(16.5.17) Ärzte haben Geld zum Anlegen, vergleichsweise wenig Kenntnis vom Kapitalmarkt und keine Zeit, sich in die Materie einzuarbeiten. Vermehrt gehen sie daher Anlageberatern und Anlagevermittlern auf den Leim, die ihnen risikoreiche Finanzprodukte empfehlen. Scheitern die Investitionen, etwa weil die Unternehmen Pleite gehen, haben die Ärzte oft den Schaden. In manchen Fällen kann sich der Arzt aber wehren.  

WAm grauen Kapitalmarkt haben Ärzte schon viel Geld verlorener bereits fünfzehn oder zwanzig Jahre als Arzt tätig ist, vielleicht schon eine Praxis für einen guten Preis verkauft hat oder sogar erbte, fragt sich, wie er das Geld gewinnbringend anlegen kann. Die Ärzte wollen das Geld fürs Alter anlegen. In Zeiten niedriger Zinsen und überhitzter Immobilienmärkte suchen Ärzte nach anderen Anlageformen. Aktien, Indexfonds oder ETF werden von deutschen Anlegern aber regelmäßig gemieden. In diese Marktlücke stoßen Anlageberater und -vermittler. Sie werben vor allem im Internet gezielt mit Angeboten für Ärzte. Versprochen werden traumhafte Renditen von zehn oder mehr Prozent - Werten, von denen normaler Banksparer nur träumen können.

 

Arzt als Unternehmer

In den vergangen zehn Jahren haben Ärzte so vermehrt Beteiligungen an Firmen angeboten bekommen. Bei diesen wird der Arzt Mitunternehmer, er erwirbt einen Teil des Unternehmens. Beliebt waren Schiffsbeteiligungen, Beteiligungen an Ölförderunternehmen, Transportunternehmen aber auch Immobilienprojekten wie z.B. Sozialwohnungen.

Mehr Zinsen/Ertrag = mehr Risiko

Die Anlageberater verschweigen dem Arzt dabei aber regelmäßig, was dies im Falle wirtschaftlicher Schwierigkeiten des Unternehmens bedeutet: Der Arzt trägt als Mitunternehmer das Risiko des Totalverlusts seiner Einlage. Nun kann natürlich auch eine Aktie abstürzen - der Arzt kann die Aktie dann aber immer noch - wenn auch mit Verlust - verkaufen, denn diese ist am Kapitalmarkt über die Börse handelbar. Anders dagegen die Beteiligungen z.B. an einem Transportschiff: Diese wird am grauen Kapitalmarkt gehandelt, sprich sie kann nicht abgestoßen oder weiterverkauft werden. Zudem trägt der Arzt ein noch weitgehenderes Risiko: Er kann im schlimmsten Fall auch für Verluste haftbar gemacht werden. So können Ärzte große Teile ihres Vermögens verspielen und sich sogar verschulden.

Risikozone grauer Kapitalmarkt

Viele Anleger am grauen Kapitalmarkt erhielten in den letzten Jahren Schreiben der Unternehmen, an denen sie beteiligt sind, in denen sie mehr oder minder freundlich gebeten wurden, Geld nachzuschießen. Manche erhielten solche Schreiben auch von den Insolvenzverwaltern der Unternehmen. Zum Nachschußsind die Ärzte zu ihrem Erstaunen auch grundsätzlich verpflichtet, schließlich sind sie ja Mitunternehmer und haften voll für Verluste der Unternehmen, an denen sie beteiligt sind. Oft muss der Arzt auch Gewinnausschüttungen, die er in den ersten Jahren noch erhalten hat, wieder zurückzahlen. Die Kaptalbeteiligung wandelt sich so von einer aussichtsreichen Altersversorgung in eine wirtschaftliche Belastung, die mit hohen Verlusten verbunden ist. 

Der Arzt ist dem aber nicht völlig schutzlos ausgeliefert. Ihm bieten sich zwei Angriffspunkte: falsche Versprechungen im Prospekt oder eine fehlerhafte Anlageberatung

Traue keinem Prospekt

Unternehmen werben mit Hilfe von Prospekten für die Beteiligungen. In diesen stellen sie das geplante oder bestehende Unternehmen vor. Da das Prospekt für den Laien oft die einzige Entscheidungshilfe ist, haben die Gerichte bestimmte Mindestanforderungen für Prospekt formuliert und festgelegt, wie das Prospekt über Risiken des Projektes aufklären muss und wie der Prospektherausgeber für Fehler des Prospektes haftet. In zigtausenden von Prospekthaftungsverfahren haben Anleger mit unterschiedlichem Erfolg gegen Prospektherausgeber auf Schadensersatz geklagt. Der betroffene Arzt sollte daher das Prospekt zur Hand nehmen und schauen, ob ihm die Risiken verdeutlicht wurden.

Anlageberater haben oft keinen guten Leumund

Der Begriff des Anlageberaters oder Investors etc. ist nicht geschützt. Auf dem grauen Kapitalmarkt tätige Berater (Finanzanlagenvermittler) bedürfen nur einer Gewerbeanmeldung und werden nicht durch das Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sondern nur durch das Ordnungsamt überwacht. Jeder kann sich so nennen. Eine gesonderte Ausbildung ist nicht erforderlich. Der Kunde kann daher nicht wissen, ob sein Gegenüber qualifiziert ist.

Geprellte Anleger ziehen vor Gericht

Aber der Arzt ist nicht ohne Schutz. Auch der Anlageberater bzw. Finanzanlagenvermittler kann haften. Zwischen dem Anlageberater und dem Arzt besteht ein Beratungsvertrag. Dieser verpflichtet den Berater grundsätzlich, dem Arzt nur das zu vermitteln, was zu seinem Anlageverhalten und seiner Risikobereitschaft passt und ihn über die Risiken aufzuklären. Wer einem Arzt, der eher risikoscheu und konservativ ist und bisher nur risikoarme Anlageformen wie z.B. Festgeld oder Bauparverträge nutzte, einen asiatischen Schiffsfonds empfiehlt, kann durchaus wegen eines Beratungsfehlers auf Schadensersatz haften. Die Anlageberater und -vermittler versuchen dies zu umgehen, indem sie etwa keine schriftlichen Verträge mit den Ärzten schließen, sich hinter Gesellschaften mit beschränkter Haftung verbergen oder Haftungsausschlüsse in die Verträge einzubauen versuchen. Dies ist mal mehr, mal weniger erfolgreich. Gerade rechtsschutzversicherte Ärzte sollten prüfen lassen, ob Prospektfehler oder Falschberatungen vorliegen. 

Vorsicht bei Unternehmenbeteiligungen auf dem grauen Kapitalmarkt

Allgemein sollten nur Profis und Kenner des jeweiligen Marktes sich im grauen Kapitalmarkt beteiligen. Sie können das Risiko vermindern, indem sie selbst sich als Gesellschaft beschränkter Haftung beteiligen und nicht als natürliche Person. Ärzte sollten regelmäßig die Hände davon lassen. Wenn Ärzte in diesem Bereich investieren, sollten sie dies nur mit "Spielgeld" tun und nicht mit größeren Geldbeträgen, die zur Altersvorsorge dienen sollen.

Gute Anlageberatung kostet Geld, spart aber auch Geld

Der Arzt sollte sich nur von jemandem beraten lassen, der eine Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nach § 32 KWG besitzt. Ein guter Anlageberater wird auch regelmäßig nur gegen Honorar tätig. Windige Gesellen dagegen verlangen eine Provision, die sie dann oftmals vom Unternehmen erhalten. Leider gibt es kein zentrales Beschwerderegister für "schwarze Schafe". Überdies ist die Bezahlung oft auch intransparent - der Arzt weiss dann nicht, wieviel die Beratung kostet und wer sie bezahlen wird. Das sollte schon ein erstes Alarmzeichen sein. In keinem Fall sollten Beteiligungen kurzfristig gezeichnet werden - jede Hektik, Eile oder Zeitnot sollte bei dem Arzt Mißtrauen auslösen. Wenn ein vermeintlich interessantes Anlageprojekt gefunden ist, ist ein "second look" auch hier ratsam. 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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