(4.10.2016) Ein sukzessiv für zwei Fachgebiete (Frauenheilkunde/Geburtshilfe und Anästhesiologie) zugelassener Arzt kann seinen Zulassungsverzicht gegenüber einem MVZ nicht so gestalten, dass er seinen Vertragsarztsitz doppelt verwertet (BSG, Terminsbericht vom 28.9.2016 - B 6 KA 32/15 R).

Zulassungsurkunde

Der Fall:

Der Kläger ist als Arzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe sowie als Arzt für Anästhesiologie zugelassen.

2010 verzichtete er auf die Zulassung als Frauenarzt zu Gunsten eines MVZ, in dem er sich anstellen ließ. Dem MVZ wurde die Anstellung des Klägers genehmigt (31 Wochenstunden). 

Kurz darauf beantragte der Kläger bei der beklagten KÄV die Ausschreibung seines Vertragsarztsitzes für Anästhesiologie.

Dies lehnt der Zulassungsausschuss ab. Denn die Zulassung des Klägers als Ganzes habe 2010 mit dem verzicht geendet. Der Arzt klagte auf Zulassung.

Die Entscheidung

Das BSG wies die Klage ab. 

Die beklagte KÄV war nicht verpflichtet, (neben dem bereits ausgeschreibenen Sitz Frauenheilkunde) einen Vertragsarztsitz Anästhesiologie auszuschreiben.

Denn die Zulassung des Klägers hat durch seinen erklärten Verzicht zugunsten einer Angestelltentätigkeit in Vollzeit in einem MVZ insgesamt geendet, auch wenn sich dessen Erklärung nach ihrem Wortlaut nur auf seine Zulassung als Frauenarzt bezog. Ein für zwei Fachgebiete zugelassener Arzt kann seinen Zulassungsverzicht nicht so gestalten, dass er seinen Vertragsarztsitz doppelt verwertet, weil auch ein solcher Arzt ungeachtet seiner Doppelzulassung insgesamt nur einen Versorgungsauftrag hat. Erfasst der Verzicht – wie hier – den vollen Versorgungsauftrag, weil dies Voraussetzung für die Genehmigung seiner Anstellung im MVZ im Umfang eines vollen Versorgungsauftrags war, ist kein Vertragsarztsitz für das Fachgebiet "Anästhesie" mehr verblieben, der ausgeschrieben werden könnte.

Auch in einem ähnlich gelagerten Parallelverfahren hat das BSG so entschieden (B 6 KA 1/16 R). 

Praxisanmerkung:

Mit dem Verzicht geht also die ganze Zulassung an das MVZ, auch wenn darin zwei (zeitlich gestaffelt erteilte) Zulassungen enthalten sind. Dies haben Arzt und MVZ bei der Planung des Verzichts zu berücksichtigen. Es ist sinnvoll, sogleich den Verzicht auf beide Zulassungen zu erklären und zugleich die Anstellung auf die gesamte Zulassung (beide Fachbereche) zu beantragen. Dies dann mit voller Wochenarbeitszeit. Zugleich ist der Lohn anzugleichen. Andernfalls geht ein Fachbereich "unter".   

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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