(14.9.2017) Geringfügige Mängel in der Ausbildung stehen der Erteilung einer Approbation für eine iranische Ärztin nicht entgegen. Zu Ihren Gunsten sind Fortbildungen und Hospitationen in Deutschland als lebenslanges Lernen zu berücksichtigen (Verwaltungsgericht Köln, Urteil vom 22.8.2017 – 7 K 2719/15).

Approbationsurkunde eines ArztesDer Fall:

Wegen fehlendem theoretischen Wissen vom Bereich Allgemeinmedizin wies die zuständige Behörde den Antrag einer iranischen Ärztin mit jahrelanger Berufserfahrung im Ausland auf Erteilung einer ärztlichen Approbation ab.

Auf die Klage der iranischen Ärztin hin verpflichtete das Verwaltungsgericht Köln die Behörde nun, der Ärztin die begehrte Approbation zu erteilen.

Begründung:

Weist Vieles darauf hin, dass allenfalls geringfügige, nicht wesentliche Unterschiede in der allgemeinmedizinischen Ausbildung zu verzeichnen sind, wird ein etwa vorhandenes Defizit in der Wertigkeit nach Überzeugung der Kammer jedenfalls durch Berufserfahrung und lebenslanges Lernen ausgeräumt. Maßgebliche Bedeutung misst das Gericht dabei der Arbeit zu, die die Klägerin als praktische Ärztin in der Zeit von November 2002 bis Anfang Juni 2004 mit etwa zweimonatiger Unterbrechung im Iran verrichtet hat. Der Inhalt der Tätigkeit erscheint geeignet, etwaige Defizite der universitären Wissensvermittlung aufzuwiegen. Dabei ist es unschädlich, dass die Klägerin nicht als Fachärztin für Allgemeinmedizin beschäftigt war. Ihre Arbeit als praktische Ärztin im Iran war der einer hausärztlichen Tätigkeit zumindest weitgehend angenähert. Schließlich ist davon auszugehen, dass die Klägerin bei Fortbildungen im Bundesgebiet, namentlich bei ihrer Hospitation in einer hausärztlichen Praxis, die akademische Lehrpraxis der Universität zu Köln ist, ihr Wissen in einer Form vertieft hat, die als lebenslanges Lernen berücksichtigungsfähig ist.

Praxisanmerkung:

Hospitationen sind dann zum Ausgleich eines Mangels in der Ausbildung geeignet, wenn der Arzt während der Hospitation auch ärztlich tätig war (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11. Juli 2016 – 13 A 897/15). Wer dagegen nur durch Dabeisein bei fremden ärztlichen Behandlungen anwesend war, kann die Hospitationen nicht zum Ausgleich einsetzen. Der Bewerber sollte sich also seine Hospitationen gut auswählen und darauf achten, dass in seinem Hospitation-Zeugnis vermerkt ist, ob er auch praktisch (sprich am Patienten) tätig war. Es ist auch sinnvoll, eine vorläufige Berufserlaubnis für die Dauer der Hospitation zu beantragen.

Die Zahl der ausländischen Berufsabschlüsse, die in Deutschland anerkannt werden, ist deutlich gestiegen. Dies ist eine Folge der Zuwanderung. Aber auch der Bedarf an Arbeistkräften ist gestiegen. Insgesamt wurden während des vergangenen Jahres 27.270 Anerkennungsverfahren bearbeitet. Die weitaus meisten Verfahren betrafen wie in den Vorjahren medizinische Gesundheitsberufe. Aus dieser Berufsgruppe stammten allein 19.869 der 2016 bearbeiteten Verfahren, darunter jeweils etwa 8.000 Pflegekräfte und Ärzte, wie die FAZ berichtet. Wie der vorliegende Fall zeigt, setzen die Behörden gleichwohl immer noch strenge Maßstäbe bei der Prüfung der Gleichwertigkeit der ausländischen mit den deutschen Berufsabschlüssen an. 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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