Der Bundesrat hat am 11.07.2009 ein Gesetz bestätigt, wonach Patientenverfügungen bindend sind und der Patient vor Abfassung der Verfügung nicht gezwungen ist, sich ärztlich beraten zu lassen. Das Gesetz tritt am 1. September 2009 in Kraft (BR-Drucksache 593/09).

Der Bundesrat hat das Dritte Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts bestätigt. Danach sind Ärzte, Gerichte und Betreuer an den in der Patientenverfügung festgelegten Willen des Bürgers gebunden. Dies gilt auch dann, wenn keine schwerwiegende oder tödliche Krankheit vorliegt. Die bestehenden Patientenverfügungen (von denen es ca. neun Millionen gibt) bleiben gültig.

Fachleute weisen aber daraf hin, dass der Großteil der Verfügungen nicht genau genug die möglichen Heilbehandlungen beschreiben, die der Patient nicht möchte. D.h. die meißten Patientenverfügungen sind schlicht zu ungenau formuliert, um den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen. So heisst es etwa bei vielen Verfügungen pauschal: "Im Fall einer irreversiblen Hirnschädigung sind Wiederbelebungsmaßnahmen und lebensverlängernde oder lebenserhaltenden Maßnahmen, wie z.B. künstlicher Beatmung, zu unterlassen".

Im Ernstfall ist immer zu prüfen, ob die Festlegungen in der Patientenverfügung noch auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen. So kann z.B. ein Bürger, der im Jahre 2009 verfügt, er wolle in bestimmten Fällen keine Behandlung mit einem Spenderorgan, später diese Auffasung nachweislich revidiert haben, ohne aber die Verfügung geändert zu haben. In diesem Fall gilt das tatsächlich Gewollte.

Die Verfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden.

Im Einzelnen gilt:

§ 1901 a BGB (neuer Fassung ab 01. September 2009)
(1) Hat ein einwilligungsfähiger Volljähriger für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit schriftlich festgelegt, ob er in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen seines Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt (Patientenverfügung), prüft der Betreuer, ob diese Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen. Ist dies der Fall, hat der Betreuer dem Willen des Betreuten Ausdruck und Geltung zu verschaffen. Eine Patientenverfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden.

(2) Liegt keine Patientenverfügung vor oder treffen die Festlegungen einer Patientenverfügung nicht auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zu, hat der Betreuer die Behandlungswünsche oder den mutmaßlichen Willen des Betreuten festzustellen und auf dieser Grundlage zu entscheiden, ob er in eine ärztliche Maßnahme nach Absatz 1 einwilligt oder sie untersagt. Der mutmaßliche Wille ist aufgrund konkreter Anhaltspunkte zu ermitteln. Zu berücksichtigensind insbesondere frühere mündliche oder schriftliche Äußerungen, ethische oder religiöse Überzeugungen und sonstige persönliche Wertvorstellungen des Betreuten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten unabhängig von Art und Stadium einer Erkrankung des Betreuten.

(4) Niemand kann zur Errichtung einer Patientenverfügung verpflichtet werden. Die Errichtung oder Vorlage einer Patientenverfügung darf nicht zur Bedingung eines Vertragsschlusses gemacht werden.

(5) Die Absätze 1 bis 3 gelten für Bevollmächtigte entsprechend.

§ 1901b BGB (neuer Fassung)
Gespräch zur Feststellung des Patientenwillens
(1) Der behandelnde Arzt prüft, welche ärztliche Maßnahme im Hinblick auf den Gesamtzustand und die Prognose des Patienten indiziert ist. Er und der Betreuer erörtern diese Maßnahme unter Berücksichtigung des Patientenwillens als Grundlage für die nach § 1901a zu treffende Entscheidung.
(2) Bei der Feststellung des Patientenwillens nach § 1901a Absatz 1 oder der Behandlungswünsche oder des mutmaßlichen Willens nach § 1901a Absatz 2 soll nahen Angehörigen und sonstigen Vertrauenspersonen des Betreuten Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden, sofern dies ohne erhebliche Verzögerung möglich ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten für Bevollmächtigte entsprechend.“
3. Der bisherige § 1901a wird § 1901c.

4. § 1904 wird wie folgt gefasst:
§ 1904 BGB
Genehmigung des Betreuungsgerichts bei ärztlichen Maßnahmen
(1) Die Einwilligung des Betreuers in eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute auf Grund der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet. Ohne die Genehmigung darf die Maßnahme nur durchgeführt werden, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist.
(2) Die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung des Betreuers in eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn die Maßnahme medizinisch angezeigt ist und die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute auf Grund des Unterbleibens oder des Abbruchs der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet.
(3) Die Genehmigung nach den Absätzen 1 und 2 ist zu erteilen, wenn die Einwilligung, die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung dem Willen des Betreuten entspricht. (4) Eine (Anmerkung: gerichtlichen) Genehmigung nach Absatz 1 und 2 ist nicht erforderlich, wenn zwischen Betreuer und behandelndem Arzt Einvernehmen darüber besteht, dass die Erteilung, die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem nach § 1901a festgestellten Willen des Betreuten entspricht.
(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für einen Bevollmächtigten. Er kann in eine der in Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 genannten Maßnahmen nur einwilligen, nicht einwilligen oder die Einwilligung widerrufen, wenn die Vollmacht diese Maßnahmen ausdrücklich umfasst und schriftlich erteilt ist.“

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
Vertretung und Beratung im Medizinrecht und Arztrecht
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