Bei der Aufrechenbarkeit gegen eine Forderung eines insolventen Arztes durch die Kassenärztliche Vereinigung kommt es auf den Zeitpunkt des Erlasses des jeweiligen Honorarbescheides an (SG Berlin, Urt. v. 28.05.2008 – S 83 KA 398/05 –).

Der Gläubiger eines insolventen Arztes (hier die Kassenärztliche Vereinigung) kann grundsätzlich gegen Forderungen des Schuldners (hier also des Arztes) aufrechnen nach § 94 InsO.

Die Aufrechnung ist aber unzulässig nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO, wenn die KV die Möglichkeit zur Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung (hier Erwerb der Forderung in den letzten drei Monaten vor Insolvenzverfahrenseröffnung, § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO) erlangt hat.

Hier ist zu prüfen, ob eine vergleichbare Erfüllung im Zeitpunkt des Entstehens der Aufrechnungslage vor Verfahrenseröffnung nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 129 ff. InsO anfechtbar wäre. Diese Voraussetzungen liegen vor, wenn im Falle, dass der Gemeinschuldner die Forderungen der KV bzw. der Krankenkassen zu dem Zeitpunkt, zu dem die Aufrechnung wirkt, erfüllt, die Erfüllung gemäß §§ 129 Abs. 1, 130 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 InsO der Anfechtung unterläge. Die Höhe des Anspruchs auf Teilhabe an der vertragsärztlichen Vergütung steht erst mit der jeweiligen Quartalsabrechnung aller Mitglieder der KV fest und wird durch den Erlass des Honorarbescheids konkretisiert, so dass sich die Forderungen zur Aufrechnung erst ab diesem Zeitpunkt geeignet gegenüberstehen.

Die Besonderheiten des vertragsärztlichen Vergütungssystems führen nicht zur Auslegung des § 96 InsO dergestalt, dass die von der KV vorgenommene Aufrechnung bzw. Verrechnung nicht unter die genannte Vorschrift fällt.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
Vertretung und Beratung im Medizinrecht und Arztrecht
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