(13.2.2018) Spiegelt ein Arzt der Patientin vor der Operation (Bauchdeckenstraffung) vor, dass er für den operativen Eingriff einen Anästhesisten hinzuziehen werde, obwohl er dies von vornherein nicht vorhatte und belässt er die Patientin nach deren postoperativen Herzstillstand und der Reanimation über einen Zeitraum von fast sieben Stunden in seiner Praxis, obwohl er wusste, dass eine erhebliche Gefahr bestand, dass ihr Gehirn nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt war, so ist er unwürdig für die ärztliche Tätigkeit und seine Approbation kann widerrufen werden. Diesem Widerruf der Approbation steht nicht entgegen, dass das Landgericht Berlin gegen den Kläger im Rahmen des Strafverfahrens (auch) ein beschränktes und befristetes Berufsverbot nach § 70 StGB verhängt hat, weil dieses Verbot sich nicht mit der für die Feststellung der (approbationsrechtlichen) Unwürdigkeit entscheidenden Frage befasst, ob das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Berufsstand nachhaltig erschüttert würde, wenn das Verhalten des Klägers für den Fortbestand seiner Approbation folgenlos bliebe (Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 17. Januar 2018 – 14 K 176.15).

Ärztin während der OperationTenor:

  • Die Klage wird abgewiesen.
  • Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
  • Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der 1950 geborene Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Approbation als Arzt.

Ihm wurde am ... 19xx die ärztliche Approbation erteilt. In der Folgezeit war er zwei Jahre als Assistenzarzt an der ...Unfallklinik in Y tätig, wo er mit der plastischen Chirurgie befasst war. Ab 1979 arbeitete er zunächst als Assistenzarzt und später als Stationsarzt in der Unfallchirurgie des chirurgischen Zentrums der medizinischen Hochschule in Z. Er sammelte dort unter anderem Erfahrungen in der Primärversorgung von Schwerverletzten am Unfallort, insbesondere der Reanimation und Stabilisierung bis hin zur chirurgischen Versorgung und postoperativen Betreuung sowie Rehabilitation. Zu der Tätigkeit gehörte auch eine intensive Ausbildung in der fachbezogenen Anästhesie, d.h. lokale und regionale Anästhesien, die für notfallchirurgische Eingriffe benötigt werden. Mit seinem Oberarzt wechselte er 1984 an das Universitätsklinikum P, wo er beim Aufbau der Intensivstation im damals neuen Zentrum für Chirurgie half und anschließend zehn Jahre als Oberarzt in der Unfallchirurgie tätig war. Auch in dieser Zeit gehörten die Erstversorgung von Schwerverletzten und ihre weitere Betreuung zu seinen Aufgaben. Zudem führte er viele Lokal- und Regionalanästhesien ohne Anästhesisten durch. Im Jahr 19xx habilitierte er im Fach Unfallchirurgie. Als Privatdozent bildete er Studenten in diesem Fach aus. 19xx gründete er als ambulant praktizierender Chirurg eine chirurgische Tagesklinik in X. Hier führte er zahlreiche plastische Eingriffe durch, darunter auch viele so genannte Schönheitsoperationen.

Am 1. März 2010 verurteilte das Landgericht Berlin den Kläger wegen Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit versuchtem Totschlag zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten und untersagte ihm für die Dauer von vier Jahren, die Tätigkeit eines niedergelassenen Chirurgen, Sportmediziners und Arztes im Rettungsdienst auszuüben [(535) 1 Kap Js 721/06 Ks (15/08)].

Das Landgericht Berlin traf zum Tathergang unter anderem die folgenden Feststellungen.

Die damals 49 Jahre alte gesunde Frau S. habe sich im März 2006 entschlossen, in der Praxis des Klägers eine Bauchdeckenstraffung mit einer Fettabsaugung und einer Behebung eines Narbenbruches im Unterbauch vornehmen zu lassen, um eine Verbesserung ihrer Figur zu erzielen. Frau S. sei in einem altersentsprechend guten Gesundheitszustand gewesen. Obwohl der Kläger gewusst habe, dass die Durchführung dieser Operation einen komplexen, mehrstündigen Eingriff darstelle, der ohne Anästhesisten nicht dem geltenden ärztlichen Standard entspreche, habe er von vornherein beabsichtigt, keinen Anästhesisten hinzuzuziehen. Hierüber habe er Frau S. aber nicht belehrt, sondern ihr vielmehr im Rahmen der Vorbesprechungen vorgespiegelt, dass bei der Operation ein Anästhesist zugegen sein werde. Die Patientin hätte in eine Operation ohne Beisein eines Anästhesisten nicht eingewilligt. In den Tagen vor der Operation sei sie besorgt und beunruhigt gewesen, weil sie noch kein Gespräch mit einem Anästhesisten geführt hätte. Der Kläger habe sie daraufhin beruhigt und darauf hingewiesen, dass der Anästhesist nur am Tag der Operation in der Praxis zugegen sei und er etwaige Fragen der Patientin betreffend die Anästhesie an diesen weiterleiten könne.

Am Morgen des 30. März 2006 sei Frau S. in Begleitung ihres Ehemannes in der Praxis des Klägers erschienen, um den Eingriff durchführen zu lassen. Auf ihre Frage, wo der Anästhesist sei, habe eine der Arzthelferinnen geantwortet, dass „dies der Doktor gleich mache“. Gegen 8 Uhr habe die Patientin zunächst Mittel zur Beruhigung und Entspannung erhalten. Anschließend sei sie im Operationssaal an einen EKG- und Pulsmonitor angeschlossen worden. Ferner seien ihr eine Blutdruckmanschette und ein Pulsoximeter angelegt worden. Diese Standardüberwachung diene dazu, fortlaufend Auskunft über die Frequenz des Herzschlages, den Erregungsablauf des Herzens, den Blutdruck und die Sättigung des Blutes mit Sauerstoff zu geben. Die Blutgaswerte der Patientin, anhand derer eine genaue Bestimmung der Sauerstoffversorgung des Gehirns mit Sauerstoff möglich sei, seien nicht ermittelt und überwacht worden. Nachdem gegen 8:40 Uhr eine Analgosedierung bei der Patientin eingeleitet worden sei, habe der Kläger, der sowohl für die mehrstündige Operation als auch für die Durchführung und Überwachung der Anästhesie verantwortlich gewesen sei, um 8:50 Uhr eine Periduralanästhesie in Höhe des 7. - 8. Brustwirbelkörpers angelegt und einen Periduralkatheter platziert. Um 9 Uhr habe er mit der Operation begonnen und die fettabzusaugenden Bauchareale mit einer Tumeszenslösung (Flüssigkeit zur örtlichen Betäubung des Operationsgebiets) in unbekannter Menge gefüllt. Bei der Operation seien ferner drei Arzthelferinnen anwesend gewesen, von denen eine im Abstand von zehn Minuten den Blutdruck und die Puls- / Herzfrequenz dokumentiert habe. Die Messwerte der peripheren Sauerstoffsättigung seien zu keinem Zeitpunkt niedergelegt worden.

Operative Probleme seien nicht aufgetreten. Allerdings habe der Kläger die Patientin im Laufe des Eingriffs nachbetäubt, da sie unruhig geworden sei. Am Ende der Operation beim Schließen der Wunde sei es bei ihr zu einem Herzkreislaufstillstand nicht feststellbarer Ursache gekommen. Der Kläger habe daraufhin mit ihrer Reanimation mittels einer Herzdruckmassage begonnen. Während der Herzmassage habe Frau S. erbrochen, so dass zunächst ihr Mund- und Rachenraum habe gesäubert werden müssen. Sodann habe der Kläger die Herzmassage fortgesetzt. Eine endotracheale Intubation und Beatmung der bewusstlosen Patientin sei nicht erfolgt. Vielmehr sei ihr lediglich unter Einsatz eines Guedel-​Tubus, der nur zum Offenhalten der Atemwege diene und nicht vor Aspiration schütze, mittels einer Maske Sauerstoff zugeführt worden. Parallel seien ihr Medikamente verabreicht worden. Dem Kläger sei es gelungen, ihr Herz wieder zum Schlagen zu bringen; über Kammerflimmern und –flattern sei ein tachykarder (beschleunigter) Herzrhythmus erreicht worden. Gegen 13 Uhr habe sich die Frequenz wieder im Normbereich befunden, jedoch habe der Blutdruck in der Zeit zwischen 12:20 Uhr und 13:20 Uhr mit Werten zwischen 60/40 und 80/40 mmHg im hypotonen (zu niedrigen) Bereich gelegen. Zudem habe die Patientin ihr Bewusstsein nicht wiedererlangt. Dem Kläger sei aufgrund seiner Ausbildung und langjährigen Berufserfahrung in der Rettungs- und Intensivmedizin völlig klar gewesen, dass nach Wiedereintritt des Herzschlages seine bewusstlose, aber transportfähige Patientin jetzt dringend und schnellstmöglich mit einem entsprechend ausgestatteten Rettungswagen in Begleitung eines Notarztes auf die nächstgelegene Intensivstation hätte verbracht werden müssen. Er habe gewusst, dass nach akutem Herzkreislaufstillstand, dessen Ursache unbekannt gewesen sei, unter anderem die Gefahr einer schädigenden und möglicherweise zum Tode führenden Sauerstoffunterversorgung des Gehirns – zumal nach Erbrechen der Patientin und zu niedrigen Kreislaufwerten – besonders groß gewesen sei und nur die unverzügliche Verständigung eines Notarztes und Verlegung in ein Krankenhaus eine ausreichende Sauerstoffversorgung sowie Diagnostik und damit eine adäquate Behandlung hätte sicherstellen können. Dies habe umso mehr gegolten, da er, wie er wusste, nicht habe feststellen können, ob das Gehirn der Patientin ausreichend mit Sauerstoff versorgt gewesen sei, und er sich darüber im Klaren gewesen sei, dass bei ohnehin schon akuter Lebensgefahr sich das Risiko, dass Frau S. schwere, zum Tode führende Schäden davontragen könne, von Minute zu Minute erhöht habe. Gleichwohl habe er die bewusstlose Patientin über einen Zeitraum von fast sieben Stunden im Operationssaal seiner Praxis liegen lassen, und zwar weiterhin ohne die zwingend notwendige endotracheale Intubation, die allein die ausreichende Versorgung des Gehirns der Patientin mit Sauerstoff hätte sicherstellen können. In dieser Zeit habe sie spontan geatmet und Infusionen und blutdrucksteigernde Medikamente erhalten. Der Kläger habe zunächst noch gehofft, dass Frau S. nach dem Abklingen der Narkose erwachen und ihr Bewusstsein vollständig wiedererlangen werde. Spätestens im Laufe des Nachmittags habe er die nahe liegende Möglichkeit erkannt, dass sie ohne Hinzuziehung eines Notarztes bzw. sofortige Verbringung auf die Intensivstation eines Krankenhauses versterben würde. Gleichwohl habe er sie weiterhin in der Praxis belassen, und zwar unter anderem deshalb, weil er bei Bekanntwerden des schweren Zwischenfalles neben dem Ansehensverlust um seine berufliche und wirtschaftliche Existenz gefürchtet habe, zumal ihm klar gewesen sei, dass er die Patientin nach der gelungenen Wiederbelebung nur unzureichend behandelt habe. Ihr Tod sei ihm zwar weiterhin unerwünscht gewesen, er habe ihn aber billigend in Kauf genommen.

Dem Ehemann der Patientin habe der Kläger über eine seiner Arzthelferinnen gegen 15 Uhr wahrheitswidrig am Telefon ausrichten lassen, dass sie nach der Operation aufgewacht und alles in Ordnung sei, sie aber immer wieder einschlafe und er – der Ehemann – deshalb nicht mir ihr sprechen könne. Ferner solle der Ehemann die Patientin entgegen der zuvor getroffenen Absprache nicht abholen, sondern sie solle mit einem Krankentransport nach Hause gebracht werden. Gegen 18 Uhr habe der Kläger dem Ehemann fernmündlich mitgeteilt, dass mit der Patientin alles in Ordnung sei, sie aber immer wieder einschlafe und er sie deshalb über Nacht in ein Krankenhaus bringen wolle. Um 18:30 Uhr habe sich der Kläger telefonisch im Sankt Gertrauden-​Krankenhaus bei einer Ärztin erkundigt, ob dort ein Bett auf der Intensivstation zur Verfügung stehe, und mitgeteilt, dass seine Patientin nach einer Periduralanästhesie und einer Bauchdeckenoperation nicht richtig aufwache. Die Frage der Ärztin nach einem Anästhesisten habe er offen gelassen, den Herzstillstand nicht erwähnt; von einem Notfall sei keine Rede gewesen. Als er infolge der vorgerückten Zeit keine andere Wahl mehr gesehen habe, als Frau S. ins Krankenhaus bringen zu lassen, habe er erst gegen 19:10 Uhr telefonisch wiederum ohne Hinweis auf einen Notfall bzw. eine erfolgte Reanimation einen Krankentransportwagen ohne intensivmedizinische Ausstattung angefordert. Auf den Hinweis des zuständigen Disponenten, dass die Anfahrt etwa 45 Minuten dauern könne, habe er erklärt, dass er damit einverstanden sei. Kurz darauf habe er telefonisch den Ehemann der Patientin informiert, dass diese ins St. Gertrauden-​Krankenhaus verbracht werde, und ihm nochmals versichert, dass alles normal verlaufen sei.

Die Rettungssanitäter seien gegen 19:45 Uhr in der Praxis des Klägers eingetroffen, hätten sofort den Ernst der Lage erkannt und seien entsetzt über den Zustand der bewusstlosen Patientin gewesen. Den Einwand eines der Rettungssanitäter, dass statt eines Krankentransportwagens ein Notarztwagen das richtige Transportmittel sei, habe der Kläger mit der Bemerkung zurückgewiesen, dass er den Transport schließlich begleiten werde. Um nicht noch mehr Zeit zu verlieren, hätten es die Rettungssanitäter dabei belassen und die Patientin in Begleitung des Klägers in das Sankt Gertrauden-​Krankenhaus gebracht. Auf die Bitte des einen Rettungssanitäters an den Fahrer, Sonderrechte im Straßenverkehr einzusetzen, habe der Kläger bemerkt, dies könne er tun, müsse dafür aber selbst die Verantwortung übernehmen.

Gegen 20 Uhr sei Frau S. im Krankenhaus aufgenommen worden. Infolge der Sauerstoffunterversorgung des Gehirns in der Tagesklinik des Klägers habe bei ihr zu diesem Zeitpunkt eine schwere posthypoxische Hirnschädigung vorgelegen, durch die sich ein bereits induziertes Hirnödem in den kommenden Stunden entwickelt habe. Die Patientin habe zu diesem Zeitpunkt keine ernsthaften Überlebenschancen mehr gehabt und sei tief komatös gewesen. Sie sei durch den behandelnden Arzt umgehend endotracheal intubiert worden, und es sei eine intensivmedizinische Behandlung eingeleitet worden. Dabei hätten die von dem schlechten Zustand der Patientin überraschten Ärzte im Krankenhaus völlig unzureichende Informationen vom Kläger erhalten. Im Rahmen der mündlichen Übergabe der Patientin auf der Intensivstation habe er gegenüber dem Oberarzt zwar angegeben, dass bei ihr im Rahmen einer Bauchdeckenoperation eine Nachbetäubung erforderlich gewesen sei, es danach zu einem Kreislaufzusammenbruch gekommen und sie jetzt schläfrig sei. Er habe aber weder den vorangegangenen Herzstillstand und die daraufhin eingeleitete Reanimation noch das Erbrechen während der Wiederbelebung erwähnt. Darüber hinaus habe er keine Krankenunterlagen übergeben und nicht mitgeteilt, welche Medikamente der Patientin verabreicht worden seien. Vielmehr habe er lediglich die nicht aussagekräftige dritte Seite des Narkoseprotokolls für die Zeit von 14:55 – 19 Uhr überreicht, eine Mobilfunktelefonnummer hinterlassen, sich die Faxnummer des Krankenhauses notiert und sich sogleich entfernt. Noch am selben Abend habe der im Krankenhaus behandelnde Arzt mehrfach versucht, den Kläger über die hinterlassene Telefonnummer zu erreichen, es sei aber jeweils die Mailbox angesprungen. Der Kläger habe nicht zurückgerufen; auch auf Kurznachrichten des behandelnden Arztes habe er nicht reagiert. Seine gegenüber den Ärzten im Krankenhaus abgegebene Zusage, die kompletten Patientenunterlagen sofort zu übersenden, habe er nicht eingehalten. Erst am 3. April 2006 habe er dem Ehemann der Patientin, nachdem dieser mit der Einschaltung der Polizei gedroht hätte, die Kopie des Operationsberichtes einschließlich des Narkoseprotokolls ausgehändigt.

Die im Sankt Gertrauden-​Krankenhaus von den dort behandelnden Ärzten bei Frau S. vorgenommenen Maßnahmen hätten ausnahmslos dem ärztlichen Standard entsprochen. Infolge der in der Praxis des Klägers verursachten globalen hypoxischen Hirnschädigung und des sich daraus entwickelnden schweren Hirnödems sei Frau S. am 12. April 2006 an den Folgen einer globalen Hirnsubstanzerweichung verstorben. Sie habe das Bewusstsein im Krankenhaus nicht wiedererlangt. Wann genau die irreversible und zum Tode führende Schädigung der Frau S. nach der Wiederbelebung in der Praxis des Klägers eingetreten sei, habe nicht sicher geklärt werden können. Wäre sie nach der Wiederbelebung sofort in ein Krankenhaus verbracht worden, so hätte sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit überlebt, zumindest aber eine nicht unerhebliche Zeit länger gelebt.

Die Verwirklichung einer Körperverletzung durch den Kläger begründete das Landgericht damit, dass er Frau S. ohne wirksame Einwilligung operiert habe. Dies zum einen deshalb, weil er sie über die Beteiligung eines Anästhesisten getäuscht habe. Zum anderen habe er sie nicht darüber aufgeklärt, dass die Durchführung des Eingriffs unter Verwendung einer Periduralanästhesie mit Analgosedierung ohne Anästhesisten nicht dem Stand der medizinischen Wissenschaft entspreche, was er gewusst habe. Bei ordnungsgemäßer Aufklärung hätte Frau S. nicht in die tatsächlich durchgeführte Operation ohne Anästhesisten eingewilligt. Durch die Körperverletzung habe er den Tod der Patientin fahrlässig herbeigeführt. Grob fahrlässige Handlungen des im Sankt Gertrauden-​Krankenhauses behandelnden Personals, die den Zurechnungszusammenhang unterbrechen könnten, lägen nicht vor. Die Todesfolge sei für den Kläger auch vorhersehbar gewesen.

Mit Urteil vom 7. Juli 2011 (5 StR 561/10) hob der Bundesgerichtshof das Urteil des Landgerichts Berlin gegen den Kläger vom 1. März 2010 auf, hielt es indes hinsichtlich der Feststellungen zum objektiven und subjektiven Tathergang, die zur Begründung des Verbrechens der Körperverletzung mit Todesfolge getroffen wurden, sowie der Feststellungen zu den objektiven Tatumständen im Übrigen aufrecht und verwies die Sache zur erneuten Prüfung des Tötungsvorsatzes und der Mordmerkmale Verdeckungsabsicht und niedrige Beweggründe sowie zur Rechtsfolgenbestimmung an das Landgericht zurück. Der Bundesgerichtshof führte hierzu insbesondere aus, der Kläger selbst habe in seiner Einlassung eingeräumt, die Patientin S. nicht darüber aufgeklärt zu haben, dass die Hinzuziehung eines Anästhesisten medizinisch geboten gewesen wäre. Dies rechtfertige die Annahme eines durchgreifenden Aufklärungsmangels. Fehlerfrei habe das Landgericht festgestellt, dass die Patientin im Falle einer vollständigen Aufklärung und Unterrichtung darüber, dass ein Anästhesist nicht hinzugezogen werde, die Vornahme der OP abgelehnt hätte. Dies führe zur Bewertung des Eingriffs als Körperverletzung. Die Annahme eines bedingten Tötungsvorsatzes halte der revisionsrechtlichen Prüfung aber nicht stand. Lediglich wegen der vom Landgericht angenommenen Tateinheit mit versuchtem Totschlag müsse der Schuldspruch wegen Körperverletzung mit Todesfolge vor diesem Hintergrund entfallen, obwohl dieser auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen bedenkenfrei sei, weil das verwirklichte Risiko vom Schutzzweck der verletzten Aufklärungspflicht umfasst sei.

Am 16. Dezember 2011 verurteilte das Landgericht Berlin den Kläger wegen Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit versuchtem Mord durch Unterlassen zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten und verbot ihm für die Dauer von fünf Jahren die Tätigkeit eines Arztes für Humanmedizin [(540) 1 Kap Js 721/06 Ks (12/11)]. Das Landgericht stellte fest, dass im Strafverfahren der Anspruch des Klägers auf eine Verhandlung in angemessener Frist verletzt worden, eine über diese Feststellung hinausgehende Kompensationsentscheidung aber nicht veranlasst sei. Mit Beschluss vom gleichen Tage sprach es ihm gegenüber ein vorläufiges Berufsverbot aus.

Der Bundesgerichtshof änderte mit Beschluss vom 16. August 2012 (5 StR 238/12) den Schuldspruch aus dem Urteil des Landgerichts Berlin vom 16. Dezember 2011 dahingehend, dass der Kläger der Körperverletzung mit Todesfolge schuldig sei. Ferner hob er das Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen ergänzenden Feststellungen auf, soweit es nicht die ergänzenden Feststellungen zur Person des Angeklagten und die Entscheidung zu rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung betraf. Im Übrigen verwarf er die weitergehende Revision des Klägers. Im Umfang der Aufhebung verwies er die Sache wiederum zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurück. Er führte unter anderem aus, dass die Feststellungen des Landgerichts die Annahme des Tötungsvorsatzes nicht trügen. Es sei ausgeschlossen, dass sich in einer erneuten Hauptverhandlung bisher nicht zu Tage getretene Anhaltspunkte finden lassen würden, die geeignet wären, die hier denkbaren, der Annahme eines Tötungsvorsatzes entgegenstehenden Sachverhaltsvarianten auszuschließen. Für die neue Verhandlung wies der Senat darauf hin, dass schon angesichts der besonders gravierenden Verletzung der Aufklärungspflicht und des ärztlichen Standards bei Durchführung der äußerst gefahrenträchtigen Operation sowie in Ansehung der Feststellungen zum grob pflichtwidrigen, rücksichtslosen, ersichtlich von Eigensucht geprägten Nachtatverhalten die Annahme eines minderschweren Falles der Körperverletzung mit Todesfolge als ausgesprochen fernliegend erscheine. Auch werde die erneute Anordnung eines Berufsverbots zwingend geboten sein, die jedoch aus prozessrechtlichen Gründen ihre Grenze in der im ersten Urteil angeordneten Maßregel finden müsse.

Am 13. August 2013 verurteilte das Landgericht Berlin den Kläger wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten und verbot es ihm für die Dauer von vier Jahren, die Tätigkeit eines niedergelassenen Chirurgen, Sportmediziners und Arztes im Rettungsdienst auszuüben [(522) 234 / 1 Kap Js 721/06 Ks (13/12)]. Einen minder schweren Fall der Körperverletzung mit Todesfolge verneinte es und führte dazu unter anderem aus, der Kläger habe seine Berufspflichten durch die völlig unzureichende Aufklärung der Patientin und die Durchführung des gefahrenträchtigen Eingriffs unter Nichtachtung der ärztlichen Standards in besonders schwerer Weise verletzt. Dies gelte auch für sein Nachtatverhalten und die andauernden schweren Folgen der Tat für die Familie der Getöteten. Zu dem entsprechend § 70 Abs. 1 Satz 1 des Strafgesetzbuchs (StGB) verhängten Berufsverbot führte das Landgericht u.a. aus, die zu treffende Ermessensentscheidung sei maßgeblich durch die außerordentlich schwerwiegende Verletzung der ärztlichen Berufspflichten durch den Kläger geprägt. Auch sein Nachtatverhalten habe in nachgerade drastischer Weise nicht den Regeln ärztlicher Kunst entsprochen. Trotz seiner langjährigen beruflichen Tätigkeit mache sein Verhalten deshalb deutlich, dass er zur Ausübung des Berufes eines Arztes (in den genannten Fachrichtungen) charakterlich nicht geeignet sei.

Mit Beschluss vom 10. März 2014 (5 StR 51/14) verwarf der Bundesgerichtshof die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 13. August 2013 als unbegründet.

Mit Bescheid vom 12. Oktober 2010 ordnete das Landesamt für Gesundheit und Soziales wegen des damals noch laufenden Strafverfahrens das Ruhen der Approbation des Klägers als Arzt an. Die dagegen vom Kläger erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Berlin mit Urteil vom 17. April 2013 (VG 14 K 282.10) ab. Das Verfahren endete durch übereinstimmende Erledigungserklärungen der Beteiligten im Berufungszulassungsverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-​Brandenburg, nachdem die strafgerichtliche Verurteilung des Klägers rechtskräftig geworden war.

Das Landesamt für Gesundheit und Soziales hörte den Kläger mit Schreiben vom 26. März 2015 dazu an, dass es beabsichtige, seine Approbation als Arzt zu widerrufen und ihn zur Herausgabe seiner Approbationsurkunde aufzufordern. Der Kläger äußerte sich daraufhin mit Anwaltsschreiben vom 17. April 2015 und machte unter anderem geltend, er habe Frau S. im Vorfeld der Operation umfassend aufgeklärt. Er sei nicht verantwortlich für ihren Tod; dazu hätten vielmehr andere Faktoren geführt. So habe die Patientin ihm bewusst verschwiegen, dass sie sich in einer psychiatrischen Behandlung befunden habe. Sie sei deshalb nicht in der Lage gewesen, die Folgen des Eingriffs zu übersehen. Hätte er dies gewusst, hätte er ihn erst gar nicht durchgeführt. Zudem habe sie ihn arglistig darüber getäuscht, dass sie am Tag der Operation entgegen ihrer Angaben nicht nüchtern gewesen sei. Ein Anästhesist sei während des Eingriffs verfügbar gewesen, denn der mit einem Anästhesisten bestückte Notarztwagen der Berliner Feuerwehr sei in der Suarezstraße stationiert und hätte die Praxis damit innerhalb von drei Minuten Fahrzeit erreichen können. Er sei indes nicht benötigt worden. Die Maskenbeatmung der Patientin im Anschluss an die Operation sei ausreichend gewesen; ein früherer Transport der Patientin ins Krankenhaus habe sich verboten, da zunächst habe abgewartet werden müssen, dass sich ihr Kreislauf stabilisiere. Nachdem dies in den Abendstunden der Fall gewesen sei, sei die Überführung der Patientin ins Krankenhaus mit einem Krankentransportwagen das richtige Transportmittel gewesen, da für den Transport von Patienten nach einer Fettembolie die ruhige Fahrt absolut vorrangig sei. Dem im Krankenhaus behandelnden Oberarzt habe er alle notwendigen Informationen übermittelt; der Oberarzt habe sodann gegenüber seinen Kollegen und dem Ehemann der Patientin bewusst Informationen unterschlagen. In der Folgezeit seien im Sankt Gertrauden-​Krankenhaus gravierende Behandlungsfehler begangen worden.

Am 22. Mai 2015 verhandelte das Landesamt für Gesundheit und Soziales in Anwesenheit des Klägers und seines damaligen Rechtsanwalts mündlich über den beabsichtigten Widerruf der Approbation. Der Kläger wiederholte im Wesentlichen seine schriftsätzlichen Ausführungen und vertrat die Auffassung, die Tatsachenfeststellung im Strafverfahren sei fehlerhaft gewesen und könne von der Behörde daher nicht zugrunde gelegt werden. Er beharrte darauf, dass er die Patientin in „einwandfreiem Zustand“ übergeben habe. Wegen der weiteren Einzelheiten seines Vorbringens in der vom Beklagten durchgeführten mündlichen Verhandlung wird auf das hierüber gefertigte Protokoll Bezug genommen (Band III, Bl. 1117 ff. VV).

Mit Bescheid vom 6. Juli 2015, zugestellt am 10. Juli 2015, widerrief das Landesamt für Gesundheit und Soziales die Approbation des Klägers als Arzt und forderte ihn auf, die Approbationsurkunde zurückzugeben.Zur Begründung führte die Behörde unter anderem aus, aufgrund seines rechtskräftig festgestellten strafbaren Verhaltens in Ausübung des ärztlichen Berufs sei die Approbation zu widerrufen. Er erweise sich aufgrund dessen sowohl als unwürdig als auch als unzuverlässig zur Ausübung des ärztlichen Berufs. Er habe sich eines schwerwiegenden, schuldhaften und unmittelbar in Ausübung des ärztlichen Berufs offenbarten, vertrauenszerstörenden Fehlverhaltens schuldig gemacht. Insoweit könnten die Feststellungen der Strafgerichte zugrunde gelegt werden; durchgreifende Argumente für deren Unrichtigkeit habe der Kläger nicht vorgetragen. Er biete nicht die Gewähr, dass er seinen Beruf in Zukunft ordnungsgemäß ausführen werde. Das vom Landgericht Berlin verhängte Berufsverbot stehe dem Widerruf der Approbation aufgrund der festgestellten Unwürdigkeit und Unzuverlässigkeit des Klägers nicht entgegen. Berufsverbot und Approbationswiderruf dienten völlig unterschiedlichen Zwecken. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen (Band III, Bl. 1120 ff. VV).

Der Kläger hat am 10. August 2015 Klage erhoben. Er bezieht sich auf sein Vorbringen im Rahmen des Verwaltungsverfahrens und trägt unter anderem vor, die einzig wahren und kausalitätstechnisch vom Geschehen in seiner Tagesklinik völlig abgekoppelten Ursachen für den späteren Tod der Frau S. seien im Sankt Gertrauden-​Krankenhaus gesetzt worden. Dort habe sie zwei weitere Herzstillstände erlitten, die völlig unzureichend dokumentiert worden seien. Es sei eine Sepsis gesetzt worden, die tagelang völlig unzureichend behandelt worden sei und schließlich zum Tod geführt habe. Darüber hinaus sei eine massive Diazepam-​Vergiftung gesetzt worden, es seien grobe Fehldiagnosen hinsichtlich der Schädel-​CTs getroffen und es sei eine hirntötende, aber organerhaltende spenderzentrierte Therapie begonnen worden. Hieran sei die Patientin gestorben, nicht an dem schicksalhaften Herzstillstand in seiner Tagesklinik oder aufgrund der Zeitdauer bis zur Verlegung ins Krankenhaus. Die Einzelheiten dieses völligen Versagens des Krankenhauspersonals könnten den Akten des Landgerichts Berlin in dem vom Ehemann der Patientin gegen den Kläger geführten Arzthaftungsverfahren (35 O 265/08) entnommen werden. Danach bestünden tiefgreifende Zweifel an den Feststellungen im Strafverfahren. Insgesamt stelle der deutsche Strafprozess kein rechtsstaatliches Verfahren dar. Der Begriff der Unwürdigkeit entstamme einem Standesdünkel und sei nicht mehr zeitgemäß; die Vorschriften über den Approbationswiderruf verstießen insoweit gegen die verfassungsrechtlich garantierte Berufsfreiheit. Dies sei in einem konkreten Normenkontrollverfahren festzustellen. Er sei auch nicht unzuverlässig. Zwischen den im genannten Zivilrechtsstreit zu Wort gekommenen Gutachtern sei streitig, ob eine sofortige Verlegung der Patientin ins Krankenhaus notwendig gewesen wäre. Selbst wenn insoweit ein ärztlicher Fehler vorliegen sollte, handele es sich jedenfalls um ein erstmaliges Verhalten, für das er subjektiv sehr gute Gründe angegeben habe

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Landesamtes für Gesundheit und Soziales vom 6. Juli 2015 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an dem angegriffenen Bescheid fest und meint, es bestünden weiterhin keine durchgreifenden Zweifel an den strafgerichtlichen Feststellungen. Die Vorschriften über den Widerruf der Approbation wegen Unwürdigkeit stünden mit dem Grundgesetz in Einklang.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und des Verfahrens VG 14 K 282.10, die Akte der Staatsanwaltschaft Berlin [1 Kap Js 721/06 (29208) V], die Akte des Landgerichts Berlin (35 O 265/08) und den Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und – soweit erheblich – Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Der angegriffene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).

I. Rechtsgrundlage für den Widerruf der Approbation als Arzt ist § 5 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Bundesärzteordnung (BÄO). Danach ist die Approbation zu widerrufen, wenn nachträglich die Erteilungsvoraussetzung des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO weggefallen ist, weil sich der Betreffende nach Erteilung der Approbation eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder seine Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergibt.

1. Der Bescheid ist formell rechtmäßig.

Das Landesamt für Gesundheit und Soziales ist im Land Berlin nach § 2 Abs. 4 Satz 1 des Allgemeines Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin - ASOG - in Verbindung mit Nr. 32 des Zuständigkeitskatalogs Ordnungsaufgaben (Anlage zu § 2 Abs. 4 Satz 1 ASOG) unter anderem für die Rücknahme und den Widerruf der Berufserlaubnis für Ärztinnen und Ärzte sachlich zuständig. Die örtliche Zuständigkeit der Behörde ergibt sich aus § 12 Abs. 4 Satz 1 BÄO, wonach Entscheidungen nach § 5 BÄO die zuständige Behörde des Landes trifft, in dem der ärztliche Beruf ausgeübt wird oder zuletzt ausgeübt worden ist. Der Kläger war zuletzt in Berlin als Arzt tätig.

Auch die Erfordernisse des förmlichen Verwaltungsverfahrens, das durch § 4 lit. a des Gesetzes über das Verfahren der Berliner Verwaltung - VwVfG Bln - (in der zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung noch geltenden Fassung des Gesetzes vom 8. Dezember 1976, GVBl. S. 2735, 2898) in Verbindung mit § 1 der Verordnung über das förmliche Verwaltungsverfahren - FörmVfVO - sowie Nr. 11 der Anlage zu § 1 FörmVfVO für den Widerruf der ärztlichen Approbation vorgeschrieben ist, wurden eingehalten. Insbesondere ist die nach § 1 Abs. 1 VwVfG Bln in Verbindung mit § 63 Abs. 2, § 67 Abs. 1 Satz 1 VwVfG im förmlichen Verwaltungsverfahren grundsätzlich erforderliche mündliche Verhandlung ordnungsgemäß durchgeführt worden.

2. Der Approbationswiderruf ist auch materiell rechtmäßig.

Die Voraussetzungen für den Widerruf der ärztlichen Approbation liegen vor. Der Kläger erweist sich zum für die Beurteilung der Widerrufsvoraussetzungen maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. nur Beschlüsse vom 18. August 2011 – BVerwG 3 B 6/11 –, juris Rn. 9, und vom 27. Oktober 2010 – BVerwG 3 B 61/10 –, juris Rn. 8) als unwürdig zur Ausübung des ärztlichen Berufs.

Unwürdigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO liegt vor, wenn der betroffene Arzt auf Grund eines schwerwiegenden Fehlverhaltens nicht mehr das Ansehen und das Vertrauen besitzt, das für die Berufsausübung unabdingbar notwendig ist. Es muss sich um eine gravierende Verfehlung handeln, die bei Würdigung aller Umstände die weitere Berufsausübung im maßgeblichen Zeitpunkt untragbar erscheinen lässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. April 1998, NJW 1999, 3425, 3426), weil sie geeignet ist, das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Berufsstand nachhaltig zu erschüttern, wenn das Verhalten für den Fortbestand der Approbation folgenlos bliebe (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 2011, NJW 2011, 1830, 1831). Der Widerruf der Approbation wegen Unwürdigkeit dient dabei dem Schutz des Ansehens der Ärzteschaft in der Öffentlichkeit mit dem Ziel der Aufrechterhaltung des für jede Heilbehandlung unabdingbaren Vertrauens der Patienten in die Integrität jener Personen, denen die staatliche Erlaubnis zur selbständigen Ausübung der Heilkunde verliehen wurde. Dieses für ein funktionierendes Gesundheitswesen unerlässliche Vertrauen würde zerstört, wenn Ärzte weiter berufstätig sein dürften, obgleich sie ein Verhalten gezeigt haben, das mit dem Berufsbild und den allgemeinen Vorstellungen von der Persönlichkeit eines Arztes schlechthin unvereinbar ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 2011, a.a.O.). Auf den eher zufälligen Umstand, ob und in welchem Umfang in dem jeweiligen Einzelfall das Fehlverhalten des Arztes in der Öffentlichkeit – etwa durch eine entsprechende Berichterstattung in den Medien (wie im vorliegenden Fall) – tatsächlich bekannt geworden ist, kommt es dabei nicht an (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Januar 2003 – BVerwG 3 B 149/02 –, juris Rn. 4; BVerwG, Beschluss vom 6. März 2003 – BVerwG 3 B 10/03 –, juris Rn. 3). Im Gegensatz zum Begriff der Unzuverlässigkeit beinhaltet der Begriff der Unwürdigkeit auch kein auf das zukünftige Verhalten des Arztes bezogenes prognostisches Element (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. November 1992, NJW 1993, 806; BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 2011, a.a.O.).

Durchgreifende Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften über den Widerruf der ärztlichen Approbation wegen Unwürdigkeit bestehen entgegen der Auffassung des Klägers nicht. Der unbestimmte Rechtsbegriff der Unwürdigkeit genügt dem Bestimmtheitsgebot. Die für seine Auslegung maßgeblichen Gesichtspunkte lassen sich hinreichend aus dem Gesamtzusammenhang, insbesondere der dem Arzt zukommenden Aufgabe, der Gesundheit des einzelnen Menschen und des gesamten Volkes zu dienen (§ 1 Abs. 1 BÄO), sowie seinen berufsrechtlichen Pflichten entnehmen. Mit dem für eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung unabdingbaren Vertrauen zwischen Arzt und Patient untrennbar verbunden ist das Schutzgut der Volksgesundheit, in dessen Interesse Patienten die Gewissheit haben müssen, sich dem Arzt als ihrem Helfer uneingeschränkt anvertrauen zu können und nicht etwa durch Misstrauen davon abgehalten werden, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die Volksgesundheit ist ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut, zu dessen Schutz eine subjektive Berufszulassungsschranke nicht außer Verhältnis steht (vgl. zum Vorstehenden BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 8. September 2017 – BVerfG 1 BvR 1657/17 –, juris Rn. 11, 13). Auch entscheidet – anders als der Kläger meint – nach den dargelegten Maßstäben weder die subjektive Meinung Einzelner über sein Ansehen darüber, ob er seinen Beruf weiter ausüben darf, noch ist der Begriff der Unwürdigkeit Ausdruck eines Standesdünkels.Vielmehr unterliegt die Frage, ob ein Arzt durch sein Verhalten nicht mehr das Ansehen und das Vertrauen besitzt, das für die Ausübung seines Berufes unabdingbar nötig ist, und ob er deshalb unwürdig für die Ausübung dieses Berufs ist, objektiven Beurteilungsmaßstäben und ist unabhängig von zufälligen Umständen des Einzelfalles wie mangelnder Kenntnis der Umgebung vom Fehlverhalten oder mangelnder Sensibilität bei dessen Einschätzung zu beantworten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. März 2003, a.a.O.).

Die der rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung des Klägers zugrunde liegenden Feststellungen rechtfertigen die Annahme seiner Berufsunwürdigkeit.

a) Dem auf die Unwürdigkeit gestützten Widerruf der Approbation steht nicht entgegen, dass das Landgericht Berlin gegen den Kläger ein beschränktes und befristetes Berufsverbot nach § 70 StGB verhängt hat. Der Beklagte ist nicht an die diesbezügliche Beurteilung durch das Landgericht gebunden. Er darf allerdings in den Fällen, in denen das Strafgericht im Rahmen einer Maßregel zur Frage der weiteren Berufsausübung bereits Stellung genommen hat, nur tätig werden, soweit der Zweck im Strafverfahren noch nicht erreicht worden und im Sinne eines "Überhangs" tatübergreifender Aspekte noch zusätzlich eine berufsrechtliche Reaktion erforderlich ist. Dafür kommt es maßgeblich darauf an, ob das Strafgericht im Rahmen der Prüfung des Berufsverbots den Sachverhalt unter berufsrechtlichen Gesichtspunkten erschöpfend gewürdigt, alle bedeutsamen Aspekte bereits geprüft und damit die maßgeblichen berufsrechtlichen Erwägungen im Kern vorweggenommen hat (vgl. zum Vorstehenden BVerwG, Urteil vom 28. April 2010 – BVerwG 3 C 22/09 –, juris Rn. 22 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 14. Februar 1963 – BVerwG I C 98.62 –, juris Rn. 11). Dies ist hier im Hinblick auf die für die Beurteilung der Unwürdigkeit maßgeblichen Gesichtspunkte nicht der Fall. Das Landgericht hat zur Begründung des Berufsverbots auf die schwerwiegende Verletzung von Berufspflichten durch den Kläger abgestellt und daraus geschlossen, dass er zur Ausübung des Berufs des Arztes in den vom Gericht benannten Fachrichtungen charakterlich nicht geeignet sei. Es hat sich hingegen nicht mit der für die Feststellung der Unwürdigkeit entscheidenden Frage befasst, ob das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Berufsstand nachhaltig erschüttert würde, wenn das Verhalten des Klägers für den Fortbestand seiner Approbation folgenlos bliebe. Dies war auch nicht Prüfungsmaßstab des Landgerichts, denn für die Anordnung eines Berufsverbots ist gemäß § 70 Abs. 1 Satz 1 StGB maßgeblich, ob die Gesamtwürdigung des Täters und der Tat die Gefahr erkennen lässt, dass er bei weiterer Ausübung des Berufs erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Der Widerrufsgrund der Unwürdigkeit ist danach nicht durch das auf einer Gefahrenprognose beruhende strafrechtliche Berufsverbot „verbraucht“.

b) Die der strafgerichtlichen Verurteilung zugrunde gelegten Feststellungen muss der Kläger auch im vorliegenden Verfahren gegen sich gelten lassen.

Die in einem rechtskräftigen Strafbefehl oder Strafurteil getroffenen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen können regelmäßig zur Grundlage der behördlichen und verwaltungsgerichtlichen Beurteilung von Approbations-​Widerrufen gemacht werden, soweit sich nicht gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit dieser Feststellungen ergeben. Gewichtige Anhaltspunkte in diesem Sinne liegen vor, wenn Wiederaufnahmegründe nach § 359 der Strafprozessordnung (StPO) gegeben sind, insbesondere im Fall der Beibringung neuer Tatsachen oder Beweismittel, die geeignet sind, eine für den Betroffenen günstigere strafrechtliche Entscheidung zu begründen (§ 359 Nr. 5 StPO). Dazu bedarf es der Darlegung substantiierter, nachprüfbarer Umstände, die die Richtigkeit der strafgerichtlichen Feststellungen ernstlich in Zweifel ziehen (vgl. zum Vorstehenden BVerwG, Beschlüsse vom 13. Februar 2014 – BVerwG 3 B 68/13 –, juris Rn. 5, und vom 18. August 2011, a.a.O., juris Rn. 11).

aa) Gemessen daran bestehen keine gewichtigen Zweifel an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts Berlin im Urteil vom 1. März 2010 zur mangelnden Aufklärung der Frau S. durch den Kläger im Vorfeld der Operation sowie zum Geschehen am Tag des Eingriffs. Diese Feststellungen hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 7. Juli 2011 ausdrücklich aufrechterhalten (vgl. hierzu S. 10 und S. 4 ff. des amtlichen Entscheidungsabdrucks - EA -). Sie sind damit in Rechtskraft erwachsen und liegen der rechtskräftigen Verurteilung des Klägers durch das Landgericht Berlin vom 13. August 2013 zugrunde. Wiederaufnahmegründe hat er insoweit nicht dargetan.

Das Landgericht Berlin ist in seinem Urteil vom 1. März 2010 aufgrund der Beweisaufnahme zu dem Schluss gelangt, dass der Kläger bei Frau S. im Vorfeld der Operation den Eindruck erweckt habe, bei dem Eingriff einen Anästhesisten hinzuziehen zu wollen (vgl. zum Ergebnis der Beweisaufnahme insoweit im Einzelnen S. 22 ff. EA). Der Kläger stellt dies nicht substantiiert in Frage; neue Tatsachen oder Beweismittel trägt er nicht vor.

Ausgeschlossen hat das Landgericht im Urteil vom 1. März 2010, dass Frau S. entgegen den Anweisungen des Klägers vor der Operation getrunken hat (vgl. S. 27 EA). Auch insoweit stellt der Kläger nur unsubstantiierte anderslautende Behauptungen auf und bringt keine neuen Tatsachen oder Beweismittel bei. Sein weiteres Vorbringen, die Patientin sei wegen einer ihm verschwiegenen psychiatrischen Behandlung nicht in der Lage gewesen, die Folgen der Operation abzusehen, entbehrt ebenfalls der Tatsachengrundlage. Frau S. befand sich im Jahr 2006 wegen Depressionen in ärztlicher Behandlung und hatte im Vorfeld der Operation Antidepressiva eingenommen, die sie auf den Rat ihrer Ärztin hin vor dem Eingriff abgesetzt hatte. Dass ihr Urteilsvermögen dadurch eingeschränkt gewesen sei, stellt eine nicht belegte Vermutung des Klägers dar. Im Übrigen ist nicht erkennbar, dass eine etwaige – dem Kläger im Übrigen damals gar nicht bekannte – Beeinträchtigung ihres Urteilsvermögens zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Durchführung der Operation Auswirkungen auf die Beurteilung der dem Kläger vorgeworfenen Pflichtverletzungen in Ausübung des ärztlichen Berufs hätte. Er hat insoweit jedenfalls keine Tatsachen dargetan, die i.S.v. § 359 Nr. 5 StPO geeignet wären, eine für ihn günstigere Entscheidung herbeizuführen.

Ebenfalls nicht überzeugend ist die vom Kläger im Strafverfahren aufgestellte und sowohl in dem noch anhängigen Arzthaftungsprozess (35 O 265/08) als auch in der mündlichen Verhandlung im vorliegenden Verfahren weiterhin aufrecht erhaltene Behauptung, Frau S. sei nach dem Eingriff in den frühen Abendstunden ansprechbar gewesen und habe auf Aufforderung die Zunge herausstrecken und leicht die Hand drücken können. Das Landgericht Berlin ist in seinem Urteil vom 1. März 2010 nach ausführlicher Beweiswürdigung, insbesondere aufgrund der entsprechenden Aussagen der am Tag des Eingriffs in der Praxis des Klägers tätigen Arzthelferinnen und der Rettungssanitäter (EA S. 32 ff.), zu dem Ergebnis gelangt, dass die Patientin nach Abschluss der Operation zu keinem Zeitpunkt mehr ansprechbar gewesen sei. Dies stellt der Kläger wiederum nicht substantiiert in Frage; neue Beweismittel benennt er nicht.

Die weitere Behauptung des Klägers, er habe – entgegen der Feststellungen des Landgerichts – dem am Abend der Einlieferung der Patientin im Sankt Gertrauden-​Krankenhaus dort tätigen Oberarzt alle wesentlichen Informationen über den Eingriff übermittelt und das vollständige Narkoseprotokoll übergeben, dieser habe dann aber in der Folgezeit gegenüber den anderen Ärzten des Krankenhauses und dem Ehemann der Patientin die Informationen unterschlagen, ist ebenfalls durch nichts belegt. Dem von ihm in Bezug genommenen Gedächtnisprotokoll des Oberarztes Dr. P. vom 31. März 2006 [vgl. Band I, Bl. 16 f. der Akte der Staatsanwaltschaft Berlin - 1 Kap Js 721/06 (29208) V -] sind zwar Angaben zu zwei der eingesetzten Anästhetika enthalten. Dem Protokoll ist jedoch nicht zu entnehmen, dass der Kläger über die darüber hinaus verabreichten Medikamente informiert hätte. Ebenso wenig finden sich darin Angaben zu einem Herzstillstand, einer durchgeführten Reanimation und einem Erbrechen der Patientin mit wahrscheinlicher Aspiration. Es heißt dort lediglich, dass die Patientin nach Angaben des Klägers gegen Ende der Operation unruhig geworden und ihr erneut ein Lokalanästhetikum zugeführt worden sei, woraufhin sie mit einem deutlichen Kreislaufeinbruch reagiert habe und in der Folge somnolent geblieben sei. Der Kläger habe nur die Kopie des Überwachungsprotokolls vom 15 Uhr bis 19 Uhr übergeben. Das Protokoll bestätigt damit letztlich nur die Feststellung des Landgerichts, der Kläger habe dem Oberarzt völlig unzureichende Informationen überbracht. Etwas anderes folgt – entgegen der Auffassung des Klägers – nicht aus dem vom Kriminaloberkommissar K. am 12. April 2006 abgefassten Leichenbericht [vgl. Band I, Bl. 5 ff. derAkte der Staatsanwaltschaft Berlin - 1 Kap Js 721/06 (29208) V -], in dem dieser aufgrund der Angaben des Oberarztes unter anderem vermerkte, dass Frau S. während der Operation einen Herzstillstand mit Einatmen von Erbrochenem erlitten habe. Der Leichenbericht gibt u.a. den Kenntnisstand des Oberarztes am Tag der Anzeige, dem 12. April 2006, wieder; zu diesem Zeitpunkt lagen diesem der Operationsbericht des Klägers, in dem Herzstillstand, Erbrechen und Wiederbelebung erwähnt sind [vgl. Band I, Bl. 10 ff. der Akte der Staatsanwaltschaft Berlin - 1 Kap Js 721/06 (29208) V -], und das vollständige Narkoseprotokoll inzwischen vor. Dem Vermerk ist hingegen nicht zu entnehmen, dass der Kläger dem Oberarzt Dr. P. diese Umstände bereits am Abend des 30. März 2006 mitgeteilt hätte. Im Übrigen fehlt es auch insoweit am Vortrag neuer Tatsachen bzw. Beweismittel.

bb) Der Kläger vermag ferner nicht durchgreifend in Frage zu stellen, dass die Durchführung des Eingriffs ohne Anästhesisten und das Belassen der Patientin in der Tagesklinik ohne endotracheale Intubation über fast sieben Stunden hinweg im Anschluss an die Wiederbelebung pflichtwidrig gewesen sind. Auch die diesbezüglich vom Landgericht Berlin im Urteil vom 1. März 2010 getroffenen Feststellungen sind in Rechtskraft erwachsen (vgl. das Urteil des BGH vom 7. Juli 2011, EA S. 10 und S. 7 ff.) und liegen der strafgerichtlichen Verurteilung zugrunde. Wiederaufnahmegründe hat der Kläger auch insoweit nicht dargetan.

Das Landgericht Berlin ist in seinem Urteil vom 1. März 2010 aufgrund der von ihm eingeholten Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. B_____ und Prof. Dr. S_____ zu dem Ergebnis gelangt, dass aufgrund der Komplexität des Eingriffs und des gewählten Betäubungsverfahrens die Hinzuziehung eines Anästhesisten zwingend erforderlich gewesen sei (vgl. EA S. 24 ff.). Der Kläger hat diese Bewertung nicht erschüttert. Insbesondere erfüllt die von ihm angeführte Stationierung eines Notarztwagens in der Nähe der Praxis die vom Landgericht dargestellte – und vom Kläger nicht substantiiert in Frage gestellte – Anforderung, während des Eingriffs einen Anästhesisten zumindest in Rufbereitschaft in der Praxis zu haben, nicht ansatzweise. Hiervon abweichende Maßstäbe stellen auch die vom Kläger an anderer Stelle pauschal in Bezug genommenen Gutachten der im beim Landgericht Berlin anhängigen Arzthaftungsprozess (35 O 265/08) beauftragten Sachverständigen nicht auf. Vielmehr geben sowohl der Sachverständige Dr. med. S_____ in seinem chirurgischen Sachverständigengutachten vom 12. Oktober 2010 (Beiakte zu Bl. 70 der Streitakte, S. 4 f. des Gutachtens) als auch der Sachverständige Prof. Dr. S_____ ist in seinem Gutachten vom 13. März 2014 (Beiakte zu Bl. 70 der Streitakte, S. 187 des Gutachtens) an, dass der Eingriff nicht ohne Hinzuziehung eines Anästhesisten hätte durchgeführt werden dürfen.

Ebenso wenig zu beanstanden ist die Annahme des Landgerichts, das Verhalten des Klägers nach der erfolgreichen Reanimation der Patientin verstoße gegen die Regeln der ärztlichen Kunst. Es hat sich insoweit wiederum auf die einhellige Auffassung der beiden Sachverständigen gestützt, eine tracheale Intubation zur Vermeidung einer Sauerstoffunterversorgung oder einer weiteren Aspiration sowie die sofortige Verbringung der transportfähigen Patientin auf die Intensivstation eines Krankenhauses in einem Notarztwagen mit intensivmedizinischer Ausstattung zur sofortigen Diagnostik und adäquaten Behandlung wäre dringend erforderlich gewesen (vgl. Urteil vom 1. März 2010, EA S. 28 ff.). Nach den rechtskräftigen Feststellungen des Landgerichts war dem Kläger dieses Gebot aufgrund seiner Ausbildung und Berufserfahrung bekannt. Gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit dieser Würdigung hat der Kläger nicht dargetan; solche ergeben sich insbesondere nicht aus dem im Arzthaftungsprozess vor dem Landgericht Berlin (35 O 265/08) eingeholten Gutachten oder aus den vom Kläger in Auftrag gegebenen Privatgutachten.

Der vom Landgericht Berlin bestellte Gutachter Prof. Dr. med. S_____ hat sich auch insoweit der Auffassung der Gutachter im Strafverfahren angeschlossen (vgl. S. 233, 235 des Gutachtens vom 13. März 2014). Die vom Kläger bzw. seinen Rechtsanwälten beauftragten Gutachter Dr. med. K_____ (Intensivmedizinisch-​chirurgisches Fachgutachten vom 10. August 2010, Band II, Bl. 844 ff. VV) und Prof. Dr. med. E_____ (kardiologisch-​pneumologisches Gutachten vom 14. Februar 2011, Band II, Bl. 858 ff. VV) gelangen ebenfalls zu dem Schluss, dass die Beobachtung der Patientin in den Praxisräumen nach der Reanimation nicht leitlinienkonformem Verhalten entsprochen habe und eine Intubation der Patientin indiziert gewesen sei. Allein der weiter vom Kläger beauftragte Gutachter Prof. Dr. med. _____ vertritt in seinem neurologischen Gutachten vom 16. April 2011 (Band II, Bl. 883 ff. VV) die Auffassung, die umgehende Einweisung der Patientin in eine Klinik mit Aspirationsschutz wäre nach der Reanimation zwar vorzugswürdig gewesen; die Gründe für die Überwachung in der Praxis seien aber nachvollziehbar und begründeten nicht den Vorwurf der Verzögerung einer wirksamen, leitliniengerechten Therapie. Dies begründet er damit, dass der Kläger von einer massiven Fettembolie bzw. einem Fettemboliesyndrom mit konsekutivem kardialem Schock habe ausgehen müssen; danach sei die Lagerung mit erhobenem Oberkörper geboten gewesen. Es habe die Befürchtung bestanden, dass dies während des Transports nicht möglich sei oder beachtet werde. Für eine Hypothermie, die angesichts der Diagnose auf der Intensivstation durchzuführen gewesen wäre, habe eine relative Kontraindikation bestanden. Diese Ausführungen vermögen indes bereits im Ausgangspunkt nicht zu überzeugen, da die Ursache des Herzstillstands der Patientin unklar war und eine Diagnostik – die in der Praxis des Klägers nicht erfolgen konnte – ausstand. Gerade auch dieser Umstand erforderte nach den strafgerichtlichen Feststellungen die sofortige Verbringung der Patientin ins Krankenhaus, wobei bei entsprechenden Hinweisen an den Notarzt dieser auch eine etwa erforderliche Höherlagerung des Oberkörpers während des Transports hätte gewährleisten können. Nach den rechtskräftigen Feststellungen des Landgerichts Berlin wäre die Patientin im Übrigen auch im Falle einer Fettembolie transportfähig gewesen, die das Landgericht indes als Ursache für den Herzstillstand ohnehin ausgeschlossen hat. Der Kläger selbst ging seinen eigenen Einlassungen im Strafverfahren [vgl. das „Schlusswort gem. § 258 StPO“ vom 14. Januar 2010, Band VII, Bl. 240 der Akte der Staatsanwaltschaft Berlin - 1 Kap Js 721/06 (29208) V -, sowie die Einlassung vom 29. November 2011, Band X, Bl. 97 der Akte der Staatsanwaltschaft Berlin - 1 Kap Js 721/06 (29208) V -] und gegenüber dem Beklagten (vgl. S. 7 des Anwaltsschreibens vom 8. April 2011, Band II, Bl. 737 VV) zufolge am Tag des Eingriffs gerade nicht davon aus, dass eine Fettembolie vorliege, sondern vermutete eine anaphylaktische Reaktion auf ein verabreichtes Medikament. Darüber hinaus beruht das Gutachten vonProf. Dr. med. P_____– wie auch die anderen in Bezug genommenen Privatgutachten – insoweit auf falschen Tatsachen, als es zugrunde legt, der Zustand der Patientin habe sich in der Praxis verbessert und sie habe gezielt auf Ansprache reagiert. Die Aussagekraft der Privatgutachten hinsichtlich der Beurteilung der erforderlichen Nachbehandlung der Patientin ist damit zumindest erheblich eingeschränkt.

Jedenfalls aber stellen die vom Kläger beauftragten Sachverständigen keine „neuen“ Beweismittel im Sinne des § 359 Abs. 5 StPO dar. Ein weiterer Sachverständiger als solcher ist nämlich grundsätzlich kein neues Beweismittel, selbst wenn er zu anderen Schlussfolgerungen oder anderen Bewertungen gelangt (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Dezember 1992 – StB 6/92 –, juris Rn. 22). Ein weiterer Sachverständiger, der einem anderen Fachgebiet als der frühere Sachverständige angehört, auf anderes Erfahrungswissen zurückgreifen kann oder über Forschungsmittel verfügt, die denen des Erstgutachtens überlegen sind, kann dann ein neues Beweismittel sein, wenn eine Beweiserhebung durch einen solchen weiteren Sachverständigen für die entscheidungserhebliche Frage erfolgversprechend erscheint (BGH, Beschluss vom 3. Dezember 1992, a.a.O., juris Rn. 23). Dies ist hier nicht der Fall. Dass die vom Kläger beauftragten Sachverständigen hinsichtlich der Beurteilung der erforderlichen Nachbehandlung der Patientin in der Praxis gegenüber den Gutachtern im Strafverfahren über überlegenes Erfahrungswissen oder überlegene Forschungsmittel verfügten, ist weder dargetan noch sonst erkennbar. Jedenfalls ist eine Beweiserhebung durch sie nach den vorstehenden Ausführungen nicht erfolgversprechend; die Vorprüfung der Gutachten ergibt nicht, dass sie zugunsten des Klägers wirken könnten.

cc) Auf die Einwendungen des Klägers gegen die Feststellung des Landgerichts, die Behandlung der Frau S. im Krankenhaus habe den Regeln der ärztlichen Kunst entsprochen, kommt es vorliegend nicht entscheidungserheblich an. Seine Unwürdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs folgt aus den ihm vorzuwerfenden schwerwiegenden Verstößen gegen die ärztlichen Berufspflichten (vgl. dazu im Einzelnen nachfolgend unter c). Sie ist unabhängig von der Frage zu bejahen, ob er dadurch zurechenbar den Tod der Patientin verursacht hat.

c) Der Kläger ist unwürdig zur Ausübung des ärztlichen Berufs. Er hat gravierende Verfehlungen begangen, die bei Würdigung aller Umstände die weitere Berufsausübung durch ihn im maßgeblichen Zeitpunkt als untragbar erscheinen lassen.

Nach den rechtskräftigen Feststellungen des Strafgerichts spiegelte er Frau S. vor, dass er für den operativen Eingriff einen Anästhesisten hinzuziehen werde, obwohl er dies von vornherein nicht vorhatte. Ihm war aufgrund seiner Ausbildung und seiner langjährigen Berufserfahrung bewusst, dass die Durchführung des Eingriffs ohne Anästhesisten nicht den ärztlichen Standards entsprach. Nach dem Herzstillstand und der Reanimation der Patientin beließ er diese über einen Zeitraum von fast sieben Stunden in seiner Praxis, obwohl er wusste, dass eine erhebliche Gefahr bestand, dass ihr Gehirn nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt war. Auch war ihm bekannt, dass zur Sicherstellung einer sofortigen Diagnostik und sachgerechten Therapie die umgehende Verlegung mit einem Notarztwagen auf die Intensivstation eines Krankenhauses geboten gewesen wäre. In diesem Zeitraum täuschte er den Ehemann der Patientin wiederholt über den Zustand der nicht ansprechbaren Patientin, indem er mitteilte bzw. mitteilen ließ, es sei „alles in Ordnung“ und sie sei bereits erwacht. Der von ihm veranlasste Transport der Patientin ins Krankenhaus in einem Krankentransportwagen ohne intensivmedizinische Ausstattung war für die Versorgung der komatösen Patientin vollkommen inadäquat. Den Ärzten des Krankenhauses übermittelte er völlig unzureichende Informationen über den Verlauf der Operation, indem er den Herzstillstand, die Reanimation und das Erbrechen mit wahrscheinlicher Aspiration nicht erwähnte, nicht alle verabreichten Medikamente mitteilte und lediglich die dritte Seite des Narkoseprotokolls übergab, die die Zeit ab ca. 15 Uhr betraf und damit für den Ablauf des Eingriffs nicht aussagekräftig war. Im weiteren Verlauf des Abends war er für die Ärzte des Krankenhauses nicht erreichbar und hielt auch seine Zusage nicht ein, die fehlenden Unterlagen umgehend nachzureichen.

Der Kläger hat damit in ganz erheblicher Weise im Kernbereich der ärztlichen Tätigkeit vorsätzlich seinen Berufspflichten zuwidergehandelt.

Indem er Frau S. über seine Absicht täuschte, den Eingriff ohne Anästhesisten durchzuführen, verstieß er in krasser Weise gegen seine Aufklärungspflicht (vgl. hierzu § 8 der Berufsordnung der Ärztekammer Berlin in der zum Tatzeitpunkt geltenden Neufassung vom 20. Mai 2005, ABl. S. 1883 - BO-​Ä Bln -). Gleichzeitig handelte er damit grob dem von ihm zu achtenden Selbstbestimmungsrecht der Patientin (vgl. § 7 Abs. 1 BO-​Ä Bln) und seiner Verpflichtung zuwider, seinen Beruf gewissenhaft auszuüben und dem ihm bei seiner Berufsausübung entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen (vgl. § 2 Abs. 2 BO-​Ä). Für das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient ist es grundlegend, dass sich Patienten auf eine wahrheitsgemäße und gewissenhafte Aufklärung durch Ärzte verlassen und darauf eine informierte und fundierte Entscheidung über die von ihnen gewünschte Behandlung stützen können. Ebenso elementar ist es, dass Patienten darauf vertrauen können, dass Ärzte ihren Willen respektieren, insbesondere keine medizinischen Eingriffe ohne ihre Einwilligung vornehmen. Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass sich Patienten aus Misstrauen davon abhalten lassen, ärztlichen Rat einzuholen und sich in eine ggf. erforderliche ärztliche Behandlung zu begeben. Die vorsätzlichen Verstöße des Klägers gegen die Aufklärungspflicht und gegen das Selbstbestimmungsrecht der Patientin sind vor diesem Hintergrund in besonderem Maße geeignet, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Ärzteschaft zu erschüttern. Sie wiegen umso schwerer, als ihm von vornherein bewusst war, dass die Durchführung der Operation ohne Hinzuziehung eines Anästhesisten nicht den ärztlichen Standards entsprach.

Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend für die Durchführung des Eingriffs ohne die erforderliche Einwilligung der Patientin und in dem Wissen, durch die mangelnde Hinzuziehung eines Anästhesisten gegen geltende ärztliche Standards zu verstoßen. Darin offenbart sich zum einen eine nicht hinnehmbare Missachtung des Selbstbestimmungsrechts der Patientin. Zum anderen war dem Kläger bekannt, dass es sich um einen mehrstündigen, komplizierten und risikobehafteten Eingriff handelte, der die Narkoseüberwachung durch einen qualifizierten weiteren Arzt erforderte. Indem er gleichwohl ohne Anästhesisten operierte und die damit verbundenen Gefahren hinnahm, handelte er dem Patientenwohl in krasser Weise zuwider. Dieser Verstoß gegen die ärztlichen Pflichten ist auch deshalb als besonders schädlich für das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Ärzteschaft anzusehen, weil die Patientin sich aufgrund ihrer Sedierung in einem hilflosen Zustand befand, in dem sie dem Handeln des Klägers ausgeliefert und in höchstem Maße auf seine Fürsorge angewiesen war.

Das stundenlange Belassen der Patientin in der Praxis nach der Wiederbelebung ohne adäquate Behandlung in dem Wissen um die daraus resultierende Gefahr einer Sauerstoffunterversorgung des Gehirns und die mit diesem Verhalten verbundene Verzögerung der Diagnostik und Weiterbehandlung sind mit der elementaren Pflicht jedes Arztes, das Leben zu schützen und die Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit seiner Patienten zum obersten Gebot seines Handelns zu machen (vgl. das ärztliche Gelöbnis gemäß der BO-​Ä Bln sowie § 1 Abs. 2 BO-​Ä Bln), schlechterdings unvereinbar. Die Motive des Klägers für dieses Unterlassen blieben im Strafverfahren ungeklärt. In Betracht gezogen wurden insoweit etwa die Absicht, aus Furcht vor einem Ansehensverlust und aus Sorge um seine wirtschaftliche und berufliche Existenz eigenes Fehlverhalten zu vertuschen, sowie Eigenüberschätzung und Verbohrtheit. Festzuhalten ist, dass jedenfalls kein Motiv erkennbar ist, das gerade auf das Wohl der Patientin abzielt. Eine insoweit nur vorstellbare Unkenntnis des Klägers von dem Erfordernis der sofortigen Verlegung der Patientin auf die Intensivstation eines Krankenhauses ist nach den rechtskräftigen Feststellungen des Landgerichts Berlin im Strafverfahren auszuschließen. Die Pflichtenverstöße des Klägers im Anschluss an die Wiederbelebung der Patientin setzten sich mit ihrer (viel zu späten) Verbringung in das Krankenhaus in einem nicht intensivmedizinisch ausgestatteten Krankentransportwagen, ihrer völlig unzureichenden Übergabe an die Ärzte im Krankenhaus (vgl. hierzu § 2 Abs. 2 und 3 i.V.m. Kapitel C Nr. 2 letzter Spiegelstrich BO-​Ä Bln) und die anschließende fehlende Erreichbarkeit des Klägers für Letztere fort. Mit diesem Verhalten offenbarte er – ebenso wie mit der Täuschung des Ehemannes der Patientin über deren postoperativen Zustand – eine krass pflichtwidrige Prioritätensetzung zu Lasten des Patientenwohls. Der Bundesgerichtshof hat das Nachtatverhalten des Klägers vor diesem Hintergrund zu Recht als grob pflichtwidrig, rücksichtslos und ersichtlich von Eigensucht geprägt gewürdigt (vgl. Beschluss vom 16. August 2012, EA S. 8). Ein Arzt, der in dieser Weise seine eigenen Belange über die Erhaltung des Lebens und die Wiederherstellung der Gesundheit einer Patientin stellt, ist für die weitere Ausübung des Arztberufes untragbar.

Veränderte Umstände, die die Annahme rechtfertigen könnten, der Kläger habe bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung seine Berufswürdigkeit wiedererlangt, liegen nicht vor. Hinsichtlich der ihm vorzuwerfenden schwerwiegenden vorsätzlichen Verstöße gegen seine ärztlichen Berufspflichten hat er keinerlei Unrechtseinsicht gezeigt. Er hat vielmehr stets betont, dass sein Verhalten ordnungsgemäß gewesen sei, und Schuldzuweisungen an andere vorgenommen. So vertrat er noch in der mündlichen Verhandlung beim Landesamt für Gesundheit und Soziales über den beabsichtigten Approbationswiderruf, ihm seien keine Fehler vorzuwerfen und er habe die Patientin in „einwandfreiem Zustand“ übergeben. Diese habe ihn arglistig getäuscht; im Krankenhaus seien nachweislich schlimmste Behandlungsfehler begangen worden. Zudem setzte er offenbar seine Praxis fort, außer bei Eingriffen unter Vollnarkose die Anästhesie selbst durchzuführen. Er gab sowohl im Strafverfahren (vgl. das Urteil des Landgerichts Berlin vom 1. März 2010, S. 16 EA) als auch gegenüber dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 11. April 2011 über das Ruhen der Approbation (vgl. Band II, Bl. 758 VV) an, für Eingriffe mit Lokal- bzw. Periduralanästhesie (weiterhin) grundsätzlich keinen Anästhesisten hinzuzuziehen. Um eine Wiedergutmachung gegenüber der Familie der Verstorbenen hat er sich nicht bemüht. Auch in dem beim Landgericht anhängigen Arzthaftungsverfahren weist er jeden Vorwurf, seine ärztlichen Pflichten verletzt zu haben, zurück. Dies deckt sich mit dem persönlichen Eindruck, den die Kammer in der mündlichen Verhandlung von ihm gewonnen hat. Er hat hier erneut betont, dass er keine Verstöße gegen ärztliche Standards begangen und die Patientin in „optimalem Zustand“ an das Krankenhaus übergeben habe.

Der Umstand, dass zwischen der Tat und der angefochtenen Entscheidung über neun Jahre vergangen sind, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die strafgerichtliche Verurteilung des Klägers im März 2014 rechtskräftig wurde und erst zu diesem Zeitpunkt die strafrechtliche Aufarbeitung seiner Pflichtverstöße abgeschlossen war. Zudem kann aus bloßem Zeitablauf nicht auf die Wiedererlangung der Würdigkeit geschlossen werden; er stellt nur einen der im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigenden Umstände dar (vgl. hierzu BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 8. September 2017, a.a.O., juris Rn. 15). Unter Berücksichtigung der vorstehend dargelegten Gegebenheiten, insbesondere der selbst unter der inzwischen mehrjährigen Einwirkung des Strafvollzugs völlig fehlenden Unrechtseinsicht des Klägers, ist vorliegend die Annahme, er habe das für die Ausübung seines Berufs erforderliche Ansehen und Vertrauen bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides bereits zurückerlangt, nicht gerechtfertigt.

Ob der Kläger auch unzuverlässig im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO ist, ist nach Feststellung seiner Unwürdigkeit nicht entscheidungserheblich und bedarf daher hier keiner Erörterung. Denn die ärztliche Approbation ist bereits dann zwingend zu widerrufen, wenn eine der beiden Tatbestandsvarianten vorliegt.

II. Die Rückforderung der Approbationsurkunde beruht auf § 1 Abs. 1 VwVfG Bln, § 52 Satz 1 VwVfG. Nach der letztgenannten Vorschrift kann die Behörde, wenn ein Verwaltungsakt unanfechtbar widerrufen oder zurückgenommen oder seine Wirksamkeit aus einem anderen Grund nicht oder nicht mehr gegeben ist, die auf Grund dieses Verwaltungsaktes erteilten Urkunden oder Sachen, die zum Nachweis der Rechte aus dem Verwaltungsakt oder zu deren Ausübung bestimmt sind, zurückfordern. Diese Voraussetzungen liegen vor. Zwar ist der Widerruf der Approbation nicht bestandskräftig. Die Vorschrift ermöglicht aber auch eine Rückforderung zugleich mit dem die Wirksamkeit des Verwaltungsakts aufhebenden Bescheid, wenn sie unter die aufschiebende Bedingung des Eintritts der Unanfechtbarkeit gestellt wird (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Auflage 2018, § 52 Rn. 14 und 26). Dies ist hier geschehen, wie sich zwar nicht aus dem Tenor selbst, aber aus den Bescheidgründen ergibt, die zur Auslegung heranzuziehen sind. Darin wird der Kläger aufgefordert, die Approbationsurkunde nach Unanfechtbarkeit des Bescheides herauszugeben (vgl. S. 10 des Bescheides). Die Entscheidung über die Rückforderung liegt im Ermessen der Behörde. Ermessensfehler sind weder dargetan noch ersichtlich.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 711 der Zivilprozessordnung.

BESCHLUSS

Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß §§ 39 ff., 52 f. des Gerichtskostengesetzes auf 30.000,00 Euro festgesetzt.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
Vertretung und Beratung im Medizinrecht und Arztrecht
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