Verschreibt ein Arzt in der Schweiz einem in Deutschland wohnhaften Patienten Medikamente, die am Wohnort des Patienten zu schweren Nebenwirkungen führen, über die der Arzt den Patienten nicht aufgeklärt hat, so ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für eine auf deliktische Ansprüche gestützte Klage aus Art. 5 Nr. 3 LugÜ gegeben, weil der Erfolgsort in Deutschland liegt (BGH, Urteil vom 27.05.2008 - VI ZR 69/07 -).

Denn eine ärztliche Heilbehandlung, die – mangels ausreichender Aufklärung – ohne wirksame Einwilligung des Patienten erfolgt, führt nur dann zur Haftung des Arztes, wenn sie einen Gesundheitsschaden des Patienten zur Folge hat.

Tatbestand:
Der VI. Zivilsenat befasst sich mit Art. 5 Nr. 3 LugÜ als Basis für die internationale Zuständigkeit Deutschlands für Klagen gegen im Ausland domizilierte Ärzte. Im vorliegenden Fall hatte sich der in Deutschland wohnhafte Kläger als Patient in ein Kantonsspital in der Schweiz begeben. Dort empfahl der behandelnde Arzt eine Therapie mit zwei Medikamenten. Die Einnahme derselben führte nach Darstellung des Kläger zu schweren Nebenwirkungen, über die der Beklagte (Schweizer Arzt) nicht aufgeklärt habe. Der Kläger verlangt daher vor einem deutschen Gericht Schmerzensgeld und Schadensersatz. Der Beklagte verweigerte dies unter Hinweis auf die angeblich fehlende Zuständigkeit des deutschen Gerichts.
Die Vorinstanzen stellten übereinstimmend fest, der nach Art. 5 Nr. 3 Luganer Übereinkommen alternativ als Kompetenzanknüpfung maßgebliche Erfolgsort liege am Wohnsitz des Klägers in Deutschland, weil dort in dessen geschütztes Rechtsgut, nämlich Gesundheit und körperliche Unversehrtheit, eingegriffen worden sei.

Begründung:
Der BGH schloss sich dieser Auffassung der Vorinstanzen an.
Denn Erfolgsort ist der Ort, an dem die Verletzung des primär geschützten Rechtsguts eintritt, nicht jeder beliebige Ort, an dem die nachteiligen Folgen des Umstands spürbar werden, der bereits einen – tatsächlich an einem anderen Ort entstandenen – Schaden verursacht hat. Dies bedeutet für eine Medikamententherapie, die in der Schweiz verordnet und über die dort angeblich fehlerhaft aufgeklärt wurde, dass der Erfolgsort (und damit der Gerichtsstand) sich befindet am Wohnort des (hier deutschen) Patienten, wenn das Medikament – wie zwischen Arzt und Patient vereinbart – dort eingenommen wurde und die Nebenwirkungen dort auftraten, nicht jedoch zum Beispiel in einem anderen Land, wenn der Patient dorthin während der Schmerzphase eine Geschäfts- oder Urlaubsreise unternommen hat.
Der BGH führt weiter aus, es sei nicht abzustellen auf den Ort, an dem der Patient sich befand, als die Aufklärungspflicht verletzt wurde (dieser läge in der Schweiz). Denn Erfolgsort ist der Ort, an dem der Schaden erstmals eingetreten ist. Ein die Haftung auslösender Schaden tritt bei der Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht nun einmal erst dann ein, wenn die Behandlung zu einer Beeinträchtigung der Gesundheit führt. Daher ist für den Erfolgsort i.S. von Art. 5 Nr. 3 LugÜ allein relevant, an welchem Ort der Gesundheitsschaden eintritt.

Anmerkung:
Der betroffene Partient kommt also in den Genuss der Möglichkeit, bei dem Gericht an seinem Wohnort auf Schadensersatz klagen zu können. Reisezeiten und Fahrtkosten sowie Unwägbarkeiten im tatsächlichen Umgang mit fremden Gerichten fallen dann weg.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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