Das LG Karlrsuhe wies eine Klage einer Patientin wegen Aufklärungsfehlers gegen einen Arzt, der ihr im Jahr 2007 Implantate des französischen Herstellers PIP einsetzte, ab. Einen Aufklärungsfehler sah das Gericht nicht (LG Karlsruhe, Urteil vom 25.11.2014 - 2 O 25/12).

Die Klägerin bekam von dem beklagten Arzt im Jahr 2007 PIP-Silikon-Implantate eingesetzt. Im Vorgespräch soll der Arzt nach Angaben der Klägerin gesagt haben, die Implantate seien so stabil, dass man selbst mit einem Auto darüberfahren könne. Drei Jahre später wurde bekannt, dass die PIP-Implantate aus französischer Herstellung statt mit Spezialsilikon mit preiswerterem Industriesilikon befüllt worden waren und teilweise eine erhöhte Ruptur-Rate aufweisen.

Die Klägerin erhob Klage auf Zahlung von Schmerzensgeld ihn Höhe von rund 30.000 €. Der Arzt habe sie falsch aufgeklärt.

Diese Klage wies das LG Karlsruhe nach Einholung eines Sachverständigengutachtens nun ab.
Das Gericht führt aus, eine vorwerfbare Verletzung der Aufklärungspflicht seitens des Arztes habe nicht vorgelegen, weil der Arzt 2007 gar keine Anhaltspunkte für eine „betrügerische Befüllung“ oder „Mangelhaftigkeit der PIP-Implantate“ hätte haben können. Die erhöhte „Ruptur-Rate“ der Implantate sei damals nicht bekannt gewesen. Zudem habe sich die Klägerin ja später für die Implantate eines anderen Herstellers entschieden; sie habe also eine Brustvergrößerung in jedem Fall gewollt. Insofern hätte sich ein Aufklärungsfehler so oder so nicht auf die Entscheidung der Klägerin für die PIP-Implantate ausgewirkt.

Die Klägerin äußerte sich enttäuscht und kündigte gemeinsam it ihrem Anwalt den Gang zur nächsthöheren Instanz an. Der Anwalt will nach Presseangaben zur Vermeidung einer Verjährung noch in diesem Jahr zwischen 100 und 150 Einzelklagen von Mandantinnen seiner Kanzlei einreichen.

Anmerkung:

Die Klage muss kritisch bewertet werden ebenso wie die Ankündigung, noch zwischen 100 und 150 weiteren Klagen einzureichen. Eine Erfolgsaussicht von Klagen gegen die behandelnden Ärzte wegen fehlerhafter Aufklärung ist nicht erkennbar, soweit die Implantate eingesetzt wurden, bevor die Verwendung von Industriesilikon etc. bekannt wurde. Wenn die behandelnden Ärzte nicht wussten, dass die Brust-Implantate nicht ordnungsgemäß mit Spezialsilikon befüllt waren und vermehrt zum Platzen neigten, können sie die Patienten auch diesbezüglich nicht falsch aufgeklärt haben. Vor diesem Hintergrund ist schon nicht verständlich, warum überhaupt Klagen gegen die Ärzte eingereicht wurden. Verständlich wäre dies nur, soweit dem Anwalt konkrete Hinweise auf eine solche Kenntnis des jeweiligen behandelnden Arztes vorlagen. Dies ist bisher nicht erkennbar; möglicherweise ergibt sich dies aber aus den schriftlichen Urteilsgründen, die derzeit hier noch nicht vorliegen. Eine solche konkrete Kenntnis im Einzelfall scheint aber in jedem Fall nicht bei allen 100 bis 150 Fällen vorzuliegen. Daher müssen Massenklagen im Arzthaftungsrecht - wo es immer maßgeblich auf individuelle Umstände des Einzelfalls ankommt - sehr kritisch betrachtet werden.

Zum Thema:

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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