(12.4.2018) Eine Vielzahl von Ärzten besitzt eine hälftige Zulassung. Nun geht u.a. die KV Berlin verstärkt gegen Ärzte vor und prüft deren Quartalsprofile und fordert Honorar zurück. Diese Rückforderungen sind oftmals zweifelhaft und juristisch angreifbar.

Honorarrückforderungen gegen Berliner Ärzte mit halber ZulassungPlausibilitätsprüfung - Was ist das?

Die Plausibilitätsprüfung soll vereinfacht gesagt Ärzte enttarnen, die Leistungen abrechnen, die sie nicht erbracht haben. Dazu werden einzelnen ärztlichen Leistungen feste Zeiten zugewiesen (Prüfzeiten). Die KVen addieren diese Prüfzeiten dann zusammen. Überschreitet die Summe die aus Sicht des Einheitlichen Bewerungsmaßstabes (EBM) üblichen Tagesarbeitszeitenzwischen 12 und 16 Stunden (entspricht 780 Stunden im Quartal für Ärzte mit voller Zulassung, 390 Stunden für Ärzte mit hälftiger Zulassung), so spricht dieses "Aufgreifkriterium" für einen Verdacht einer Falschabrechnung. Dann gibt die KV dem Arzt Gelegenheit zur Stellungnahme. Kann die ärztliche Stellungnahme den Verdacht nicht ausräumen, erläßt die KV einen Honorarrückforderungsbescheid. Oftmals werden dabei einfach alle Leistungen, die über der Zeitgrenze liegen, zurückgefordert. Der Rückforderungsbetrag wird einfach mit dem Honorar für das nächste Quartal verrechnet.

 

Rechtsgrundlage der Plausibilitätsprüfung ist § 106a SGB V

Was ist die Kritik an den Vorgaben und Prüfzeiten des EBM?

Die Prüfzeiten sind oft zu hoch angesetzt. Ein erfahrener Arzt kann die Zeiten oft unterschreiten insbesondere wenn er bestimmte Tätigkeiten quasi im Massengeschäft ausführt und Vorgänge teilweise an Helfer delegiert hat. 

Die KVen rechnen oft Dinge zusammen, die nicht zusammen gehören, insbesondere in Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) und Gemeinschaftspraxen (BAG). Hier kommt es oft vor, dass ein Arzt der Gemeinschaft alle Eingangsuntersuchungen übernimmt, während die weiteren Untersuchungen und Behnadlungen dann durchandere Kollegen durchgeführt werden. So kommt es zu einer vermeintlich auffälligen Häufung der Ziffern für die Eingangsuntersuchungen bei diesem einen Arzt. Hier müsste die KV Abschläge bei Kooperationen vornehmen.

Praxisbesonderheiten werden nicht berücksichtigt wie z.B. Jobsharer, Vertretungsfälle, besondere Patientenstrukturen, besondere Öffnungszeiten, Tätigkeit von Assistenten.

Die KVen halbieren die Grenzzeit von 780 Stunden im Quartal, um einen Grenze für die Ärzte mit hälftiger Zulassung zu finden. Dass die KVen dieses Aufgreifkriterium wählen, ist nicht zu beanstanden. Zu beanstanden ist aber, dass sie dann alle Leistungen, die über dieser Grenze liegen, nicht vergüten. Damit machen sie es sich zu einfach. Denn weder die volle noch die halbe Zulassung kennen eine feste Arbeitszeitgrenze.      

Was ist zu tun?

  • Die KV fordert Sie zur Erläuterung Ihrer Abrechnung auf und setzt dafür eine Frist. Gehen Sie zu einem Anwalt. Lassen Sie die Fristverlängerung beantragen, um genug Zeit für die Prüfung und Stellungnahme zu bekommen. 
  • Fordern Sie die Tagesleistungs- und/oder Quartalsprofile bei der KV an. Vergleichen Sie dies mit den EBM-Legenden für die Prüfzeiten.
  • Vergleichen Sie diese Werte mit Ihrer internen Leistungsstatistik
  • gab es Vertretungsfälle?
  • Haben Sie z.B. vermehrt Notfälle behandelt oder hat eine Praxis in der Nähe zeitweilig oder ganz geschlossen und sind diese Patienten zu Ihnen geströmt?
  • Machen Sie Einwendungen geltend bzw. erläutern Sie ungewöhnliche Tagesprofile!
  • Akzeptieren Sie Kürzungsbescheide nicht einfach - lassen Sie diese juristisch prüfen. Beachten Sie die recht kurzen Rechtsmittelfristen!

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
Vertretung und Beratung im Medizinrecht und Arztrecht
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