Keine Beweislastumkehr zugunsten des Patienten bei Nichtwahrnehmung von Kontrollterminen und auch dadurch bewirkter erheblicher Gefährdung des Heilungsverlaufs (OLG Saarbrücken, Urteil vom 04.02.2015 - 1 U 27/13).

Abstract:

Im vorliegenden Fall liegt ein (einfacher) Befunderhebungsfehler vor (fehlende Röntgenkontrolluntersuchung nach intraoperativer Gallenpunktion). Eine Arzthaftung der beklagten Ärzte auf Schadensersatz scheidet trotzdem aus. Denn der Patient unterließ die gebotene Nachbehandlung, obgleich ihm die Notwendigkeit dieser Nachbehandlung bekannt war. Das Unterlassen der Nachbehandlung rief weitere Komplikationen und Erkrankungen hervor. Die unterlassene Nachbehandlung hatte damit ganz wesentlichen Anteil an den Folgebeeinträchtigungen des Patienten bzw. hat eine eigenständige Ursache für die Folgebeeinträchtigungen gesetzt. Außerdem war der Patient schon bei Beginn der Behandlung vielfach krank (multimorbid), worauf mindestens 50 % der späteren Gesundheitsbeeinträchtigungen zurückzuführen sind. Da der Patient damit in gleicher Weise wie der behandelnde Arzt zu den Gesundheitsbeeinträchtigungen beigetragen hat, wiegt das Fehlverhalten des Patienten das des Arztes auf. Eine Beweislastumkehr zu Gunsten des Patienten scheidet damit aus.
Ohnehin wäre der Schaden des Patienten ohnehin nicht von der Beweislastumkehr erfasst, weil sich nicht das Risiko der fehlerhaft unterlassenen Röntgenkontrastmitteldarstellung realisiert hat, sondern das dasjenige der vom Patienten unterlassenen Nachbehandlung.
Der Kläger musste also beweisen, dass die von ihm geltend gemachten Folgen der Unterlassung der Ärzte (z.B. Haushaltsschaden) auf das Verhalten der Ärzte zurückzuführen waren. Dieser Beweis ist ihm hier nicht gelungen.

Das sog. Pringle-Manöver zur Blutungsstillung (Abklemmen des Blutflusses zum Organ) ist nicht mehr ärztlicher Standard; es ist auch nicht indiziert bei der Blutung eines stark vorgeschädigten Organs, da es das Organ dann nachhaltig schädigen kann. Daher ist die Nichtvornahme dieser technik zur Blutstillung nicht behandlungsfehlerhaft. 

Zahlt die Haftpflichtversicherung des Arztes einen Betrag an den Patienten "zur Klaglosstellung" und war zwischen den Parteien zu diesem Zeitpunkt streitig, wer für die Schadenspositionen haften muss, so liegt kein haftungsbegründendes Anerkenntnis des Arztes vor.    

Der Fall:

I. Die Klägerin macht als Miterbin Ansprüche aus einem behaupteten ärztlichen Fehlverhalten geltend.

Der Vater der Klägerin und Erblasser, Herr W. B., wurde am 11. Juli 2002 wegen eines akuten Abdomens in dem von der Beklagten zu 2. betriebenen Caritas Klinikum aufgenommen. Der Beklagte zu 1. veranlasste am gleichen Tag eine laparoskopische Exploration, wobei er in der Bauchhöhle eine Peritonitis (Entzündung des Bauchfells) feststellte. Hiernach stellte der Beklagte zu 1. auf eine mediale Laparotomie um und entfernte operativ eine stark entzündete Gallenblase. Hierbei kam es zu einer massiven Blutung einer Leberarterie, worauf der Beklagte zu 1. mit einer Umstechungsligatur reagierte.

Am 17. Juli 2002 wurde bei Herrn W. B. eine ERCP-Untersuchung (Röntgenuntersuchung der Gallengänge, Gallenblase und der Bauchspeichel-Drüsengang-Systems; Untersuchung mittels Röntgenkontrastmittel und Spezialendoskop) durchgeführt, wobei auffiel, dass das Kontrastmittel im mittleren Drittel des Gallenganges abbrach. Der Beklagte zu 3. nahm daraufhin am 18. Juli 2002 eine Revisionsoperation vor. Hierbei wurde als Ursache des Choledochussverschlusses eine bei der Blutstillung des Ersteingriffs unbemerkt angelegte doppelte Umstechung des Hauptgallenganges festgestellt. Die beginnende Choledochusnekrose wurde durch den Beklagten zu 3. ausgeschnitten und hierüber eine Drainage gelegt. Zudem wurde eine angetroffene kleine Leckage durch eine Naht verschlossen.

Beim Patienten entwickelte sich in der Folge eine Gallenfistel. Zudem kam es zu einem Wundinfekt, zur Wunderöffnung, was eine offene Wundbehandlung bedingte. Er wurde am 21. August 2002 entlassen. Laut Arztbrief vom 20. August 2002 wurden zur Weiterbehandlung eine Re-ERCP mit Entfernung der Choledochus-Prothese sowie klinische Verlaufskontrollen empfohlen.

Aufgrund eines Stentverschlusses sowie einer narbigen Hepaticusstenose musste sich der Patient ab Juni 2003 in den Universitätskliniken des S. behandeln lassen. Es erfolgte eine interventionelle Behandlung der Gallenwege (Drainage, Yamakawa-Prothese mit regelmäßigem Prothesenwechsel) bis einschließlich April 2004.

Der Patient wurde in der Folgezeit weiter in den Universitätskliniken, im Klinikum in Su., D. und in P. behandelt. Am 20. Januar 2007 verstarb der Patient. Er wurde zunächst von seiner Ehefrau, Ursula U. B., allein beerbt. Diese ist während des vorliegenden Verfahrens verstorben und wurde von der Klägerin mit beerbt.

Noch zu Lebzeiten des Patienten leitete dieser ein Verfahren vor der Gutachterkommission der Ärztekammer des S. ein. Der dort tätige Gutachter Prof. Dr. K. kam in seinem Gutachten vom 13. März 2003 zu dem Ergebnis, die therapeutischen Schritte des Beklagten zu 1. nach der Verfahrenskomplikation der Blutung seien zu kritisieren. Die hinter den Beklagten stehende Haftpflichtversicherung leistete am 26. September 2008 „zur Klaglosstellung“ eine Zahlung in Höhe von 15.000 Euro.

Die Klägerin hat behauptet, die sich im Rahmen der ersten Operation zeigende Komplikation hätte der Beklagte zu 1. durch abschließende intraoperative Cholangiographie erkennen und durch sofortige Korrektur beheben können. Hierdurch wäre dem Erblasser der Zweiteingriff erspart worden. Die schwierige intraoperative Situation hätte durch das sog. Pringle-Manöver (Stoppen der Blutung durch Kompressionsdruck) behoben werden können. Hiernach hätte die Blutungsquelle in Ruhe identifiziert, eine Verletzung des Hauptgallenganges und damit auch die weitere Operation vermieden werden können. Der Sachverständige habe zu Unrecht angenommen, das Pringle-Manöver sei nicht angezeigt gewesen. Damit sei die Umstechung, die der Beklagte zu 1. durchgeführt habe und die zur Verletzung des Gallengangs führte, fehlerhaft gewesen. Infolge des Behandlungsfehlers sei ihr Vater im weiteren Verlauf dauerhaft bettlägerig gewesen, habe intensiv gepflegt werden müssen und sei letztlich behandlungsfehlerbedingt verstorben.

Die Klägerin ist der Ansicht, es sei ein Schmerzensgeld in Höhe von 115.000 Euro gerechtfertigt. Zudem stünde ihr ein Anspruch auf Erstattung eines Haushaltsführungsschadens, von Unterhaltsschäden, Pflege- und Betreuungskosten, Fahrtkosten sowie Krankenbehandlungskosten zu, welchen sie mit dem Klageantrag Ziffer 1. geltend macht.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 332.610,09 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichtes gestellt wird, mindestens jedoch 115.000,00 Euro, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche künftigen immateriellen sowie alle weiteren vergangenen und alle künftigen materiellen Ansprüche, die in Folge der fehlerhaften Behandlung des Herrn W. B. ab dem 11.07.2002 entstanden sind bzw. noch entstehen werden, zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. übergehen werden.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten waren der Ansicht, die Klageforderung sei verjährt. Sie haben behauptet, auch aufgrund der Vorerkrankungen des Vaters der Klägerin sei sein postoperativer Zustand nicht auf das Unterlassen der Kontrolle des Gallenganges bei der Erstoperation zurückzuführen.

Das Landgericht Saarbrücken hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 3. November 2011 (Bl. 173 d. A.) und durch Anhörung des Sachverständigen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. B. vom 12. April 2012 (Bl. 192 ff. d. A.) und das Sitzungsprotokoll vom 15. Januar 2013 (Bl. 263 ff. d. A.) Bezug genommen.

Mit am 14. Februar 2013 verkündetem Urteil (Bl. 296 ff. d. A.), auf dessen tatsächliche und rechtliche Feststellungen gemäß § ZPO § 540 Abs. ZPO § 540 Absatz 1 Satz 1 Nr. ZPO § 540 Nummer 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht Saarbrücken die Klage abgewiesen.

Gegen dieses ihr am 18. Februar 2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit am 15. März 2013 bei Gericht eingereichtem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 18. April 2013 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und ist der Ansicht, die Einholung eines weiteren Gutachtens sei geboten gewesen. Die Feststellung des Sachverständigen, das Pringle-Manöver sei veraltet, sei nachweislich falsch. Diese Methode hätte angewandt werden können und müssen. Dem Erblasser wäre somit die Verletzung des Gallenganges durch die Umstechung erspart geblieben, wie auch die weiteren Operationen und Komplikationen.

Entgegen der Ansicht des Gerichtssachverständigen habe Herr W. B. nicht an einer Leberzirrhose gelitten. Dies folge aus den Behandlungsunterlagen des ehemaligen Hausarztes, Herr Dr. B., sowie den Laborwerten aus dem Zeitraum 21. Februar 2000 bis 3. Dezember 2001.

Das Landgericht Saarbrücken habe es unterlassen, sich mit dem Schlichtungsgutachten und dem Schlichtungsbescheid auseinander zu setzen. Zudem seien die Widersprüche zwischen den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen und dem Klägervortrag nicht aufgeklärt worden.

Bei der unterlassenen Röntgenkontrastmitteldarstellung des Gallenganges handele es sich nicht um eine therapeutische Maßnahme, sondern um die Kontrolle einer bereits durchgeführten therapeutischen Maßnahme und somit um die Unterlassung einer Kontrollbefunderhebung. Es liege ein grober Befunderhebungsfehler vor. Selbst wenn man nur einen einfachen Befunderhebungsfehler annehme, folge hieraus eine Beweislastumkehr. Auch nach April 2004 habe sich der Erblasser wiederkehrend zur Stent-Behandlung begeben müssen. Dessen hätte es ohne die Gallenwegsverletzungen und die verzögerte Re-Operation nicht bedurft. Eine Beweislastumkehr scheide auch nicht deshalb aus, weil der Erblasser nach der Entlassung bei der Beklagten panische Angst vor einer erneuten Krankenhauseinweisung hatte. Er habe dadurch nicht zur Unaufklärbarkeit des Krankheitsverlaufs beigetragen.

Das Landgericht Saarbrücken habe das rechtliche Gehör der Klägerin verletzt, da die Beiziehung der Behandlungsunterlagen des vorbehandelnden Hausarztes, Herrn Dr. B., unterlassen worden sei und der Klägerin verwehrt wurde, in schriftlicher Form zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen. Der gerichtlich bestellte Sachverständige hätte auch die Laborberichte des Hausarztes prüfen müssen. Weder aus dem Entlassungsbericht, noch aus den Unterlagen des nachstationär behandelnden Hausarztes ergebe sich eine Lebererkrankung.

Durch die Zahlung der 15.000 Euro sei die Haftung dem Grunde nach anerkannt worden. Diesem Anerkenntnis stehe die Feststellung des Gerichtssachverständigen, die Durchführung der Operation sei fehlerfrei gewesen, entgegen.

Das Landgericht habe die Beweisaufnahme fehlerhaft nicht in Kammerbesetzung, sondern durch einen Einzelrichter durchgeführt. Zudem werde die Vorgehensweise bei der Feststellung, ob der Behandlungsfehler einfach oder grob war, gerügt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Saarbrücken, verkündet am 14.02.2013, Az. Aktenzeichen 16 O 20/11, aufzuheben und nach den Schlussanträgen der Klägerin in erster Instanz zu entscheiden,

hilfsweise,

die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Saarbrücken zurückzuverweisen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil und sind der Ansicht, die klägerseits angeführten Literaturstellen zu Veröffentlichungen des Sachverständigen beträfen eine Leberresektion, während es sich vorliegend um eine Blutung aus der Leberarterie gehandelt habe. Da der Sachverständige ausgeführt habe, dass auch bei Anwendung des Pringle-Manövers nicht mit hinreichender Sicherheit zu beurteilen sei, dass eine gezieltere selektive Blutstillung ohne Tangierung der Gallengänge möglich gewesen wäre, sei der Kausalitätsnachweis nicht geführt.

Die unterlassene postoperative Kontrolle des Stents sei eine für den Krankheitsverlauf eigenständige Ursache.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 18. Juni 2014 durch erneute Anhörung des Sachverständigen Prof. Dr. B. (Bl. 521 f. d. A.). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 14. Januar 2015 (Bl. 540 ff. d. A.) Bezug genommen.

Hinsichtlich des Sachverhalts und des Parteivortrags im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften des Landgerichts Saarbrücken vom 1. September 2011 (Bl. 118 f. d. A.), 15. Januar 2013 (Bl. 263 ff. d. A.), des Senats vom 30. April 2014 (Bl. 467 ff. d. A.) und vom 14. Januar 2015 (Bl. 540 ff. d. A.) sowie das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 14. Februar 2013 (Bl. 296 ff. d. A.) Bezug genommen.

Die Entscheidung:

II. Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Die Tatsachen, die der Senat gemäß den §§ ZPO § 529, ZPO § 531 ZPO seiner Beurteilung zugrunde zu legen hat, rechtfertigen keine der Klägerin rechtlich vorteilhaftere Entscheidung, § ZPO § 513 ZPO.

Das Landgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass ein über den gezahlten Betrag hinausgehender Schmerzensgeldanspruch aus positiver Vertragsverletzung, §§ BGB § 611, BGB § 280 Abs. BGB § 280 Absatz 1, BGB § 280 Absatz 249 Abs. BGB § 280 Absatz 2, BGB § 280 Absatz 253 Abs. BGB § 280 Absatz 2 BGB bzw. aus §§ BGB § 823 Abs. BGB § 823 Absatz 1, BGB § 823 Absatz 253 Abs. BGB § 823 Absatz 2 BGB nicht besteht. Die geltendgemachten materiellen Schadenspositionen stehen in keinem Kausalzusammenhang zum festgestellten Behandlungsfehler. Ebenso scheidet ein Anspruch auf Feststellung der künftigen Schadensersatzverpflichtung aus, wobei offen bleiben kann, ob die Klägerin als Miterbin und Gesamthandsgläubigerin Zahlung an sich verlangen könnte (vgl. hierzu Palandt-Grüneberg, BGB, 74. Aufl., Rn. 4 f zu § 432).

Da die Anforderungen an die Tätigkeit des Arztes vorliegend gleich bleiben und im Ergebnis eine andere Beurteilung ausscheidet, kann die Frage, ob auch auf den vorliegenden Fall bereits die §§ BGB § 630a ff. BGB anwendbar sind, dahinstehen (vgl. hierzu Mäsch, JuS 2013, S. JUS Jahr 2013 Seite 1130f.).

Der die Revisionsoperation durchführende Beklagte zu 3. haftet mangels Behandlungsfehler nicht (2.). Dem Beklagten zu 1. als die Erstoperation durchführender Arzt, und der Beklagten zu 2., die für dessen Sorgfaltspflichtverletzung gemäß § BGB § 278 BGB und - da es sich zugleich um einen Verrichtungsgehilfen der Beklagten zu 2. handelt (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 1988 - BGH Aktenzeichen VIZR24686 VI ZR 246/86 -, NJW 1988, S. NJW Jahr 1988 Seite 2298, NJW Jahr 1988 2300) - nach § BGB § 831 BGB einzustehen hat, ist ein Befunderhebungsfehler bezüglich der unterlassenen Röntgenkontrastmitteldarstellung im Zuge der ersten Operation am 11. Juli 2002 vorzuwerfen. Auch bei Annahme einer hieran anknüpfenden Beweislastumkehr haften die Beklagten jedoch nicht für sämtliche Folgeschäden. Lediglich die hieraus und die aus der Revisionsoperation am 18. Juli 2002 resultierenden Gesundheitsbeeinträchtigungen sind ihr zuzurechnen (3.).

1. Die vertragliche Haftung des Arztes für Behandlungsfehler, die an die Verletzung von Verhaltenspflichten anknüpft, gilt in gleicher Weise und mit demselben Inhalt hinsichtlich der Pflichten, deren Verletzung zu einer deliktischen Haftung führt, so dass die vertraglichen und deliktischen Verhaltenspflichten übereinstimmen (BGH, Urteil vom 24. Juni 1986 - BGH Aktenzeichen VIZR2185 VI ZR 21/85 -, NJW 1987, S. NJW Jahr 1987 Seite 705, NJW Jahr 1987 706). Die die Beklagten aus dem Behandlungsvertrag treffenden Sorgfaltsanforderungen und die ihnen aufgrund ihrer Garantenstellung für die übernommene Behandlungsaufgabe obliegenden Sorgfaltspflichten sind dementsprechend identisch. Sie richteten sich auf eine den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechende Versorgung des Patienten mit dem Ziel der Wiederherstellung seiner körperlichen und gesundheitlichen Integrität (vgl. BGH, Urteil vom 20. September 1988 - BGH Aktenzeichen VIZR3788 VI ZR 37/88 -, NJW 1989, S. NJW Jahr 1989 Seite 767, NJW Jahr 1989 768).

Der Arzt muss diejenigen Maßnahmen ergreifen, die von einem gewissenhaften und aufmerksamen Arzt aus berufsfachlicher Sicht seines Fachbereichs vorausgesetzt und erwartet werden (vgl. BGH, Urteil vom 16. März 1999 - BGH Aktenzeichen VIZR3498 VI ZR 34/98 -, NJW 1999, S. NJW Jahr 1999 Seite 1778, NJW Jahr 1999 1779). Ob ein Arzt einen Behandlungsfehler begangen hat, beantwortet sich somit danach, ob der Arzt unter Einsatz der von ihm zu fordernden medizinischen Kenntnisse und Erfahrungen im konkreten Fall vertretbare Entscheidungen über die diagnostischen sowie therapeutischen Maßnahmen getroffen und diese Maßnahmen sorgfältig durchgeführt hat (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 1987 - BGH Aktenzeichen VIZR8886 VI ZR 88/86 -, NJW 1987, S. NJW Jahr 1987 Seite 2291, NJW Jahr 1987 2292).

2. Hiernach haftet der Beklagte zu 3., der die Revisionsoperation durchgeführt hat, nicht.

Nach den Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen Prof. Dr. B. wurden bei der Reoperation alle diagnostischen und rekonstruktiven Maßnahmen ergriffen, die eine erfolgreiche Ausheilung der Gallenwege ermöglicht hätten und erwarten ließen (Bl. 213 d. A.). Die Nachoperation ist völlig korrekt durchgeführt worden (Bl. 217 d. A.).

Die erstmals im Privatgutachten des Prof. R. behaupteten Fehler bei der Reoperation vermögen die Feststellungen des Gerichtssachverständigen nicht in Frage zu stellen. Dieser hat im Rahmen der Anhörung vor dem Senat überzeugend darauf hingewiesen, dass sich die Kritik des Privatgutachters, einengende Nähte am Hauptgallengang seien zu vermeiden, auf den Ersteingriff beziehe (Bl. 546 d. A.). Das Vorgehen des Beklagten zu 3. sei lege artis gewesen (Bl. 547, 557 d. A.). Auch hält der Gerichtssachverständige die seitens des Privatgutachters als vorzugswürdig angesehene Anlage einer biliodigestiven Anastomose nicht für angezeigt. Er konnte dies auch überzeugend damit begründen, dass es an entsprechenden Erkenntnissen aus Langzeitstudien fehle. Warum die biliodigestive Anastomose nach der Behauptung des Privatgutachters „komplikationsärmer“ (Bl. 448 d. A.) als andere Rekonstruktionsverfahren am Hauptgallengang sein soll, hat dieser im Übrigen auch nicht näher dargelegt.

Dem Beklagten zu 3. kann auch nicht vorgeworfen werden, die Re-Operation sei verspätet durchgeführt worden. Soweit der für die Gutachterkommission tätige Sachverständige Prof. Dr. K. von einem Anstieg der Cholestaseparameter spricht (Seite 5 des Gutachtens), was ein früheres Vorgehen bedingt hätte, konnte der Gerichtssachverständige diese Annahme nachvollziehbar widerlegen. So ist der Bilirubinwert zwar vom 11. Juli auf den 14. Juli von 2,2 auf 4,5 angestiegen, hiernach jedoch wieder auf 2,5 gefallen (Bl. 194 d. A.). Der Gamma-GT-Wert, welcher ebenfalls ein Indikator für einen Gallenstau ist, ist zutreffend von 299/133 am OP-Tag auf 62 am 14. Juli gefallen und gerade nicht angestiegen. Bezüglich der alkalischen Phosphatase ist ebenfalls ein Abfall von 177/56 auf 134 festzustellen. Eine nähere Auseinandersetzung mit den einzelnen Laborwerten fehlt in den Ausführungen von Prof. Dr. K., so dass den konkret begründeten Feststellungen des Gerichtssachverständigen, der diese anhand der konkreten Laborwerte einzeln begründen konnte, der Vorzug zu geben ist. Er hat abschließend ausgeführt, es habe auch keinen anderen Grund gegeben, die Re-Operation früher durchzuführen.

3. Eine weitergehende Haftung der Beklagten zu 1. und 2., die über die gezahlten 15.000 Euro Schmerzensgeld hinausgeht, besteht nicht.

a. Dem Beklagten zu 1. ist vorzuwerfen, dass er es im Rahmen der Erstoperation unterlassen hat, den Durchfluss des Gallenganges mittels einer Röntgenkontrastmitteluntersuchung zu überprüfen. Weitere Behandlungs- bzw. Befunderhebungsfehler liegen nicht vor.

Das nicht durchgeführte Pringle-Manöver stellt hingegen keinen Behandlungsfehler dar.

Der Gerichtssachverständige hat dies aus zwei Gründen als nicht angezeigt angesehen: Zum einen sei es „veraltet“ (Gutachten, Bl. 216 d. A. - „kein Standard mehr“; Anhörung Bl. 266 d. A.), zum anderen aufgrund der beim Erblasser vorliegenden Leberzirrhose. Die Einwände der Klägerin hiergegen vermögen die Überzeugungskraft der diesbezüglichen Feststellungen nicht zu erschüttern.

Unabhängig von der Frage, ob das Pringle-Manöver im Operationszeitpunkt tatsächlich „veraltet“ und angesichts der üblichen Zeitdauer für das Anbringen der Nähte von „wenigen Minuten“ (Bl. 556 d. A.) an sich möglich war, stellte es vorliegend keine wirkliche Alternative dar. Der Gerichtssachverständige hat im Rahmen der Anhörung vor dem Senat nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass es in Fällen wie dem vorliegenden nicht indiziert und die Umstechung keinesfalls risikoreicher sei. Der Sachverständige hat allerdings relativierend klargestellt, dass das Pringle-Manöver in geeigneten Fällen auch heute noch angewandt werde. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist dies keine Widersprüchlichkeit zu früheren Aussagen und lässt im Übrigen keine Zweifel an der Sachkunde des Gerichtssachverständigen aufkommen, der zu diesem Thema einschlägig publiziert hat (Ziffer 18 der Literaturliste, Bl. 223 d. A.). Er hat in seiner Anhörung vor dem Senat lediglich seine frühere Aussage konkretisiert und klargestellt, dass sich die Feststellung, das Pringle-Manöver sei „veraltet“, darauf bezog, dass die Umstechung die Methode der Wahl sei. Aufgrund der im Falle des Pringle-Manövers herbeigeführten Komplettunterbrechung der Blutzufuhr des Organs ist dies nachvollziehbar.

Zusätzlich zu der fehlenden generellen Vorzugswürdigkeit des Pringle-Manövers hat Prof. Dr. B. ebenso überzeugend dargestellt, warum dieses im konkreten Einzelfall nicht indiziert gewesen sei.

In Fällen einer Leberzirrhose und bei schweren chronischen Lebererkrankungen, welche noch nicht das Endstadium der Zirrhose erreicht haben, sei das Pringle-Manöver kontraindiziert (Bl. 543 d. A.). Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass es keinen histologischen Befund für eine Leberzirrhose gibt. Dies bestätigt auch der Gerichtssachverständige (Bl. 544 d. A.). Jedoch ergebe sich aus dem Ultraschallbericht vom 13. November 2001, wo von einem verdichteten Muster der Leber die Rede sei, ein deutlicher Hinweis auf eine solche Erkrankung. Unabhängig hiervon gibt es nach den Feststellungen des Sachverständigen weitere Belege für eine schwere chronische Lebererkrankung in Form der Laborbefunde, des CT-Befundes und des OP-Berichtes. Der Umstand, dass im OP-Bericht vom 18. Juli 2002 eine höckerige Leberoberfläche in Abweichung zu der Dokumentation vom 11. Juli 2002 nicht mehr vermerkt ist, lässt an der Richtigkeit der ersten Dokumentation keine Zweifel aufkommen. Der Beklagte zu 3. hat nachvollziehbar ausgeführt, er habe keine Veranlassung gesehen, diesen Befund erneut zu dokumentieren (Bl. 545 d. A.). Dies ist nicht zu beanstanden, da maßgebend für eine Dokumentationspflicht das Bestehen einer medizinischen Notwendigkeit hierfür ist (vgl. Rehborn, GesR 2013, S. 257, 266). Eine Dokumentation, die medizinisch nicht erforderlich ist, ist auch nicht aus Rechtsgründen geboten, so dass aus dem Unterbleiben derartiger Aufzeichnungen keine beweisrechtlichen Folgerungen gezogen werden können (BGH v.23.03.1993 - BGH Aktenzeichen VIZR2692 VI ZR 26/92 - juris Rn. 9 - NJW 1993, NJW Jahr 1993 Seite 2375-NJW Jahr 1993 2378; Martis/Winkhart, Arzthaftungsrecht, 4. Aufl. 2014, Rn. P 73). Im Zuge der Re-Operation sollte der verschlossene Gallengang geöffnet werden. Der genaue Zustand der Leber spielte hierbei keine entscheidende Rolle und war daher auch nicht erneut zu dokumentieren. Überdies fehlt es an Anzeichen dafür, dass die Dokumentation vom 11. Juli 2002 falsch sein könnte, so dass vom gleichen dort beschriebenen Zustand auch wenige Tage später auszugehen ist.

Bei einer derart vorgeschädigten Leber hält der Gerichtssachverständige das Pringle-Manöver, welches mit einer Komplettunterbrechung der Blutzufuhr einhergeht, überzeugend für kontraindiziert.

b. Bei der unterlassenen Röntgenkontrolluntersuchung während der Operation am 11. Juli 2002 handelt es sich, entgegen der Ansicht des Landgerichts Saarbrücken, um einen Befunderhebungsfehler und nicht um einen solchen im „therapeutischen Bereich“.

Ein Befunderhebungsfehler ist gegeben, wenn die Erhebung medizinisch gebotener Befunde unterlassen wird (BGHZ 188, BGHZ Band 188 Seite 29, BGHZ Band 188 35). Auch die Kontrollbefundung fällt hierunter. Eine solche wurde hier unterlassen. Der Beklagte zu 1. hat keine Kontrastmittel-Röntgendarstellung durchgeführt, in deren Folge hätte festgestellt werden können, ob der Gallengang verletzt ist und die zur Beseitigung erforderlichen Maßnahmen eingeleitet werden können. Damit liegt der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit aber in dem eine Krankheit abklärenden Bereich und nicht im Bereich der eigentlichen operativen Behandlung (vgl. OLG Oldenburg, Urteil vom 30. Januar 2008 - OLGOLDENBURG Aktenzeichen 5U9206 5 U 92/06 -, juris, Absatz-Nr. 32, zu einer intraoperativ unterlassenen Dichtigkeitsprüfung).

c. Dieser Befunderhebungsfehler ist vorliegend zwar kein grober (1.), führt jedoch dennoch grundsätzlich zu einer Beweislastumkehr (2.).

(1.) Es liegt kein grober Befunderhebungsfehler vor.

Ein Befunderhebungsfehler ist dann als ein grober Behandlungsfehler zu werten, wenn elementar gebotene Befunde nicht erhoben wurden (vgl. Ramm, GesR 2011, S. 513). Das hat der Sachverständige Prof. Dr. B. nachvollziehbar verneint. Er begründete dies einleuchtend mit den Besonderheiten des vorliegenden Falles, wonach es sich um eine ungeplante lebenswichtige Operation gehandelt habe. Es sei darum gegangen, das „Leben des Patienten zu retten“ (Bl. 265 d. A.) und die Operation erfolgreich zu Ende zu bringen. Im Rahmen der Anhörung vor dem Senat hat er dies bekräftigt und ergänzend darauf hingewiesen, es habe sich um einen „Notfalleingriff“ bei einem schwer kranken Patienten gehandelt (Bl. 550 d. A.). Da die Wahrscheinlichkeit der Verletzung des Gallenganges im Zuge des Anbringens der Nähte lediglich im „mittleren“ Bereich liegt (Bl. 552 d. A.), musste der Operateur daher zwar damit rechnen, den Gallengang verletzt zu haben, jedoch nicht überwiegend davon ausgehen, so dass die Feststellung des Sachverständigen, er halte das Vorgehen des Beklagten zu 1. für lediglich fahrlässig, überzeugend ist.

In diesem Zusammenhang ist auch die klägerseits beanstandete Fragestellung des Landgerichts an den Sachverständigen fehlerfrei. Dieser hat zunächst Ausführungen zur Frage des einfachen bzw. schweren Behandlungsfehlers gemacht (Bl. 264 d. A.) und, nachdem ihm die juristischen Maßstäbe dargelegt wurden (Bl. 265 d. A.), erneut Stellung genommen.

Auch wenn die Beurteilung eines Behandlungsfehlers als grob eine juristische, dem Tatrichter obliegende Beurteilung ist, muss diese doch in vollem Umfang durch die vom ärztlichen Sachverständigen mitgeteilten Fakten getragen werden und sich auf die medizinische Bewertung des Behandlungsgeschehens durch den Sachverständigen stützen können; es ist dem Tatrichter nicht gestattet, ohne entsprechende Darlegungen oder gar entgegen den medizinischen Ausführungen des Sachverständigen einen groben Behandlungsfehler aus eigener Wertung zu bejahen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 2002 - BGH Aktenzeichen VIZR4201 VI ZR 42/01 -, NJW 2002, S. NJW Jahr 2002 Seite 2944, NJW Jahr 2002 2945). Dass dabei ein Sachverständiger gezielt nach der Einstufung eines Fehlers als „grob“ gefragt wird, ist nicht zu beanstanden (vgl. BGH, a.a.O, wo ein entsprechendes instanzgerichtliches Vorgehen nicht beanstandet wurde).

(2.) Jedoch kann auch bei einem einfachen Befunderhebungsfehler eine Beweislastumkehr eingreifen.

Erforderlich hierfür ist, dass sich bei der gebotenen Abklärung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein reaktionspflichtiges positives Ergebnis gezeigt hätte und sich die Verkennung dieses Befundes als fundamental oder die Nichtreaktion hierauf als grob fehlerhaft darstellen würde und diese Fehler generell geeignet sind, den tatsächlich eingetretenen Gesundheitsschaden herbeizuführen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juni 2011 - BGH Aktenzeichen VIZR8710 VI ZR 87/10 -, NJW 2011, S. NJW Jahr 2011 Seite 2508; BGH, Urteil vom 13. September 2011 - BGH Aktenzeichen VIZR14410 VI ZR 144/10 -, juris, Absatz-Nr. 8 m. w. N.).

Es ist dabei nicht erforderlich, dass der grobe Behandlungsfehler die einzige Ursache des Schadens ist. Eine Umkehr der Beweislast ist nur dann ausgeschlossen, wenn jeglicher haftungsbegründende Ursachenzusammenhang äußerst unwahrscheinlich ist. In einem derartigen Fall führt bereits das - nicht grob fehlerhafte - Unterlassen der gebotenen Befunderhebung wie ein grober Behandlungsfehler zu erheblichen Aufklärungsschwierigkeiten hinsichtlich des Kausalverlaufs. Es verhindert die Entdeckung des wahrscheinlich gravierenden Befunds und eine entsprechende Reaktion darauf mit der Folge, dass hierdurch das Spektrum der für die Schädigung des Patienten in Betracht kommenden Ursachen besonders verbreitert oder verschoben wird. Hingegen ist nicht Voraussetzung für die Beweislastumkehr zugunsten des Patienten, dass die Verkennung des Befunds und das Unterlassen der gebotenen Therapie völlig unverständlich sind (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juni 2011 - BGH Aktenzeichen VIZR8710 VI ZR 87/10 -, NJW 2011, S. NJW Jahr 2011 Seite 2508 f.).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Der Sachverständige Prof. Dr. B. hat im Rahmen seiner landgerichtlichen Anhörung ausgeführt, dass man im Rahmen einer Röntgenkontrolle festgestellter Undurchlässigkeit der Gallenwege die Nähte hätte wieder aufmachen müssen, somit ein reaktionspflichtiger Befund eingetreten wäre. Die Nichtreaktion hierauf wäre auch grob fehlerhaft gewesen, da der Sachverständige ausgeführt hat (Bl. 265 d. A.), dass man auf den vorgenannten Befund hätte „unbedingt reagieren“ müssen, da ein verschlossener Gallengang beim Menschen zur „Katastrophe“ führe. Eine Mitverursachung des Fehlers im Zuge der Erstoperation für die Gesundheitsbeeinträchtigungen des Erblassers sei gegeben (Bl. 549 d. A.).

d. Obgleich somit die Voraussetzungen einer Beweislastumkehr grundsätzlich gegeben sind, kann sich die Klägerin wegen der Mehrzahl der in der Folge eingetretenen Gesundheitsschäden hierauf nicht mit Erfolg berufen.

(1.) Entgegen der Ansicht des Landgerichts Saarbrücken kann die Kausalität jedoch nicht deshalb in Frage gestellt werden, da unklar sei, was passiert wäre, wenn man intraoperativ den fehlenden Abfluss erkannt hätte. Die Nähte hätten dann geöffnet werden müssen, so dass ggf. eine erneute Blutung aufgetreten wäre. Dies stellt eine haftungsausfüllende Kausalität nicht in Frage, sondern betrifft einen hypothetischen Kausalverlauf bei rechtmäßigem Alternativverhalten, für den jedoch die Beklagten beweispflichtig sind.

Steht fest, dass ein Arzt dem Patienten durch fehlerhaftes und rechtswidriges Handeln einen Schaden zugefügt hat, muss der Arzt beweisen, dass der Patient den gleichen Schaden auch bei rechtmäßigem und fehlerfreiem ärztlichem Handeln erlitten hätte (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 2012 - BGH Aktenzeichen VIZR15711 VI ZR 157/11 -, NJW 2012, S. NJW Jahr 2012 Seite 2024, NJW Jahr 2012 2025). Der Arzt kann sich also nicht damit verteidigen, dass der Schaden bei pflichtgemäßem Verhalten möglicherweise gleichfalls entstanden wäre (vgl. Olzen/Kaya, GesR 2013, S. 1, 6). Da es nach den Feststellungen des Landgerichts Saarbrücken unklar ist, ob es beim Öffnen der Nähte im Zuge der ersten Operation zu erneuten Blutungen gekommen wäre, ist dieser den Beklagten obliegende Nachweis nicht geführt.

(2.) Die Kausalitätsvermutung entfällt aber, wenn der Patient durch sein Verhalten eine selbstständige Komponente für den Heilungserfolg vereitelt und dadurch in gleicher Weise wie der grobe Fehler dazu beigetragen hat, dass der Verlauf des Behandlungsgeschehens nicht mehr aufgeklärt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 2004 - BGH Aktenzeichen VIZR32803 VI ZR 328/03 -, NJW 2005, S. NJW Jahr 2005 Seite 427, NJW Jahr 2005 428; Olzen/Kaya, GesR 2013, S. 1, 4). Diese Grundsätze gelten nicht nur bei einer Beweislastumkehr infolge eines groben Behandlungsfehlers, sondern auch bei einer solchen infolge eines - einfachen oder groben - Befunderhebungsfehlers (vgl. BGH, Urteil vom 27. April 2004 - BGH Aktenzeichen VIZR3403 VI ZR 34/03 -, NJW 2004, S. NJW Jahr 2004 Seite 2011, NJW Jahr 2004 2013). Diese durch die Beklagten zu beweisende Ausnahme (vgl. zur Beweislast BGH, a. a. O.), liegt vor.

Beweiserleichterungen bei einem groben Behandlungsfehler sind keine Sanktion für besonders schweres Arztverschulden, sondern knüpfen daran an, dass wegen des Gewichts des Behandlungsfehlers die Aufklärung des Behandlungsgeschehens in besonderer Weise erschwert worden ist (BGH, Urteil vom 24. September 1996 - BGH Aktenzeichen VIZR30395 VI ZR 303/95 -, VersR 1996, S. VERSR Jahr 1996 Seite 1535, VERSR Jahr 1996 1536). Hieraus erklärt sich die Rückausnahme. Wenn der Patient durch sein Verhalten ebenfalls zur Unaufklärbarkeit hinsichtlich der Kausalität des ärztlichen Fehlverhaltens für Schäden beigetragen hat und dies mit dem ärztlichen Fehlverhalten in der Schwere vergleichbar ist, besteht kein Grund dem Patienten eine Beweislastumkehr zuzugestehen.

(3.) Dies ist vorliegend der Fall.

Der Patient Herr W. B. hat durch das Nichtwahrnehmen von Kontrollterminen den Heilungsverlauf erheblich gefährdet (vgl. hierzu KG, Urteil vom 30. April 1990 - KG Aktenzeichen 20U183389 20 U 1833/89 -, VersR 1991, S. VERSR Jahr 1991 Seite 928; ähnlich OLG Braunschweig, Urteil vom 10. April 1997 - OLGBRAUNSCHWEIG Aktenzeichen 1U2196 1 U 21/96 -, VersR 1998, S. VERSR Jahr 1998 Seite 459, VERSR Jahr 1998 461). Der gerichtlich bestellte Sachverständige weist zutreffend darauf hin, dass nach der Entlassung aus der Behandlung bei der Beklagten zu 2. im August 2002 bis zum Juni 2003 keine qualifizierte Behandlung erfolgte. Aus der Begutachtung zur Pflegegruppeneinstufung vom Mai 2003 ergebe sich, dass vor ca. acht Wochen eine erneute Verschlechterung eingetreten sei, welche in der Praxis des Hausarztes behandelt worden sei, „weil er nicht mehr ins Krankenhaus wollte“ (Bl. 209 d. A.). Der Sachverständige hat auch nachvollziehbar ausgeführt, dass eine erforderliche qualifizierte Nachbehandlung „keinesfalls beim Hausarzt“ (Bl. 268 d. A.), sondern in Kliniken, allenfalls bei speziellen Gastroenterologen durchzuführen sei.

Beim Patienten lag auch das erforderliche Verständnis für die Notwendigkeit einer qualifizierten medizinischen Nachversorgung vor. Einem Patienten kann die Nichtbefolgung ärztlicher Anweisungen oder Empfehlungen mit Rücksicht auf den Wissens- und Informationsvorsprung des Arztes gegenüber dem medizinischen Laien nur dann als Obliegenheitsverletzung oder Mitverschulden angelastet werden, wenn er diese Anweisungen oder Empfehlungen auch verstanden hat (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 2009 - BGH Aktenzeichen VIZR15708 VI ZR 157/08 -, juris, Absatz-Nr. 14).

Dies ist hier der Fall. Wenn auch die „Angst“ des Patienten vor einem erneuten Krankenhausbesuch aufgrund der gemachten Erfahrungen bei den streitgegenständlichen Operationen in tatsächlicher Hinsicht nachvollziehbar erscheint, schließt dies jedoch ein eigenes schuldhaftes Verhalten in der postoperativen Phase nicht aus. Aus der Erklärung der Klägerin im Termin vor dem Landgericht ergibt sich eindeutig, dass dem Patienten die Notwendigkeit von Kontrolluntersuchungen vor Augen geführt wurde. Sowohl der Hausarzt, als auch die Klägerin habe auf den Patienten eingewirkt, dass dieser sich in das Krankenhaus begeben solle, um den gesetzten Stent nachbetreuen zu lassen (Bl. 268 d. A.). Somit wusste er, unabhängig davon, ob ihm dies auch im Zuge der Entlassung aus der Behandlung bei der Beklagten zu 2. verdeutlicht wurde, um die zwingende Erforderlichkeit einer fachkundigen Nachbehandlung und konnte die Folgen fehlender Folgebehandlungen durch hierauf spezialisierte Krankenhausärzte abschätzen. Damit hat er den ärztlichen Behandlungsbemühungen zuwider gehandelt und dies auch erkannt.

Die Weigerungshaltung des Patienten gegenüber dringend gebotenen Kontrolluntersuchungen hat ebenso wie das ärztliche Fehlverhalten in Form der unterlassenen intraoperativen Kontrollbefundung zur Unaufklärbarkeit der Ursächlichkeit beigetragen. Der Sachverständige Prof. Dr. B. führt in seinem Gutachten aus, dass hierdurch der Behandlungsverlauf um mindestens ein Jahr verzögert worden und nicht mehr als behandlungsfehlerhaft einzuschätzen sei (Bl. 213 d. A.). So war im Juni 2003 eine transduodenale endoskopische Neuplatzierung der Stents nicht mehr möglich, so dass eine perkutane transhepatische Gallenwegsdrainage gelegt werden musste (Gutachten Prof. Dr. B., Bl. 218 d. A.). Aufgrund der Nichtwahrnehmung von Nachbehandlungsterminen durch den Patienten war somit eine andere Art der Behandlung erforderlich. Der gerichtliche Sachverständige spricht von „unnötige(n) interkurrente(n) Gallengangsentzündungen“ (Bl. 218 d. A.). Durch sein Untätigbleiben hat der Patient somit weitere Komplikationen und Erkrankungen hervorgerufen. Die unterlassenen Nachkontrollen haben nach der Feststellung des Sachverständigen aufgrund der durch den eingetretenen Komplettverschluss des Stents hervorgerufenen Sepsis einen „ganz wesentlichen Anteil“ an den Folgebeeinträchtigungen. Im Rahmen seiner mündlichen Anhörung vor dem Landgericht Saarbrücken führte der Sachverständige aus, man könne durchaus sagen, „dass für diesen Krankheitsverlauf eine eigenständige Ursache gesetzt worden“ sei (Bl. 268 d. A.). Dies bestätigte er in seiner Anhörung vor dem Senat (Bl. 552 d. A.). Aufgrund fehlender Kontrolluntersuchung sei es zu einer Komplettverstopfung des eingesetzten Röhrchens gekommen, was erhebliche Folgekomplikationen mit sich gebracht habe.

Auch ist zu berücksichtigen, dass es sich bei Herrn W. B. um einen multimorbiden Patienten gehandelt hat, was der Gerichtssachverständige anhand der schon vor dem Ersteingriff vorhandenen Erkrankungen nachvollziehbar darlegte, worauf allein mindestens 50% der später eingetretenen Gesundheitsbeeinträchtigungen beruhten (Bl. 553 d. A.).

Der Sachverständige hat in der Anhörung vor dem Senat die Ursachenbeiträge für den späteren Gesundheitszustand des Patienten in Form des ärztlichen Fehlverhaltens einerseits und der unterlassenen Nachkontrollen andererseits gleich hoch bewertet (Bl. 554 d. A.). Hinsichtlich der späteren Narbenbildung hat er den Ursachenbeitrag der fehlenden Nachkontrollen sogar mit 60% angenommen (Bl. 558 d. A.). Damit hat aber der Patient in gleicher Weise wie der Arzt zur Unaufklärbarkeit des Ursachenzusammenhangs beigetragen. Die seitens des Patienten gesetzte eigenständige Ursache für den späteren Krankheitsverlauf in Form unterlassener Kontrolluntersuchungen wiegt somit das ärztliche Fehlverhalten als Grund für die Unaufklärbarkeit des Sachverhaltes auf. Dadurch dass Herr W. B. in einem Zeitraum von zehn Monaten nach der Entlassung bei der Beklagten keine qualifizierte und medizinisch indizierte Nachbehandlung hat vornehmen lassen, hat er das Spektrum der für seine Schädigung in Betracht kommenden Ursachen besonders verbreitert bzw. verschoben Damit besteht kein Grund, dem Patienten eine Beweislastumkehr zuzubilligen, so dass den Beklagten zu 1. und 2. nur die aus der unterbliebenen Kontrolluntersuchung resultierenden Gesundheitsschäden und die Revisionsoperation am 18. Juli 2002 und die damit verbundenen Beschwerden als adäquat kausale Schadensfolge zugerechnet werden kann. Der gezahlte Betrag von 15.000 Euro deckt das insoweit gerechtfertigte Schmerzensgeld ab. Unter Beachtung von Art und Ausmaß der Schädigung sowie der Vorwerfbarkeit und der vom Sachverständigen in der Anhörung durch den Senat beschriebenen (Bl. 554, 555 d. A.) Folgebeeinträchtigungen erscheint der gezahlte Betrag angemessen. Einen Anspruch auf Ersatz materiellen Schadens hat die Klägerin - wie noch aufgezeigt wird - nicht.

e. Unabhängig von Vorstehendem würde sich die Beweislastumkehr vorliegend auch nicht auf alle von der Klägerin als kausal auf den Fehler zurückgeführten Folgeschäden erstrecken.

(1.) Grundsätzlich hat der Patient den Ursachenzusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem geltend gemachten Gesundheitsschaden nachzuweisen. Dabei ist zwischen der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität zu unterscheiden. Erstere betrifft die Ursächlichkeit des Behandlungsfehlers für die Rechtsgutverletzung als solche, also für den Primärschaden des Patienten im Sinne einer Belastung seiner gesundheitlichen Befindlichkeit. Insoweit gilt das strenge Beweismaß des § ZPO § 286 ZPO, das einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit verlangt. Die Feststellung der haftungsausfüllenden Kausalität und damit der Ursächlichkeit des Behandlungsfehlers für alle weiteren (Folge-)Schäden einschließlich der Frage einer fehlerbedingten Verschlimmerung von Vorschäden richtet sich hingegen nach § ZPO § 287 ZPO; hier kann zur Überzeugungsbildung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit genügen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2008 - BGH Aktenzeichen VIZR22106 VI ZR 221/06 - NJW 2008, S. NJW Jahr 2008 Seite 1381, NJW Jahr 2008 1382 m. w. N.).

Die Beweiserleichterung bei einem groben Behandlungsfehler erstreckt sich grundsätzlich nur auf die Frage der Ursächlichkeit für den haftungsbegründenden „primären“ Schaden, nicht aber auch auf den Kausalitätsnachweis für Folgeschäden („Sekundärschäden“), die aus dem durch den Behandlungsfehler unmittelbar verursachten Gesundheitsschaden hervorgegangen sein sollen. Etwas anderes gilt dann, wenn der sekundäre Gesundheitsschaden eine typische Folge der Primärverletzung ist und die als grob zu bewertende Missachtung der ärztlichen Verhaltensregel gerade auch solcherart Schädigungen vorbeugen soll (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 1988 - BGH Aktenzeichen VIZR21087 VI ZR 210/87 -, NJW 1988, S. NJW Jahr 1988 Seite 2948; BGH, Urteil vom 26. Oktober 1993 - BGH Aktenzeichen VIZR15592 VI ZR 155/92 -, NJW 1994, S. NJW Jahr 1994 Seite 801, NJW Jahr 1994 803; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 7. Aufl. 2014, Rn. B. 257, 262 f.). Zu fragen ist somit, ob sich das Risiko verwirklicht hat, dessen Nichtbeachtung den Behandlungsfehler als „grob“ erscheinen lässt (vgl. ThürOLG, Urteil vom 1. Juni 2010 - OLGJENA Aktenzeichen 4U49807 4 U 498/07 -, juris, Absatz-Nr. 42). Liegt ein solcher Fall vor, wird allerdings schon die Beweiserleichterung des § ZPO § 287 ZPO, die den Tatrichter für die Feststellung der haftungsausfüllenden Kausalität zwischen „Primär“- und „Sekundär“-Schaden freier stellt, regelmäßig ein Zurückgehen auf die Umkehr der Beweislast weitgehend entbehrlich machen (so BGH, Urteil vom 9. Mai 1978 - BGH Aktenzeichen VIZR8177 VI ZR 81/77 -, NJW 1978, S. NJW Jahr 1978 Seite 1683, NJW Jahr 1978 1684). Diese Grundsätze gelten auch hinsichtlich der Haftung für Schäden, die durch eine - einfach oder grob fehlerhaft - unterlassene oder verzögerte Befunderhebung entstanden sein könnten (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juli 2013 - BGH Aktenzeichen VIZR55412 VI ZR 554/12 -, GesR 2013, S. 534, 536).

Als ein derart typischer Folgeschaden ist etwa eine wegen des Behandlungsfehlers erforderliche Nachoperation anzusehen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 2012 - BGH Aktenzeichen VIZR15711 VI ZR 157/11 -, NJW 2012, S. NJW Jahr 2012 Seite 2024) Auch die vom Sachverständigen beschriebenen Gesundheitsbeeinträchtigungen, die Herr W. B. als Folge des Befunderhebungsfehlers auch bei fehlenden Vorerkrankungen und regelmäßiger Nachkontrolle gehabt hätte (Bl. 554, 555 d. A.) gehören dazu.

(2.) Nur diese Gesundheitsbeeinträchtigungen sind somit vorliegend von der Beweislastumkehr umfasst. Die weiteren Beeinträchtigungen des Patienten sind keine typischen Folgen der unterlassenen Röntgenkontrastmitteldarstellung. Es haben sich vielmehr Beeinträchtigungen verwirklicht, die mit dem Befunderhebungsfehler und der Revisionsoperation nichts zu tun haben, bzw., wie aufgezeigt, mit gleich großer Wahrscheinlichkeit auf die unterlassenen Nachkontrollen zurückzuführen sind. Dann hat sich im Ergebnis aber gerade nicht das Risiko verwirklicht, das durch die unterlassene Befunderhebung gesetzt wurde. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich bei Herrn W. B. um einen zum Zeitpunkt des Ersteingriffs multimorbiden Patienten handelte (Gutachten, Bl. 214 d. A.; Sachverständigenanhörung Bl. 266 und Bl. 553 d. A.). Es lag eine Asthmaerkrankung mit ständiger medikamentöser Behandlungspflicht vor, ferner ein polyarthrosebedingtes chronisches Schmerzsyndrom, die eine analgetische Dauerbehandlung erforderte. Zudem eine Diabetes, eine schwere chronische Lebererkrankung im Grenzbereich zur Zirrhose sowie ein Zustand nach Bandscheibenoperation im Lendenwirbelsäulenbereich. Er wurde mit Morphium behandelt (Bl. 214 d. A.).

Der Gerichtssachverständige hat in seiner Anhörung vor dem Senat die klägerische Annahme, es habe der vielen Folge-Stents bei korrektem Vorgehen im Zuge der Erstoperation nicht bedurft, nicht bestätigt (Bl. 548 d. A.). Er hat auch insoweit auf die Ursächlichkeit der fehlenden Nachkontrolle hingewiesen. Der sich hierdurch einstellende Komplettverschluss habe sich gravierend auf den weiteren Krankheitsverlauf ausgewirkt.

(3.) Unabhängig hiervon fehlt teilweise per se der Kausalzusammenhang.

Der Sachverständige Prof. Dr. B. stellte in seinem Gutachten - von der Klägerin nicht angegriffen - fest, eine erneute stationäre Behandlung in den Universitätskliniken des S. im Oktober 2004 sei nicht als Folge einer Cholangitis der vorausgegangenen Gallenwegsverletzung erfolgt. Ebenso habe eine weitere stationäre Behandlung im Knappschaftskrankenhaus in Su. keinen Bezug zu den Gallewegebehandlungen gehabt (Bl. 210 d. A.). Damit fehlt insoweit eindeutig die Kausalität. Diesbezüglich hat die Berufung auch keine Einwände vorgebracht.

4. Die Annahme eines Befunderhebungsfehlers bei der Erstoperation führt nicht dazu, dass die Klägerin den mit Ziffer 1. des Klageantrags geltend gemachten materiellen Schadensersatz beanspruchen könnte. Die Klägerin greift dies mit ihrer Berufungsbegründung auch nicht näher auf.

a. Den Haushaltsführungsschaden macht die Klägerin ab dem 22. November 2002 (Bl. 17/18 d. A.) geltend. Wie aufgezeigt ist aber nicht bewiesen, dass die ab diesem Zeitpunkt vorliegenden Beschwerden des Patienten auf den Behandlungsfehler zurück zu führen sind.

b. Der Unterhaltsschaden wird auf das frühzeitige Versterben des Erblassers gestützt (Bl. 19 d. A.), so dass dessen Ersatzfähigkeit ebenfalls an der fehlenden Kausalität scheitert. Der Sachverständige ging allein aufgrund des Multianorbidität von einer realistischen Lebenserwartung zum Zeitpunkt des Ersteingriffs von 5 Jahren aus (Bl. 554 d. A.).

c. Der Mehrbedarfsschaden für Pflege- und Betreuungskosten wird ab dem 22. August 2002 geltend gemacht. Insoweit steht aber auch nicht fest, welcher Pflegeaufwand auf den Behandlungsfehler zurückzuführen ist. Der Sachverständige hat vielmehr ausgeführt, nach der Zweitoperation habe eine Ausheilung erfolgen können (Bl. 217 und Bl. 554, 555 d. A.). Aufgrund des eigenen, vorwerfbaren Verhaltens des Patienten hat dieser eine selbstständige Ursache für die Unaufklärbarkeit des weiteren Geschehensablaufs gesetzt, so dass es auch am Nachweis der Kausalität für den vorgenannten Schaden fehlt.

d. Betreffend der Behandlungskosten macht die Klägerin auch solche geltend, die auf den Zeitraum der Behandlung bei der Beklagten zu 2. entfallen (Bl. 32 d. A.). Es ist jedoch nicht vorgetragen, dass der Erblasser in Höhe der gezahlten 10.850,12 Euro und der weiteren Beträge einen Schaden erlitten hat. Es ist vielmehr, wie auch bei anderen Rechnungen, davon auszugehen, dass diese Beträge von der Krankenkasse bzw. Beihilfe ersetzt wurden. Die Klägerin kann sich nicht pauschal darauf berufen, die behandelnden Ärzte hätten aufgrund des Behandlungsfehlers ihren Vergütungsanspruch verloren. Wurden dem Patienten die gezahlten Beträge erstattet, fehlt es an einem Schaden. Es fehlt an näherer Darlegung, inwieweit keine Rückerstattung durch die Krankenkasse bzw. die Beihilfe erfolgte.

e. Hinsichtlich der Fahrtkosten ist nicht dargelegt, welche besonderen Kosten dem Behandlungsfehler zugerechnet werden können. Da der Patient auch bei einer Behandlung lege artis besucht worden wäre, müsste nachvollziehbar begründet werden, welche Kosten infolge des Behandlungsfehlers entstanden sind. Daran fehlt es.

5. Der Umstand der Zahlung durch die hinter den Beklagten stehende Haftpflichtversicherung kann nicht als Anerkenntnis im Sinne von §§ BGB § 780, BGB § 781 BGB hinsichtlich der Haftung für sämtliche Folgeschäden angesehen werden.

Ein abstraktes, selbstständiges Schuldversprechen bzw. Schuldanerkenntnis scheidet ersichtlich aus, da es an jedweden Anhaltspunkten für einen Willen auf Versicherungs- bzw. Beklagtenseite dafür fehlt, eine vom Grundgeschäft unabhängige Verpflichtung zu begründen (vgl. Bork, in: jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 780 Rn. 10). Ebenso fehlt es an einem deklaratorischen, kausalen Schuldanerkenntnis. Ein solches kann zwar in der Regulierungszusage des Haftpflichtversicherers gegenüber dem Geschädigten gesehen werden (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2008 - BGH Aktenzeichen IVZR29305 IV ZR 293/05 -, juris Rn. 9). Eine derart umfassende Regulierungszusage wurde vorliegend jedoch von der hinter den Beklagten stehenden Versicherung nicht erteilt.

Die Versicherung hat ausweislich ihres Schreibens vom 26. September 2008 (Bl. 140 d. A.) „zur Klaglosstellung“ gezahlt. Wie sich aus dem seitens der Versicherung in Bezug genommenen Schreiben der ehemaligen Klägervertreterin vom 14. August 2008 (Bl. 141 d. A.) ergibt, war die Frage, für welche Folgeschäden die Beklagten haften, zwischen den Parteien noch streitig. Ferner hat sich die Versicherung zuvor in einem Schreiben vom 17. April 2007 (Bl. 147 d. A.) auch auf den Umstand der erheblichen Vorerkrankungen des Patienten berufen und lediglich die Revisionsoperation eine Woche später als etwaige fehlerbedingte Folge angesehen. Dies deckt sich mit den Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen und steht der Annahme eines umfassenden Anerkenntnisses entgegen.

Aus diesen Gründen scheidet auch die Annahme eines nichtrechtsgeschäftlichen Anerkenntnisses mit Folgen für die Beweisführung (vgl. dazu Bork, in: jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 781 Rn. 4) aus. Dies ändert nichts daran, dass Teilzahlungen als Anerkenntnis im Sinne von § BGB § 212 Abs. BGB § 212 Absatz 1 Nr. BGB § 212 Nummer 1 BGB angesehen werden können (vgl. Lakkis, in: jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 212 Rn. 8), was das Landgericht Saarbrücken im Rahmen der Prüfung der Verjährungseinrede angenommen hat.

6. Die Rüge der Verhandlung vor dem Einzelrichter des Landgerichts statt vor der Kammer dringt ebenfalls nicht durch. Nach § 348a Abs. 3 kann die Berufung auf eine erfolgte Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter (hier: Beschluss vom 27. Juni 2011, Bl. 66 d. A.) nicht gestützt werden. Anhaltspunkte für ein willkürliches Vorgehen (vgl. hierzu Tombrink/Kessen, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 6. Aufl. 2014, § 348a Rn. 5) fehlen gänzlich.

7. Nach Vorstehendem war auch auf den gestellten Hilfsantrag der Klägerin nicht zu erkennen.

8. Die Kostenentscheidung folgt aus § ZPO § 97 Abs. ZPO § 97 Absatz 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ ZPO § 708 Nr. ZPO § 708 Nummer 10, ZPO § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § ZPO § 543 Abs. ZPO § 543 Absatz 2 ZPO nicht gegeben sind.

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Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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