ein Oberarzt gegenüber seinem Chefarzt nicht leitungsbefugt ist, kann er diesen auch nicht weiterbilden (Verwaltungsgericht Münster, Urteil vom 15.2.2024 - 5 K 185/21).
(14.3.2024) Ärztliche Stellungnahmen und Wertungen (vulgo Atteste) sind oft Grundlage wichtiger juristischer Entscheidungen. Die Atteste müssen aber für den jeweiligen Verwendungszweck hinreichend aussagekräftig sein. Sind sie dies nicht, geht dies zum Nachteil des Patienten. Und der Arzt kann schlimmstenfalls gezwungen werden, als sachverständiger Zeuge vor Gericht zu erscheinen um dort Stellung zu nehmen. Der Mindestinhalt eines Attestes soll daher am Beispiel einer aktuellen Entscheidung erläutert werden (Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.3.2024 – 19 E 99/24).
(13.3.2024) Das ärztliche Zeugnis im Sinne des § 20 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 lfSG über die Kontraindikation gegen eine Impfung gegen Masern muss Angaben über den Grund der Kontraindikation enthalten, die dem Gesundheitsamt zumindest eine Plausibilitätskontrolle ermöglichen (Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1.3.2024 - 1 S 94/23). Die Entscheidung gibt Gelegenheit, die Gundsätze für die rechtmäßige Erstellung von ärztlichen Attesten noch einmal darzustellen.
(6.3.2024) Leistungen nach der Corona-Testverordnung, die im Zusammenhang mit der Auswertung von PCR-Testungen vorgenommen werden, sind nur abrechenbar, sofern sie unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt werden. War aber während der in einer Stichprobe überprüften Tagen kein Arzt in der Teststelle anwesend, so besteht kein Vergütungsanspruch (Verwaltungsgericht Karlsruhe, Beschluss vom 7.2.2024 – 2 K 2565/23).
(6.3.2024) Ein ausländischer Arzt, der eine deutsche Approbation beantragt, hat Anspruch auf eine Gleichwertigkeitsprüfung. Die Gleichwertigkeitsprüfung geht der Kenntnisprüfung vor. Auch wenn der ausländische Arzt bereits mehrfach durch die Kenntnisprüfung gefallen ist, kann er eine Gleichwertigkeitsprüfung verlangen. Der Arzt kann auch nicht wirksam auf das Recht zur Gleichwertigkeitsprüfung verzichten (Sächsisches Oberverwaltungsgericht Bautzen, Urteil vom 29.8.2023 - 2 A 370/22). Die Entscheidung stärkt die Rechte ausländischer Ärzte und macht den Gesundheitsämtern, die ausländischen Ärzte vermehrt die Gleichwertigkeitsprüfung zu verwehren suchen, einen Strich durch die Rechnung.
(5.3.2024) Im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung darf der Arzt seine (unvollständige oder ungenaue) Abrechnungsdiagnose ergänzen und korrigieren durch Vorlegen der Behandlungsdokumentation. Hat er zuerst eine (falsche) Abrechnungsdiagnose gestellt (hier: u.a. Enzephalitis), so verbietet ihm dies nicht, in der Wirtschaftlichkeitsprüfung "nachzulegen" und mittels Vorlage seiner Behandlungsdokumentation nachzuweisen, dass er ein Medikament (hier Tecfidera) ordnungsgemäß und mit gutem Grund verordnet hat (hier: zur Behandlung von Multipler Sklerose) (Sozialgericht Marburg, Urteil vom 14.2.2024 – S 18 KA 96/23).
(29.2.2024) Der vom BGH vor langem entwickelte Grundsatz, dass ein Arzt sich gegen den Vorwurf mangelhafter Aufklärung darauf berufen kann, seine Patienten immer in (rechtmäßiger) Weise aufzuklären (sog. Immer-so-Verteidigung), ist nicht auch auf Behandlungsfehler übertragbar (Landgericht München, Beschluss vom 6.12.2023 - 1 O 1722/22 Hei). Denn die rechtliche Lage bei der Aufklärung unterscheide sich von der einer Behandlung.
(22.2.2024) Ärzte müssen ihre Leistungen bei der Behandlung von Privatpatienten und Selbstzahlern zwingend nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) abrechnen. Dagegen müssen Ärzte-GmbH oder MVZ in der Rechtsform einer GmbH ihre am Patienten erbrachten Behandlungsleistungen nicht nach der GOÄ abrechnen. Vielmehr können Ärzte-GmbH oder MVZ in der Rechtsform einer GmbH das Entgelt für die Behandlung mit dem Patienten frei aushandeln. Diese GmbH dürfen die Behandlungsverträge auch selbst mit den Patienten schließen und diese Verträge sind auch nicht formbedürftig (Oberlandesgericht Frankfurt, Urteil vom 21.09.2023 - 6 W 69/23). Diese Entscheidung des OLG Frankfurt ist kritisch zu hinterfragen.
- Wirtschaftlichkeitsprüfung zu GOP 35100 und 35110 EBM: Arzt soll Praxisbesonderheiten ausführlich geltend machen und Behandlungsdokumentation vorlegen: Sozialgericht Marburg 31-01-2024
- Datenschutz: Apotheker darf Geburtsdatum der Kunden nicht abfragen und erfassen: Oberverwaltungsgericht Niedersachsen 23-01-2024
- Weiter Streit um gerichtliche Zuständigkeit für Klagen auf Zahlung der Vergütung von Corona-Bürgertests: Verwaltungsgericht Hamburg 15-01-2024
- Fehlerhafte Einordnung eines CTG als unauffällig führt zur Haftung einer Gynäkologin für schweren Hirnschaden des Kindes: Oberlandesgericht München 25-01-2024