Der BGH wird sich am 08.10.2015 mit der Werbung für eine Eizellspende befassen, bei der deutsche Ärzte Vorbehandlungen durchführen sollen. Das Kammergericht hatte diese Werbung verboten, wogegen der tschechische Arzt Revision zum BGH (AZ: I ZR 225/13) einlegte.

Update: Der BGH hat die Werbung nun erlaubt.

Der Fall:

Der Kläger ist ein in Deutschland niedergelassener Facharzt für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie. Der Beklagte ist Facharzt für Gynäkologie und Frauenheilkunde und am Institut für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie in der Tschechischen Republik tätig. Auf einer Informationsveranstaltung in Hamburg im März 2008 stellte er die Möglichkeiten der Kinderwunschbehandlung und Reproduktionsmedizin, unter anderem der Eizellspende, vor und führte aus, man erziele an dem tschechischen Institut eine doppelt so hohe Schwangerschaftsrate wie in Deutschland. Dabei erwähnte er, dass die Eizellspende in Deutschland, anders als in der Tschechischen Republik, verboten sei.

Der Kläger behauptet, der Beklagte habe außerdem darauf hingewiesen, dass in Deutschland niedergelassene Ärzte die für Eizellübertragungen erforderlichen Vorbehandlungen von Eizellspenderinnen und -empfängerinnen vornähmen. Er vertritt die Ansicht, der Beklagte habe dadurch wissentlich dazu beigetragen, dass sich deutsche Ärzte an Verstößen gegen das in § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ESchG (Embryonenschutzgesetz) normierte Verbot der Eizellspende beteiligten. Der Kläger hat von dem Beklagten deshalb die Unterlassung der Werbung für eine Eizellspende am Institut für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie in der Tschechischen Republik unter gleichzeitigem Hinweis auf die dafür erforderliche Vorbehandlung durch in Deutschland niedergelassene Ärzte begehrt.

Die bisherigen gerichtlichen Entscheidungen:

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Berlin, Urt. v. 09.08.2011 - 15 O 474/10).

Das Kammergericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt (KG Berlin, Urt. v. 08.11.2013 - 5 U 143/11).

Es hat als bewiesen angesehen, dass der Beklagte auf der Informationsveranstaltung geäußert habe, es gebe in Deutschland Ärzte, die Frauen für eine Eizellspende vorbehandelten. Dadurch habe der Beklagte die naheliegende Gefahr geschaffen, dass Besucherinnen der Informationsveranstaltung einen Arzt in Deutschland für eine vorbereitende Behandlung aufsuchten und sich danach an dem tschechischen Institut einer Behandlung zur Eizellübertragung unterzögen. Es habe daher eine Beteiligung des Beklagten daran gedroht, dass die die Vorbehandlung durchführenden Ärzte Beihilfe zu einer nach deutschem Recht strafbaren Eizellspende leisteten.

Das KG sah die Verbotsnormen des Embryonenschutzgesetzes (ESchG) als eine gesetzliche Vorschrift an, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer (hier Patienten) das Marktverhalten (hier der Ärzte) zu regeln. Daher sei diese Werbung verboten nach § 4 Nr 11 UWG, § 8 Abs 1 S 1 UWG, § 8 Abs 3 Nr 1 UWG, § 1 Abs 1 Nr 1 ESchG, § 1 Abs 1 Nr 2 ESchG.

Mit der vom BGH zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

(Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 17.08.2015)

Anmerkung:

Das deutsche Embryonenschutzgesetz sieht einen strengen Schutz von Eizellen vor.
§ 1 ESchG lautet:

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1. auf eine Frau eine fremde unbefruchtete Eizelle überträgt,

2. es unternimmt, eine Eizelle zu einem anderen Zweck künstlich zu befruchten, als eine Schwangerschaft der Frau herbeizuführen, von der die Eizelle stammt.

Nun ist es Deutschen nicht verboten, sich im Ausland mit Methoden behandeln zu lassen, die nach deutschem Recht verboten sind. Schwierig wird es allerdings, wenn ein ausländischer Arzt mit solchen verbotenen Methoden selbst in Deutschland wirbt und zugleich noch auf die vorbereitenden Dienste deutscher Ärzte hinweist, die zu dieser verbotenen Tätigkeit Beihilfe leisten könnten.

Deutsche Frauen mit Kinderwunsch sind bereit, privat und auf eigene Kosten teure Behandlungen zur Befruchtung durchführen zu lassen. Es handelt sich um einen lukrativen Markt für ausländische Ärzte. Das Angebot dieser Ärzte litt aber bisher darunter, dass die Frauen zu mehreren Vorberhandlungen und zur eigentlichen Eizelleneinfügung ins Ausland fahren mussten. Dies war aufwändig und geeignet, Interessenten abzuschrecken. Der tschechische Arzt wollte die Eizellenspende für die Frauen nun einfacher machen, indem er - vermeintlich noch legale Vorbereitungshandlungen - in Deutschland durchführen lassen wollte, so dass die Frauen lediglich für die eigentliche (nach deutschem Recht streng verbotene) Eizellenenspende ins Ausland hätten reisen müssen.  

Es wird hier davon ausgegangen, dass der BGH die Entscheidung des KG am 8.10.2015 bestätigt, um dem strengen Schutzgebot des ESchG Geltung zu verschaffen. Das Geschäftsmodell des tschechischen Arztes ist unmittelbar auf die Umgehung deutscher Strafvorschriften gerichtet und dürfte beim BGH schon deshalb wenig Gnade finden, weil die Gerichte Umgehungsgeschäfte regelmäßig nicht gutheissen.

Zum Thema:

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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