(4.1.2017) Ist vor einer Halswirbelsäulen-Operation (Bandscheibenprothetik und Fusion) eine neurologische Untersuchung geboten und unterbleibt diese, ist die Operation nicht indiziert. Die Vornahme eines schwerwiegenden operativen Eingriffs ohne zuvor gesicherte Diagnose, kann als grober Behandlungsfehler zu werten sein. Vor einer Operation sind die Möglichkeiten der konservativen Behandlung, die weniger risikoreich ist, auszuschöpfen. Leidet die Patientin nach der Operation an einer Querschnittslähmung unterhalb des dritten Halswirbels, so rechtfertigt dies ein Schmerzensgeld von EUR 400.000 (OLG Hamm, Urteil vom 11. November 2016 – I-26 U 111/15).
(31.12.2016) Das Kammergericht sieht das Interesse des Patienten auf Einsicht in seine Behandlungsunterlagen als weitgehend wertlos an (KG Berlin, Beschluss vom 01. Dezember 2016 – 20 W 67/16). Darin kommt ein fatales Mißverständnis der Bedeutung zum einen der Behandlungsunterlagen als auch der Rechte des Patienten zum Ausdruck, weshalb diese Entscheidung äußerst kritisch gesehen werden muss.
(24.12.2016) Kommt es bei einer operativen Entfernung der Prostata mittels Elektrochirurgie (Kauterisation) zu einer großflächtigen Verbrennung des Gesäßes, so ist der Operateur nicht verpflichtet zu beweisen, dass er dies nicht verantworten hat (nach den Grundsätzen des sog. voll beherrschbaren Risikos). Denn nach dem sterilen Abdecken des Operationsfeldes hat er keine Möglichkeit mehr zu kontrollieren, ob sich an den Kontaktflächen Flüssigkeiten wie z.B. ausgelaufenen Spülflüssigkeiten oder Schweiß ansammeln, die zu einer unkontrollierten Ableitung des Stromflusses führen (OLG Hamm, Urteil vom 4. November 2016 – 26 U 67/13).
(20.12.2016) Dass die Verwendung eines 120 Watt-Greenlight-Lasers mit einer individuellen Lernkurve des anwendenden Operateurs behaftet ist, führt nicht dazu, dass die Einführung dieses bereits weltweit im Einsatz befindlichen Lasers als „Neulandmethode“ anzusehen ist und entsprechend aufklärungspflichtig war (OLG Karlsruhe, Urteil vom 07. Dezember 2016 – 7 U 66/14).
(13.12.2016) Die Tätigkeit eines Honorararztes in einer Klinik ist eine sozialversicherungspflichtige, abhängige Beschäftigung, wenn der Chefarzt dem Honorararzt die Patienten zuteilt, die Klinikleitung ihm die Zeiteinteilung vorgibt, er freiwillig Rufbereitschaften übernimmt, bzw. seine ärztlichen Verordungen kontrolliert wurden und er die gleichen Arbeiten wie die übrigen angestellten Ärzte ausführte und er darüberhinaus kein wirtschaftliches Risiko getragen hat (Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 22. November 2016 – L 5 KR 176/16 B ER).
(5.12.2016) Gehört die gesamte Praxiseinrichtung dem Seniorpartner, der die Praxiseinrichtung der Gemeinschaftspraxis der Juniorpartnerin nur (unentgeltlich) zur Nutzung zur Verfügung stellt und muss er auch zumindest mittelbar allein für die Begleichung sämtlicher Praxisausgaben aufkommen, während die Juniorpartnerin keine Risiken trägt und beschränkte Geschäftsführungsbefugnisse hat, so liegt eine abhängige Beschäftigung der Juniorpartnerin vor. Vertragsarztrechtliche Einordnungen sind insofern zweitrangig (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 23. November 2016 – L 5 R 1176/15).
(2.12.2016) Die Konzeption des Vertragsarztrechts schließt es gerade aus, dass die für die vertragsärztliche Versorgung maßgebenden Bedingungen – insbesondere die Honorierung der Leistungen - zwischen den daran teilnehmenden Ärzten und den gesetzlichen Krankenkassen ausgehandelt und gegebenenfalls durch "Kampfmaßnahmen" durchgesetzt werden (Bundessozialgericht, Urteil vom 30.11.2016 - B 6 KA 38/15 R).
(01.12.2016) Der deutsche Klinikmarkt ist attraktiv für Ärzte, die in der Türkei ausgebildet wurden. Ebenso ist die Tätigkeit in eigener Praxis in Deutschland für türkische Ärzte interessant. Vermehrt beantragen türkische Ärzte daher Genehmigungen, um in Deutschland als Arzt tätig zu sein. Diese Genehmigungen können erteilt werden entweder als sogenannte Approbationen oder als (eingeschränkte) Berufserlaubnis. In Anbetracht des Ärztemangels in Deutschland ist dieser Zustrom von ausgebildeten Ärzten auch dringend nötig, um Versorgungsengpässe zu verhindern. Was ist bei einem Antrag auf eines solche Genehmigung für eine Tätigkeit als Arzt in Deutschland zu beachten?
(01.12.2016) Die Pflicht zum ärztlichen Notdienst (Bereitschaftsdienst) betrifft insbesondere gemäß § 1 Abs. 1 e) NDO (NRW) i.V.m. § 31 HeilBerG auch die niedergelassenen Privatärzte. Die Abrechnung gegenüber gesetzlich versicherten Notdienstpatienten wird gewährleistet, indem die Kassenärztliche Vereinigung dem Privatarzt zu diesem Zweck eine Abrechnungsnummer erteilt. Dass der Arzt hier bereits acht Jahre vom Notdienst verschont blieb, begründet keinen Vertrauenstatbestand, der ihn nun vor dem Notdienst schützt. Und dass dem Arzt vor Jahren die KV-Zulassung entzogen wurde bedeutet nicht, dass er nun "ungeeignet" ist, am Notdienst teilzunehmen. Der Arzt kann auch die Ungeeignetheit nicht durch Urteil feststellen lassen (Verwaltungsgericht Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 21. November 2016 – 7 K 3288/16).
(30.11.2016) Eine Patientin kann die Zahlung eines Eigenanteils an einen Zahnarzt nicht verweigern mit dem Argument, sie habe den entsprechenden Heil- und Kostenplan nicht unterschrieben (Formmangel nach § 2 Abs. 3 Satz 1 GOZ), wenn sie zuvor den Heil- und Kosteplan von ihrer Krankenversicherung hat bestätigen lassen, diesen (nicht von ihr unterschriebenen) Heil- und Kostenplan der Zahnarztpraxis vorlegte (der den Mangel der Unterschrift nicht bemerkte) und schließlich die Zahnersatzleistungen des Zahnarztes in Anspruch genommen hat (Bundesgerichtshof, Urteil vom 03. November 2016 – III ZR 286/15).
(29.11.2016) Verkennt ein Kinderarzt bei der U3-Untersuchung eines Kleinkindes nach sonografischer Untersuchung eine Reifeverzögerung der Hüfte aufgrund einer falschen Diagnose und bildet sich bei dem Kind infolgedessen eine Hüftgelenksluxation, die operativ versorgt werden muss, so haftet der Kinderarzt dem Kind auf Schadensersatz und Schmerzensgeld von EUR 25.000. Ein Orthopäde, der zur späteren Abklärung eines auffälligen Gangbildes (Hinken) des Kindes röntgenologische Befunde oder Kontrollen im engen zeitlichen Abstand versäumt hat, haftet ebenfalls auf Schadensersatz und Schmerzensgeld (OLG Hamm, Urteil vom 31. Oktober 2016 – 3 U 173/15).
(25.11.2016) Ein Hufschmied, der das Huf eines seit Jahren aktiven Springpferdes zu stark gekürzt hat, haftet für die akute Lahmheit des Springpferdes auf Schadensersatz. Er haftet dagegen nicht für die chronische Lahmheit, wenn der Hufschmied beweisen kann, dass diese chronische Lahmheit wahrscheinlich auf degenerativen Veränderungen des Pferdes beruht (Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 2.9.2016 – 19 U 129/15).
- Haftpflichtversicherung einer Klinik darf nicht auf Unterzeichnung eigener Schweigepflichtsentbindung bestehen: AG Ellwangen 03-02-2016
- Nierenspender ist sehr ausführlich über Risiken der Spende aufzuklären: OLG Düsseldorf 25-08-2016
- Selbständigkeit einer Altenpflegerin? LSG Schleswig-Holstein 04-11-2016
- Fettabsaugung von Krankenkasse zu zahlen, wenn Prüffrist von fünf Wochen überschritten: SG Braunschweig 22-09-2016