(31.1.2022) An sich dürfen gegen Strafverteidiger wegen ihres Verhaltens vor Gericht keine Bußgelder verhängt werden. Vertritt sich ein Anwalt in einer Bußgeldsache aber vor Gericht selbst und trägt dabei keine Schutzmaske, so kann ihm wegen ungebührlichen Verhaltens ein Ordnungsgeld auferlegt werden (Oberlandesgericht Oldenburg, Entscheidung vom 3.1.2022 - 2 Ss (OWi) 240/21). 

Der Fall:

Der Anwalt trug in einem Teil von Oldenburg, wo zu dieser Zeit per Allgemeinverfügung ein Maskentragungsgebot angeordnet war, keine Maske. Deshalb wurde ein Bußgeld von 100 EUR gegen ihn festgesettzt.

Dagegen legte der Rechtsanwalt Rechtsmittel ein. In der dann folgenden Verhandlung vor dem Amtsgericht verteidigte er sich selbst gegen den Bußgeldbescheid. Dabei trug er allerdings wieder keine Maske und weigerte sich auch, eine solche aufzusetzen. Das bescherte ihm ein Ordnungsgeld von 150 EUR. 

Auch dagegen zog der Kollege vor Gericht. Er argumentierte, die Infektionsschutzregeln seien nicht verfassungsgemäß etc. 

Die Entscheidung:

Das OLG Oldenburg wies sein Rechtsmittel aber unanfechtbar als unbegründet zurück.

Es musste den Anwalt darüber belehren, dass bestimmte Infektionsschutzvorschriften gelten, die er mehrfach nicht beachtet hatte: Einmal in der Innenstadt von Oldenburg und einmal vor Gericht. Das Gericht wies darauf hin, dass die Infektionsschutzregeln wirksam sind. 

Zwar könne gegen Strafverteidiger vor Gericht grundsätzlich kein Ordnungsgeld verhängt werden. Allerdings habe er nicht die Stellung eines Strafverteidigers in eigener Sache, da es hier nur um ein Bußgeld und nicht um eine Straftat gehe. Gegen den Rechtsanwalt könne daher, wie gegen jeden Beschuldigten, ein Ordnungsgeld verhängt werden. 

Das Gericht musste den Rechtsanwalt auch - ganz zu Recht - darauf hinweisen, dass sich der Anwalt nicht einfach über das Recht stellen kann. Er hätte gegen das Maskentragungsgebot rechtlich vorgehen müssen vor dem Verwaltungsgericht, führte das OLG Oldenburg aus. 

Praxisanmerkung:

Die in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle absolut unsinnigen Rechtsbehelfe vieler Bürger gegen Bußgeldbescheide wegen Verstößen gegen Infektionsschutzregeln und -auflagen binden wichtige Justizressourcen und verursachen insbesondere den Rechtsschutzversicherungen hohe Kosten. Diese Kosten gereichen auf kurz oder lang allen Rechtsschutzversicherten zum Nachteil. Unsinnige Rechtsbehelfe schaden damit auch der übrigen Rechtspflege, weil sich Rechtsschutzversicherungen dann verteuern und die Zahl der versicherten Rechtsschutzsuchenden folglich abnimmt oder weil die Versicherer die dann unrentablen Policen schlicht kündigen können.

Vereinzelt gehen leider auch Anwälte vehement gegen diese Regeln vor. Ihr Einwand, die Infektionsschutzregeln seien nicht verfassungsgemäß etc,, ist an den Haaren herbeigezogen, wie eine mittlerweile kaum noch überschaubare Zahl von Gerichtsentscheidungen, die eben solche Argumentationen in extensio zuück gewiesen haben, zeigen. Diese Anwälte stellen sich damit "über das Recht" und liefern den Bürgern, obgleich sie Organe der Rechtspflege sind, ein zweifelhaftes Vorbild und verschärfen die derzeitige aufgeladene Situation rund um die Corona-Infektionsschutzregeln. 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
Vertretung und Beratung im Medizinrecht und Arztrecht
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