Berichte der gesetzlichen Krankenkassen über Leistungen und Qualität von Pflegeheimen (sog. Pflege-TÜV bzw. Transparenzberichte) sind verfassungsgemäß und dürfen von den Kassen im Internet veröffentlicht werden (LSG NRW vom 10.05.2010 - L 10 P 10/10 B ER -).

Ein Pflegeheimes aus Bochum war in einem Transparenzbericht der beklagten Krankenkasse insgesamt nur mit der Note "befriedigend" bewertet worden. Dagegen hat das Pflegeheim im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes geklagt und sich darauf berufen, die Bewertung verletze seine Berufsfreiheit und das Recht auf Eigentum.

Das LSG NRW wies die Klage zurück.

Die Veröffentlichung eines Transparenzberichts ist nach Ansicht des Gerichts kein verfassungswidriger Eingriff in die Rechte des betroffenen Pflegeheimbetreibers, wenn ein faires, neutrales, objektives und sachkundiges Prüfverfahren nach der Pflege-Transparenzvereinbarung stationär (PTVS) vorausgegangen sei. Das Aushandeln der darin enthaltenen Kriterien für die Veröffentlichung der Transparenzberichte sowie die Bewertungssystematik der Qualitätsprüfungen habe der Gesetzgeber zulässigerweise dem Sachverstand der Organisationen übertragen, die für die Wahrnehmung der Interessen pflegebedürftiger Menschen maßgeblich und kompetent seien. Beteiligt waren insoweit auch die Träger der Pflegeeinrichtungen.

Das LSG NRW sieht in der Veröffentlichung von Transparenzberichten auch keinen Verstoß gegen die vom Grundgesetz geschützte Berufsausübungsfreiheit oder das Eigentumsrecht. Transparenzberichte dienten der Markttransparenz, der Aufrechterhaltung der Konkurrenz unter den Pflegeeinrichtungen und damit der Verbesserung der Pflegequalität. Dadurch trügen sie nicht nur dem Selbstbestimmungsrecht und dem Schutzbedürfnis Pflegebedürftiger Rechnung, sondern stießen in ihrem Interesse auch einen Qualitätswettbewerb an.

Im vorliegende Fall habe die prüfende Kasse ihren Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Die Rüge des Heims, die prüfende Kasse habe die von ihr eingeräumten Mängel in der Dokumentation ihrer Pflegeleistungen schwerer gewichtet als die nach seiner Ansicht (gute) Pflege selber, ließ das LSG NRW nicht gelten. Nur auf der Grundlage einer aussagekräftigen Dokumentation könne die Pflegequalität verlässlich beurteilt werden, auch wenn dies für die Pflegeeinrichtungen lästig und kostenintensiv sein könne. Ob das beschwerdeführende Pflegeheim entgegen seiner eigenen Dokumentation in Wirklichkeit einen umfassenderen Pflege - und Versorgungsaufwand erbracht habe, könne im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht aufgeklärt werden. Das LSG NRW hielt die Befürchtung des Heims, sein guter Ruf sei im Fall der Veröffentlichung des negativen Berichts nicht mehr zu retten, für überzogen. Dagegen spreche schon, dass die Einrichtung von ihrem Recht, den Bericht zu kommentieren oder eine Wiederholungsbegutachtung zu beantragen, keinen Gebrauch gemacht habe.

Die Veröffentlichung der Transparenzberichte sei ferner auch entgegen der Ansicht des Pflegeheimes nicht unverhältnismäßig. Das LSG erkennt zwar, dass in der Pflegewissenschaft noch relative Unsicherheit über verlässliche Messgrößen für die Qualität der pflegerischen Versorgung herrsche. Die verwandten Prüfkriterien entsprächen aber dem aktuellen Kenntnisstand. Ihre Fortentwickelung und Anpassung an neue Erkenntnisse sei ausdrücklich vorgesehen.

Die Veröffentlichung liege darüber hinaus im öffentlichen Interesse und sei unter Hinweis auf die verbleibenden Unsicherheiten erfolgt. Die Pflegeeinrichtungen seien ihnen nicht schutzlos ausgeliefert, sondern könnten bei schwerwiegenden formellen oder inhaltlichen Mängeln gegen die Transparenzberichte vorgehen.

Zudem hätten sie das Recht, den Transparenzberichten im Internet zu kommentieren und eine Wiederholungsbegutachtung zu beantragen. Auch die Art und Weise der Notenbildung sei nicht zu beanstanden. Das LSG NRW hob allerdings den Beurteilungsspielraum der Krankenkassen bei der Bewertung der Pflegeleistungen hervor. Diese Bewertungen können die Gerichte nach Ansicht des LSG NRW nur eingeschränkt überprüfen, indem sie vor allem ein korrektes Prüfverfahren sicherstellen.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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