Für den Funktionsverlust der linken Schulter erscheint ein Schmerzensgeld von 50.000,- € angemessen. Bei der Bewertung als grober Behandlungsfehler kann auch berücksichtigt werden, dass die gewählte Operationsart nicht die Methode der Wahl war und selbst fehlerhaft durchgeführt worden ist (OLG Hamm, Urteil vom 01.07.2014 - 26 U 4/13). 

Wegen Schulterbeschwerden ließ sich die Klägerin Ende 2005 im erstbeklagten Krankenhaus von den dort beschäftigten, zweit- und drittbeklagten Ärzten an der linken Schulter operieren. Es wurde eine Acromioplastik in offener Operationstechnik durchgeführt. Nach der Operation konnte die Klägerin den Arm nicht mehr heben. Nach weiteren operativen Eingriffen musste die linke Schulter der Klägerin im Februar 2009 versteift werden. Die Klägerin verlangte Schmerzensgeld in Höhe von EUR 50.000.

Das OLG Hamm gab der Klägerin Recht.

Nach Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens stehe fest, dass die Klägerin im November 2005 im beklagten Krankenhaus von den beiden beklagten Operateuren grob fehlerhaft behandelt wurde. Sowohl die Wahl einer offenen Schultergelenksoperation als auch die Durchführung dieser Operation hätten gegen den ärztlichen Standard verstoßen. Wie der Sachverständige ausgeführt habe, sei die im Verlauf des Eingriffs erfolgte Zerstörung des Schulterdaches grob behandlungsfehlerhaft. Aus Sicht des Gutachters sei nach dem vor der Operation erhobenen MRT-Befund allein ein arthroskopischer Eingriff zur Entfernung des Schleimbeutels und zur Dekompression der Enge im Schultergelenk der Klägerin indiziert gewesen. Nur dies sei in dieser Situation als sog. "Methode der Wahl" in Betracht gekommen.

Der tatsächlich vorgenommene Eingriff sei zudem fehlerhaft durchgeführt worden, weil intraoperativ wesentliche Teile des Schulterdachs entfernt worden seien. Dadurch sei das Schulterdach zerstört worden. Dies habe die Versteifung der linken Schulter der Klägerin erfordert, so dass der linke Arm vollständig funktionsunfähig geworden sei.

Hinsichtlich der Beweislast kam der Klägerin zugute, dass der Fehler hier als grober Behandlungsfehler einzustufen war. Damit hatten die Beklagten für die eingetretenen Schäden einzustehen und wurden mit ihrem Einwand, die Folgen beruhten nicht auf der Operation sondern auf anderen Umständen, nicht vom Gericht gehört.

Die Revision war nicht zuzulassen.

Anmerkung:

Der Sachverständige sah es hier insbesondere als fehlerhaft an, dass die Beklagten eine Operationstechnik wählten, die offen durchgeführt wurde statt einer weniger einschneidenden Behandlung durch ein Endoskop. Die gewählte offene OP wurde zudem auch noch fehlerhaft durchgeführt (Schulterdach intraoperativ weggenommen).
Weicht ein Arzt von dem Standardoperationsverfahren ab, so hat der Patient gute Chancen, seine Arzthaftungsansprüche durchzusetzen. Der betroffene Patient sollte also ermitteln, was die Standardprozedur ist und ob er nach dieser Prozedur behandelt wurde. Dazu muss er die Behandlungsakte einsehen und seinen Fall anhand des Operationsprotokolls mit einem weiteren Arzt derselben Fachrichtung besprechen.

Zum Thema:

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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