Nur Physiotherapeuten mit einer abgeschlossenen Weiterbildung in Manueller Therapie mit mindestens 260 Unterrichtsstunden sind zur Erbringung von Leistungen der manuellen Therapie berechtigt. Ein Masseur hat daher keinen Anspruch auf Erteilung einer Abrechnungsbefugnis für Manuelle Therapie, unabhängig davon, ob er entsprechende Unterrichtsstunden wahrgenommen hat (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 08.07.2016 - L 1 KR 206/13 WA).

UrteilTenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. März 2010 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Abrechnungsbefugnis des Klägers für Leistungen der manuellen Therapie.

Der 1954 geborene Kläger erhielt am 30. Juni 1975 nach Abschluss einer entsprechenden Ausbildung von dem Senator für Gesundheit und Umweltschutz die Erlaubnis, die Berufsbezeichnung Masseur und medizinischer Bademeister zu führen. Er wurde am 1. April 1979 zur Abgabe der Leistungen von Masseuren und medizinischen Bademeisterin an die Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen zugelassen. Vom 12. März 2005 bis zum 23. Juli 2007 nahm er an einer Weiterbildung Manuelle Therapie mit 320 Unterrichtseinheiten teil und bestand die Abschlussprüfung. Sein Antrag auf Erteilung einer Abrechnungsgenehmigung für Leistungen der manuellen Therapie wurde von dem Beklagten mit Schreiben vom 1. August 2007 abgelehnt. Zur Begründung verwies der Beklagte auf ein vom Medizinischen Dienst der Spitzenverbände (MDS) nach Ergehen eines Urteils des Bayerischen LSG erstelltes Gutachten, wonach eine Weiterbildung im Umfang von 260 Stunden nicht ausreiche, um Masseure und med. Bademeister ausreichend für Leistungen der manuellen Therapie zu qualifizieren.

Mit der am 11. August 2008 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Erteilung einer Abrechnungsbefugnis für Leistungen der manuellen Therapie. Der Kläger hat vor dem Sozialgericht insbesondere Bezug genommen auf das in einem Parallelverfahren vor dem Bayerischen LSG ergangene Urteil vom 17. August 2006 – L 4 KR 295/03 und das in diesem Verfahren vorgelegte Rechtsgutachten von Prof. Dr. B. das medizinische Gutachten von Prof. Dr. P.

Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 26. März 2010 abgewiesen. Die zulässige Feststellungsklage sei nicht begründet. Der Kläger habe keinen Anspruch, Leistungen der manuellen Therapie für Versicherte der Ersatzkassen zu erbringen. Die Ersatzkassen seien auch nicht verpflichtet, mit dem Kläger einen entsprechenden Vertrag zu schließen. Rechtsgrundlage sei § 125 SGB V. Nach der Rechtsprechung des BSG sei die Frage, ob ein zugelassener Leistungserbringer bestimmte qualifikationsgebundene Leistungen erbringen und abrechnen dürfe, vertraglich und nicht durch Verwaltungsakt zu regeln. Die Abrechnungsbefugnis betreffe nicht die Zulassung als solche. Der Kläger habe keine vertragliche Abrechnungsbefugnis. Leistungen der manuellen Therapie seien nach der Vergütungsvereinbarung nur von Physiotherapeuten abrechenbar, welche eine erfolgreich abgeschlossene Weiterbildung von Manueller Therapie mit mindestens 260 Stunden absolviert hätten. Abrechnungsfähig sei die Leistung daneben auch für Masseure und medizinische Bademeister, die am 31. März 1995 über eine anerkannte und abgeschlossene Weiterbildung verfügten und zugelassen waren. Die Anforderungen für die Weiterbildung seien in den Rahmenempfehlungen nach § 125 SGB V geregelt, wobei dort vorgesehen sei, dass nur Physiotherapeuten zur Weiterbildung zuzulassen seien. Auch in den Heilmittel-​Richtlinien sei die manuelle Therapie als Leistung gekennzeichnet, für die eine besondere Weiterbildung erforderlich sei, ohne dass die Möglichkeit der Weiterbildung dort ausschließlich auf Physiotherapeuten beschränkt worden wäre. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit des völligen Ausschlusses der Masseure und medizinischen Bademeister von der Abrechnung von Leistungen der manuellen Therapie könne dahingestellt bleiben. Jedenfalls fehle es an einer vertraglichen Abrechnungsgrundlage. Aus einer – angenommenen - Verfassungswidrigkeit würde sich jedoch ergeben, dass der bestehende Rahmenvertrag dem Abschluss von Verträgen über die Erbringung von Leistungen der manuellen Therapie durch Masseure und Bademeister nicht entgegenstehen würde. Da der Beklagte die Erteilung einer Abrechnungsbefugnis an Masseure und Medizinische Bademeister nicht grundsätzlich ausschließe, sondern von besonderen Weiterbildungsvoraussetzungen abhängig mache und eine entsprechende rahmenvertragliche Vereinbarung oder eine Rahmenempfehlung noch nicht zustande gekommen sei, müssten die Voraussetzungen für eine Abrechnungsbefugnis erst noch auf einzelvertraglicher Ebene bestimmt werden.

Insoweit könne die Entscheidung des Gerichts nicht einer Einigung durch die Vertragsparteien vorgreifen. Ein Anspruch auf Vertragsschluss könne sich nur ergeben, wenn der Beklagte durch ihre Ablehnung Art. 3, 12 GG oder §§ 19-​21 GWB verletzen würde. Nach der Rechtsprechung des BSG (Hinweis auf Urt. v. 17. Juli 2008 – B 3 KR 23/07 R) setze ein Kontrahierungszwang voraus, dass ein rechtskonformes Verhalten nur durch die Annahme eines von einem Leistungserbringer unterbreiteten Angebotes möglich sei. Dass der Beklagte dem Begehren des Klägers nicht nachkomme, verletze aber weder Art. 12 Abs. 1 GG noch Art. 3 Abs. 1 GG. Zwar wohne den für Versicherte der Ersatzkassen geltenden Beschränkungen der Erbringbarkeit von Leistungen der manuellen Therapie eine berufsregelnde Tendenz inne. Insoweit liege aber nur eine Berufsausübungsregelung vor. Denn es sei nur eine spezifische Leistung und auch nur ein beschränkter Kreis der in Frage kommenden Patienten betroffen. Gesetzliche Grundlage für die Beschränkung seien §§ 125, 12, 92 SGB V. Es sei nicht unverhältnismäßig und durch den Zweck der Sicherung der Versorgungsqualität gerechtfertigt, die Erbringung von Leistungen der manuellen Therapie durch Masseure/medizinische Bademeister von einer Weiterbildung mit mehr als 320 Stunden Dauer abhängig zu machen. Die gegenüber den Physiotherapeuten weitergehende Weiterbildungsnotwendigkeit sei dadurch gerechtfertigt, dass Physiotherapeuten aufgrund ihrer Ausbildung über umfangreichere Kenntnisse mit Bezug zu den Leistungen der manuellen Therapie verfügten. Das ergebe sich aus einem Vergleich der Ausbildungsinhalte und dem vom Medizinischen Dienst des Spitzenverbandes der Krankenkassen (MDS) erstelltem Gutachten vom 4. Mai 2007. Soweit das von dem Kläger vorgelegte von Prof. Dr. P erstellte Gutachten vom Oktober 2000 etwas Anderes behaupte, könne dem nicht gefolgt werden. Auch die von Masseuren/medizinischen Bademeistern erworbene Berufserfahrung begründe noch nicht ohne weiteres ihre Gleichstellung mit den Physiotherapeuten. Eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG bzw. der §§ 19-​21 GWB scheide ebenfalls aus, da es einen sachlichen Grund für die unterschiedliche Behandlung gebe.

Gegen das ihm am 4. Mai 2010 zugestellte Urteil richtet sich die am 1. Juni 2010 bei dem Landessozialgericht Berlin-​Brandenburg eingegangene Berufung des Klägers. Entgegen den Feststellungen des Sozialgerichts habe der Verband Physikalische Therapie den Rahmenvertrag nur mit einem Vorbehalt in Bezug auf die Zuweisung der manuellen Therapie ausschließlich an die Physiotherapeuten geschlossen. Auch könne bei Fehlen einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung diese durch eine Entscheidung des Gerichts ersetzt werden. Das Sozialgericht habe den Grundsatz verkannt, dass ein Auswahlermessen oder bedarfsorientierte Zulassungskompetenz der Krankenkassen nicht bestehe, wenn ein geeigneter und leistungsbereiter Leistungserbringer seine Teilnahme an der Versorgung zu den üblichen Bedingungen begehre (Hinweis auf BSG v. 17. Juli 2008). Aus dem von Prof. Dr. B. erstelltem Rechtsgutachten ergebe sich, dass Empfehlungen nur über die Leistungserbringung an sich, nicht aber über die für die Leistungserbringung allein zuständigen Berufsgruppen abgegeben werden dürften. Entgegen dem Sozialgericht sei das Vorgehen des Beklagten mit einem Eingriff in die Berufswahl gleichzustellen. Denn von dem Verlust der Abrechnungsbefugnis für Leistungen der manuellen Therapie seien 30 Prozent der Tätigkeiten betroffen worden, welche seinen – des Klägers - Umsatz ausmachten. Die restriktive Behandlung von Masseuren / medizinischen Bademeistern habe zu einer Abnahme der Ausgaben für die Heilmittelversorgung um 9,1 Prozent im Jahre 2009 gegenüber dem Jahr 2007 geführt. Das Sozialgericht habe auch seine Behauptung nicht begründen können, dass Physiotherapeuten aufgrund ihrer Ausbildung über umfangreichere Kenntnisse der manuellen Therapie gegenüber Masseuren verfügten. Nach Prof. Dr. B ließen sich solche Unterschiede nicht feststellen. Das Sozialgericht habe schließlich ausdrücklich dahingestellt sein lassen, ob für Masseure/med. Bademeister eine Weiterbildung im Umfang von 1.000 Stunden erforderlich wäre. Dann habe es aber auch nicht wissen können, warum 320 Stunden zu wenig seien. Entscheidend sei indessen, dass die Heilmittel-​Richtlinien sich nicht zu einem Ausschluss der Masseure von den Leistungen der manuellen Therapie verhalten würden. Erst die Rahmenempfehlungen würden die Masseure und medizinischen Bademeister von diesen Leistungen ausschließen. Der darin liegende wesentliche Eingriff in die Berufsfreiheit ergebe sich daraus, dass 95 Prozent der Bevölkerung bei den gesetzlichen Krankenkassen versichert seien. Für die Ungleichbehandlung gegenüber den Physiotherapeuten gebe es keine rechtfertigenden Gründe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. März 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger eine Abrechnungsbefugnis für Leistungen der manuellen Therapie für die Versicherten der Mitgliedskassen des Beklagten zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit Recht habe das Sozialgericht ausgeführt, dass die begehrte Abrechnungsbefugnis vertraglich zu regeln sei. Die Klage sei mit den gestellten Anträgen schon unzulässig. Zudem sei sie auch unbegründet. Nach dem Rahmenvertrag (u.a.) zwischen dem Verband Physikalische Therapie – Vereinigung für die physiotherapeutischen Berufe und dem vdak, der Heilmittel-​Richtlinie und den Rahmenempfehlungen nach § 125 Abs. 1 SGB V seien Leistungen der manuellen Therapie nur von Physiotherapeuten abrechenbar, die über eine erfolgreich abgeschlossene Weiterbildung in manueller Therapie mit einer Mindestdauer von 260 Stunden verfügten. Der Kläger erfülle diese Voraussetzungen nicht, weil er kein Physiotherapeut sei. Die Beschränkung der Abrechnungsbefugnis auf ausgebildete Physiotherapeuten sei rechtmäßig. Das Bundessozialgericht (BSG) habe festgestellt, dass der Gesetzgeber insbesondere Qualitätssicherungsgesichtspunkte auf andere Normsetzer delegieren durfte (Hinweis auf BSG v. 24. Juli 2003 – B 3 KR 31/02 R). Für die in den Heilmittel-​Richtlinien besonders gekennzeichneten Maßnahmen, zu denen auch die manuelle Therapie gehöre, seien spezielle Qualifikationen der Leistungserbringer erforderlich. Das BSG habe deutlich gemacht, dass diese besonderen Anforderungen rechtmäßig seien (Urt. v. 12. August 2010 – B 3 KR 9/09 R). Die Vertragspartner des Rahmenvertrags hätten seit dem 1. Januar 2008 ein besonderes Weiterbildungserfordernis für Leistungen der manuellen Therapie vereinbart. Vorgesehen sei die Leistungserbringung nur noch für Physiotherapeuten mit besonderer Zusatzausbildung, nicht mehr für Bademeister/medizinische Masseure. Dieser Vertrag sei auch vom Verband Physikalische Therapie unterzeichnet worden. Das verstoße nicht gegen Grundrechte, weil es sich um eine Berufsausübungsregelung handele, die durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sei. Die Freiheit der Berufswahl sei nicht tangiert, weil die manuelle Therapie nur einen geringen Anteil der für den Kläger abrechnungsfähigen Leistungen ausmache. Art. 3 GG sei nicht verletzt, weil die unterschiedliche Behandlung von Physiotherapeuten und Masseuren/medizinischen Bademeistern durch sachliche Gründe gerechtfertigt sei. Das ergebe sich nachvollziehbar aus dem vom MDS erstellten Gutachten. Erst eine Weiterbildung von annähernd 1.000 Unterrichtsstunden Dauer sei geeignet, die Defizite in der Ausbildung gegenüber den Krankengymnasten auszugleichen.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstanden wird auf die Gerichtsakte verwiesen, die vorgelegen hat und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Mit Recht hat das Sozialgericht entschieden, dass der Kläger nicht berechtigt ist, Leistungen der manuellen Therapie an die Versicherten des Beklagten zu erbringen.

Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig. Streitig ist die Erteilung einer Abrechnungsbefugnis für Leistungen der manuellen Therapie. Eine solche Abrechnungsbefugnis wird nicht im Wege eines Verwaltungsaktes erteilt (BSG v. 12. August 2010 – B 3 KR 9/09 R – juris Rn 11). Entsprechend verfolgt der Kläger die von ihm geltend gemachten Rechte nunmehr ausdrücklich im Wege einer Leistungsklage. Darin liegt keine Klageänderung, da das Gericht nach § 123 SGG ohnehin nicht an die Fassung der Anträge gebunden ist. Entsprechend war von dem Sozialgericht und ist auch von dem Senat nicht über die Aufhebung eines Verwaltungsaktes sondern über einen Anspruch auf Erteilung einer Abrechnungsbefugnis zu entscheiden.

Die Klage ist mit diesem Inhalt zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Abrechnungsbefugnis. Grundlage für die Erbringung und Vergütung von Leistungen der manuellen Therapie ist § 125 Abs. 2 Satz 1 SGB V in Verbindung mit dem zwischen den Berufsverbänden der Physiotherapeuten und der Beklagten am 1. Februar 2002 geschlossenen Rahmenvertrag, dessen Basis die Heilmittel-​Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) sowie die vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen und den für die Wahrnehmung der Interessen der Heilmittelerbringer maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene geschlossenen Rahmenempfehlungen über die einheitliche Versorgung mit Heilmitteln nach § 125 Abs. 1 SGB V sind. Die Bindung des Klägers an den Rahmenvertrag ergibt sich daraus, dass er einem der vertragsschließenden Verbände angehört. Zudem musste er im Zulassungsverfahren die Regelungen des Rahmenvertrages in seiner gegenwärtigen Fassung anerkennen.

Aus dem Rahmenvertrag, der zugehörigen Vergütungsvereinbarung und der Rahmenempfehlung ergibt sich, dass Leistungen der Manuellen Therapie nur von solchen nach § 124 SGB V zugelassenen Physiotherapeuten erbracht und abgerechnet werden dürfen, die eine spezielle mindestens 260 Unterrichtsstunden umfassende Weiterbildung in Manueller Therapie an einer anerkannten Weiterbildungseinrichtung absolviert und die dazu gehörige Abschlussprüfung bestanden haben (BSG v. 12. August 2010 – B 3 KR 9/09 R – juris Rn 16; LSG Baden-​Württemberg v. 21. Juli 2015 – L 11 KR 4481/12 - juris Rn 68; LSG Rheinland-​Pfalz v. 7. Januar 2016 – L 5 KR 192/15 - juris Rn 49). Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger schon deswegen nicht, weil er keine Ausbildung zur Physiotherapeuten absolviert hat.

Der Ausschluss des Klägers von der Erteilung einer Abrechnungsbefugnis ist mit Art. 12 GG vereinbar. Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist im Rahmen der Berufsfreiheit zwischen der Freiheit zur Berufswahl und der der Berufsausübung zu unterscheiden (BVerfGE 103, 1 (10); 106, 181 (192)). Dabei sind Eingriffe in die Freiheit zur Berufsausübung schon dann möglich, wenn sie nach vernünftigen am Gemeinwohl orientierten Überlegungen als zweckmäßig erscheinen.

Vorliegend handelt es sich um eine Berufsausübungsregelung. Denn ein eigenständiges Berufsbild des Leistungserbringers manuelle Therapie mit einer entsprechenden Berufsausbildung gibt es nicht. Die manuelle Therapie wird von Physiotherapeuten und wurde in der Vergangenheit auch von Masseuren und medizinischen Bademeistern ergänzend neben den weiteren das jeweilige Berufsbild prägenden Leistungen erbracht. Demnach liegt im Aufstellen bestimmter Erfordernisse für die Abrechenbarkeit eine Regelung, welche die Ausübung der genannten Berufe betrifft (LSG Baden-​Württemberg v. 21. Juli 2015 – L 11 KR 4481/12 - juris Rn 68; LSG Rheinland-​Pfalz v. 7. Januar 2016 – L 5 KR 192/15 - juris Rn 21). Der Klägerin kann auch keinen Bestandsschutz geltend machen, da er noch niemals zur Erbringung und Abrechnung von Leistungen der manuellen Therapie für die Versicherten des Beklagten berechtigt gewesen ist.

Die Vorgabe, dass nur Physiotherapeuten mit einer abgeschlossenen Weiterbildung zur Erbringung von Leistungen der manuellen Therapie berechtigt sind, lässt sich durch am Gemeinwohl orientierte Überlegungen rechtfertigen (LSG Baden-​Württemberg v. 21. Juli 2015 – L 11 KR 4481/12 - juris Rn 69; LSG Rheinland-​Pfalz v. 7. Januar 2016 – L 5 KR 192/15 - juris Rn 21). Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) hat es als risikobehaftet angesehen, wenn Leistungen der manuellen Therapie von Leistungserbringern erbracht werden, die keine entsprechende Weiterbildung absolviert haben. Diese Einschätzung ist nicht offensichtlich sachwidrig oder unvertretbar. Dass der Kläger bzw. die von ihm in das Verfahren eingeführten Gutachten diese Entscheidung nicht für zwingend halten mögen, ist bereits deswegen unerheblich, weil der GBA im Rahmen des SGB V das Gremium ist, das zur Einschätzung medizinsicher Zweckmäßigkeiten legitimiert ist (BSG v. 12. August 2010 – B 3 KR 9/09 R - juris Rn 21). Wenn demnach bereits ein Physiotherapeut ohne entsprechende Weiterbildung von der Erbringung und Abrechnung von Leistungen der manuellen Therapie ausgeschlossen werden darf, dann erst recht ein Masseur/medizinsicher Bademeister, der keine Weiterbildung in einem Umfang absolviert hat, wie er in den einschlägigen untergesetzlichen Regelungen vorgesehen ist.

Der Kläger kann auch nichts daraus herleiten, dass er eine besondere Zusatzausbildung im Umfang von 320 Stunden absolviert hat. Die für Physiotherapeuten geltenden Weiterbildungsvorschriften können nämlich nicht ohne weiteres auf die Masseure und med. Bademeister übertragen werden. Dazu verweist der Senat auf das von dem MDS erstellte und den Beteiligten bekannte Gutachten vom 4. Mai 2007 über die Prüfung einer Einbindung der Masseure und medizinischen Bademeister in die Weiterbildung in manueller Therapie. Die Notwendigkeit einer Differenzierung ergibt sich schon aus den unterschiedlichen Ausbildungsinhalten. So ist die manuelle Therapie für Masseure/med. Bademeister – im Gegensatz zu den Physiotherapeuten - schon nicht Gegenstand der allgemeinen Ausbildung. Auf die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen auch von Masseuren und med. Bademeister eine Fortbildung absolviert werden könnte, welche diese befähigen würde, Leistungen der manuellen Therapie zu erbringen, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Nach § 17 Abs. 2 Heilmittel-​Richtlinie bedarf es für die Erbringung bestimmter Leistungen, zu denen auch die manuelle Therapie zählt, besonderer Qualifikationen. Für die Masseure und med. Bademeister sind solche besondere Qualifikationen aber weder in den Empfehlungen noch in den Rahmenverträgen festgeschrieben worden. Darin liegt ein beredtes Schweigen. Es ist nicht Aufgabe der Sozialgerichtsbarkeit, sich über dieses negative Votum der zur untergesetzlichen Norm- bzw. Standardsetzung im Gesundheitswesen berufenen Stellen und Institutionen hinwegzusetzen und eigene Vorstellungen über den Erwerb einer Nachqualifikation zu formulieren.

Etwas anderes könnte sich dazu nur ergeben, wenn sich entsprechende Vorgaben ohne weiteres aus höherrangigem Recht ableiten ließen. Das ist nach der Auffassung des Senats aber nicht der Fall. Es steht im Ermessen der Vertragsparteien, ob und unter welchen Voraussetzungen auch die Masseure und med. Bademeister zur Erbringung von Leistungen der manuellen Therapie berechtigt sein sollen. Eine zwingende Verpflichtung zur Eröffnung dieser Möglichkeit besteht nicht. Die Leistungen der manuellen Therapie sind gemessen an dem Inhalt der Ausbildungsordnung für Masseure und med. Bademeister berufsfremd. Dazu verweist der Senat erneut auf das vom MDS erstellte Gutachten vom 4. Mai 2007. Entsprechend ist nicht ersichtlich, dass die Masseure und med. Bademeister in eigenen Rechten verletzt sein könnten, wenn sie von der Erbringung und Abrechnung von Leistungen der manuellen Therapie ausgeschlossen bleiben. Daran ändert nichts, dass sie in der Vergangenheit unter bestimmten Voraussetzungen von den Krankenkassen eine Abrechnungsbefugnis erhalten haben.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs. 2 VwGO.

Der Senat hat die Revision im Hinblick auf die beim BSG bereits anhängigen Revisionsverfahren B 3 KR 24/15 R und B 3 KR 5/16 R nach § 160 Abs. 2 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Anmerkung:

Die sog. Manuelle Medizin ist in Deutschland seit 1976 eine geschützte Zusatzbezeichnung für Ärzte, die manuelle Behandlungen anbieten. Die in der evidenzbasierten Medizin anerkannten Verfahren basieren auf passiver Mobilisation und aktiven Übungen an Gelenken und der Wirbelsäule. Zum Führen der Zusatzbezeichnung ist für Ärzte eine von der zuständigen Landesärztekammer anerkannte Ausbildung nachzuweisen. Unter „Manuelle Therapie“ im engeren Sinne versteht man die Anwendung der von den Chirotherapeuten entwickelten Techniken durch speziell fortgebildete Physiotherapeuten/Krankengymnasten. Deutsche Krankenkassen bezahlen diese Therapie im Gegensatz zu den von Nichtärzten angebotenen Behandlungen, sofern sie von entsprechend ausgebildeten Manualtherapeuten auf ärztliche Verordnung durchgeführt wird (Näheres dazu Wikipedia Manuelle Therapie).

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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