(14.9.2021) Wann muss der Patient, der zum vereinbarten Behandlungstermin nicht erschienen ist, dem Behandller ein Ausfallhonorar zahlen? Welche Praxen können ein Ausfallhonorar verlangen, was ist dabei zu beachten und lohnt sich dies für den Behandler überhaupt? Eine Übersicht.
(3.9.2021) Wer als Hausbesitzer nach einem Auslandsaufenthalt in einem Corona-Hochrisikogebiet in die behördlich angeordnete zweiwöchige Corona-Quarantäne gehen muss, kann dafür vom Land Niedersachsen kein Schmerzensgeld verlangen (Landgericht Hannover, Urteil vom 20. August 2021 – 8 O 1/21). Das Gericht teilte den Klägern mit, sie hätten nicht dargelegt, dass sie durch die Quarantäne schwerwiegende Beeinträchtigungen erlitten haben. Mit anderen Worten sollen sich die Kläger mal ein bißchen zusammenreißen.
(31.8.2021) In einem Dienstleistungsbetrieb, in dem ein physischer Kundenkontakt besteht, kann der Arbeitgeber das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes (MNS) verpflichtend gegenüber seinen Mitarbeitern anordnen. Aus einem Attest eines Mitarbeiters zur Befreiung von der Pflicht zum Tragen eines MNS muss hervorgehen, welche konkret zu benennenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufgrund des Tragens eines MNS zu erwarten sind. Besteht aufgrund einer wirksamen Befreiung von der MNS-Pflicht oder aufgrund der Weigerung des Tragens keine andere Möglichkeit des Einsatzes im Betrieb, ist eine Kündigung regelmäßig gerechtfertigt (Arbeitsgericht Cottbus, Urteil vom 17.6.2021 - 11 Ca 10390/20).
(24.8.2021) Der behandelnde Arzt hat bei einer Leistenbruchoperation den Patienten mündlich darüber aufzuklären, dass durch den Eingriff im Bruchbereich verlaufende Nerven verletzt und dadurch Leistenschmerzen ausgelöst werden können, die in seltenen Fällen auch andauern können. Spricht der Arzt mit dem Patienten dagegen nur von möglichen „Sensibilitätsstörungen“ oder "Mißempfindungen", so ist dies nicht ausreichend für die Aufklärung über die Risiken einer Leistenbruchoperation (Oberlandesgericht Dresden, Urteil vom 20. Juli 2021 – 4 U 2901/19).
(18.8.2021) Eine Ordnungsbehörde darf eine Ärztin in eigener Praxis verpflichten, in ihrer Praxis dafür zu sorgen, dass Patienten in Wartesituationen gemeinsam mit anderen Personen eine Mund-Nase-Bedeckung tragen, einen Mindestabstand von 1,5 m bei Wartesituationen einhalten und dafür zu sorgen, dass die Mitarbeiter ihrer Praxis auch eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen (Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße, Urteil vom 17.8.2021 - 5 K 125/21.NW).
(17.8.2021) Der vom Arzt zu führende Beweis für ein ausreichendes Aufklärungsgespräch - hier im Falle des Setzens eines Katheters zur Durchführung einer Immunadsorption - erfordert nicht dessen konkrete Erinnerung an das jeweilige Aufklärungsgespräch. Er kann auch durch den Nachweis einer "ständigen Übung" geführt werden (sog. Immer-So-Aufklärung), wenn die Angaben des Arztes hierzu schlüssig sind und durch die Dokumentation im Wesentlichen bestätigt werden (Oberlandesgericht Dresden, Urteil vom 29. Juni 2021 – 4 U 1388/20).
(17.8.2021) Medikamentenhersteller, die sich in ihrer Werbung für ein Medikament auf Studien beziehen, müssen in der Werbung auf die unmittelbare Fundstelle der Studie verweisen, so dass der Leser die mitgeteilten Studienergebnisse kritisch und selbstständig zu überprüfen kann. Dagegen ist eine Werbung unzulässig, wenn dort mit den Ergebnissen einer wissenschaftlichen Studie unter Angabe lediglich einer Fachinformation als Fundstelle geworben wird. Denn der Leser kann dann nicht unmittelbar auf die Studie zugreifen (Oberlandesgericht Frankfurt, Beschluss vom 13. Juli 2021 – 6 W 43/21).
(29.7.2021) Versendet ein Arzt E-mails an potentielle Patienten, in denen er eine "Diagnostik aller Organsysteme" nach Übersendung von Lichtbildern und ggf. Haarproben bewirbt und sich dabei u.a. als Facharzt für Akupunktur, Hypnose, Sexualmedizin, Psychoneuroimmunologie und Energie und Raumfahrtmedizin bezeichnet, so stellt dies eine unerlaubte Werbung für Fernbehandlungen sowie eine unerlaubte Werbung mit nicht bestehenden Facharzttiteln dar und ist zu unterlassen (Landgericht Koblent, Urteil vom 15.6.2021 - 1 HK O 29/21). Weiterhin bleibt der persönliche Konakt zwischen Arzt und Patient wichtig für eine ordnungsgemäße Untersuchung und Behandlung.
(28.7.2021) Nutzen Ärzte die Rechtsform einer Praxisgemeinschaft nur zum Schein, behandeln also Patienten gemeinsam, so führt dies zu schmerzhaften Honorarrückforderungen durch die KV. Gegenseitige Vertretungen sind nur in bestimmten Ausnahmefällen möglich. Wenn die KV einmal mittels Stichprobenprüfungen eine Patienteidentität von mehr als 20 % festgestellt hat, kann sie auch - nach Einzelfallprüfung - bei einer Patientenidentität von unter 20 % das Honorar des einzelnen Arztes kürzen (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.06.2021 – L 7 KA 13/19).
(27.7.2021) Gerade zum Ende des Quartals behandeln Kassenärzte gesetzlich versicherte Patienten wegen der bestehenden Budgetierung oft nur gegen geringes Entgelt. Mancher Arzt verfällt dann auf die Idee, die Kassenleistung als Privatleistung abzurechnen. Dass dies nicht erlaubt ist, belegt das Urteil des Sozialgerichts München, das eine Geldbuße von 2.500 EUR gegen einen Augenarzt bestätigte, der einer Kassenpatientin 40 EUR für eine allgemeine Behandlung in Rechnung gestellt hatte (SG München, Urteil vom 23.04.2021 - S 28 KA 116/18).
(19.7.2021) Weist ein Arzt seine Patientin vor einer Hüftgelenksarthroskopie darauf hin, dass durch den Einsatz eines Traktionsstabes mögliche Druckschäden im Schritt in seltenen Fällen enstehen können, die "meist nicht zu Dauerschäden" führen, so stellt dies eine ausreichende Aufklärung über dieses Risiko dar uind ist nicht verharmlosend. Und weil beim Einsatz eines Traktionsstabs Druckschäden nicht sicher vermieden werden können, stellen derartige Schäden kein vollbeherrschbares Risiko dar - folglich liegt auch kein Behandlungsfehler vor (Oberlandesgericht Dresden, Urteil vom 01.06.2021 – 4 U 209/21).
(19.7.2021) Der Orthopäde bewegt sich bei der Diagnostik von Knieverletzungen immer in einem Spannungsfeld zwischen Unter- und Überdiagnostik - führt er zu wenige Untersuchungen durch, droht ihm der Vorwurf des Befunderhebungsfehlers; führt er zu viele Untersuchungen durch (z.B. MRT-Untersuchungen), drohen Budgetüberschreitungen und der Vorwurf, unnötige Kosten zu verursachen und den Patienten unnötig zu belasten. Dabei ist zu beachten, dass die Rechtsprechung mit Ärzten, die vor einer Operation zu wenig Diagnostik durchführten, in der Regel hart ins Gericht gehen und den Arzt dann oft wegen eines sog. Befunderhebungsfehlers zur Arzthaftung verurteilen. Eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgericht Hamm (Urteil vom 08.06.2021 – 26 U 74/20) definiert den rechtlichen Rahmen für die Notwendigkeit einer MRT-Untersuchung. Das OLG Hamm verneinte im Ergebnis einen Befunderhebungsfehler des Orthopäden.
- Verweigert Arzt die Erstellung eines gerichtlich angeforderten Befundberichts, so begeht er damit keine Berufspflichtsverletzung: VG Berlin 04-06-2021
- Krankenschwester muss nach Essenausgabe an Kleinkind mit Medikamentengabe solange warten, bis Kind sicher aufgegessen hat, sonst Arzthaftung: LG Limburg 28-06-2021
- Ärzte sollten nicht fälschungssichere Praxissoftware nicht mehr verwenden: BGH 27-04-2021
- Chefarzt kann Nachzahlung von Gehalt verlangen, wenn die Klinik keine Zielvereinbarung für einen Bonus mit ihm abgeschlossen hat: BAG 17-12-2020