(18.6.2018) Ergänzende Angaben auf der Arzneimittelverpackung sind zulässig, sie dürfen aber keinen werblichen Überschuss aufweisen. Die Aussage "löst festsitzenden Schleim" ist von dem zugelassenen Anwendungsgebiet "Erkältungskrankheiten der Atemwege mit zähflüssigem Schleim" gedeckt. Ein werblicher Überschuss liegt etwa vor, wenn es zusätzlich zu der Angabe des Verwendungszwecks heißt, das Mittel sei "wirksam", oder wenn ein Hinweis auf die "unbeschwertere" Atmung erfolgt (Oberlandesgericht Frankfurt, Urteil vom 24. Mai 2018 – 6 U 46/17).

MedikamenteDer Fall:

Im Streit standen folgende Angaben auf einer Verpackung für ein Arzneimittel, nämlich Kapseln eines Erkältungsmittels:

  • "Löst den festsitzenden Schleim"
  • "Befreien Nase und Atemwege"
  • "Nimmt das Druckgefühl im Kopf"
  • "Lindern Erkältungsbeschwerden wirksam",
  • "A X Kapseln befreien Nase und obere Atemwege wirksam von festsitzendem Schleim",
  • "Durch die antibakterielle und entzündungshemmende Wirkung werden Krankheitsbeschwerden wirksam bekämpft und die Entzündungen der Atemwege gelindert",
  • "Nase und Atemwege werden dadurch wirksam befreit",
  • "Die Atmung ist wieder unbeschwerter möglich"

Die Entscheidung:

Die Verwendung des Wortes "wirksam" beinhaltet auus Sicht des OLG Frankfurt einen werblichen Überschuss im Sinne von § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG und ist daher zu unterlassen. Für eine sachliche Angabe des Verwendungszwecks sei die Verwendung des Wortes "wirksam" nicht erforderlich, da sich eine grundsätzlich gegebene Wirksamkeit eines zugelassene Arzneimittels für den Verkehr von selbst verstehe und der Verkehr den Zusatz "wirksam" insoweit als anpreisenden Überschuss auffasse, dass eine besondere Wirksamkeit jenseits der üblichen, an individuelle körperliche Besonderheiten gekoppelte allgemeine Üblichkeiten besteht.

Auch die Aussage hinsichtlich einer "unbeschwerteren" Atmung habe einen werblichen Überschuss. Die Formulierung "unbeschwert" enthalte einen werbenden Unterton, denn das Wort vermittele Lebensfreude und positive Stimmung.

Keine Bedenken hatte das Gericht dagegen gegen folgende Aussagen auf der Verpackung:

"Löst festsitzenden Schleim", "Befreien Nase und Atemwege" und "Nimmt das Druckgefühl im Kopf". Dies beschränke sich in erlaubter Weise auf die sachliche Darstellung der Wirkungsweise bzw. des Anwendungsgebiets.

Praxisanmerkung:

Der beklagte Hersteller des Medikaments muss nun die ausgelieferten Medikamente zurückrufen. Dies verursacht erhebliche Kosten. Es ist daher ratsam, wenn der Hersteller die Angaben auf der Verpackung vor Auslieferung an den Fachhandel juristisch prüfen lässt. Gleiches gilt für die Heilmittelwerbung. 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
Vertretung und Beratung im Medizinrecht und Arztrecht
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