(25.2.2023) Bei der Impfung mit dem mRNA-Impfstoff Pfizer-BioNTech COVID-19 Vakzin "Comirnaty" erfüllt der impfende Arzt seine Aufklärungspflicht, wenn er nach vorheriger schriftlicher Aufklärung mittels Merkblatt jedem Impfling die Möglichkeit gegeben hat, im mündlichen Arztgespräch vor der Impfung Nachfragen zu stellen und weitere Informationen einzuholen (Landgericht Heilbronn, Urteil vom 14.02.2023 – Wo 1 O 65/22). Da die beklagte Ärztin diese Anforderungen erfüllt hatte, wies das Gericht die gegen sie gerichtete Klage auf Schadensersatz und Schmerzensgled einer Patientin, die nach der Impfung über eine Hirnhautentzündung klagte, als unbegründet ab.
(22.2.2023) Beantragt ein Psychotherapeut eine Sonderbedarfszulassung, muss der Zulassungsausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung prüfen, ob ein Sonderbedarf vorliegt. Dazu muss er umfangreiche Ermittlungen anstellen wie zum Beisppiel die niedergelassenen Kollegen befragen und Weartezeiten ermitteln. Tut der Zulassungsausschuss dies wiederholt nicht, kann im Einzelfall eine eingeschränkte Umkehr der Beweislast zu Gunsten des Psychotheraoeuten eingreifen. Und hat sich das Verfahren schon über Jahre hingezogen, so kann das Sozialgericht ausnahmsweise den Zulassungsauschuss direkt verurteilen, dem Psychotherapeuten die Sonderbedarfszulassung zu erteilen (Landessozialgericht der Länder Berlin und Brandenburg, Urteil vom 18.05.2022 - L 7 KA 12/20).
(15.2.2023) Ein Regress von über 260.000 €, der lediglich auf Grund fehlender Gegenzeichnung von Medikamentenverordnungen gegen einen ermächtigten Chefarzt angeordnet wird, verstößt gegen das auch im Öffentlichen Recht geltende Gebot von Treu und Glauben, wenn sich der Regress im Einzelfall als rechtsmißbräuchlich darstellt (Sozialgericht Mainz, Urteil vom 7. Dezember 2022 – S 3 KA 14/19).
(8.2.2023) Der Arzt ist nicht verpflichtet, dem Patienten nach dem Aufklärungsgespräch über die Risiken einer Operation eine bestimmte Bedenkzeit einzuräumen, bevor dieser in die Behandlung einwilligt (Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.12.2022 - VI ZR 375/21).
(3.2.2023) Bei einer im wesentlichen komplikationsarm verlaufenden Geburt kam es zu einem eingeengten CTG es entwickelte sich eine Entzündung der Gebärmutterfruchthülle der Mutter, was eine nicht seltene Komplikation bei der Geburt ist. Das Kind wurde deshalb per Kaiserschnitt entbunden. Nach der Geburt zeigte sich, dass das Kind einen Schlaganfall erlitten hatte. Nach sachverständiger Beratung verneinte das Gericht aber Schadensersatz – und Schmerzensgeld Ansprüche des nun behinderten Kindes (Landgericht Flensburg, Urteil vom 16. Dezember 2022 – 3 O 313/20).
(26.1.2023) Zulassungsverfahren für Ärzte dauern oft mehrere Monate, insbesondere wenn unterlegene Konkurrenten Widerspruch einlegen. Im Verlauf dieser Verfahren kann es daher dazu kommen, dass ein angestellter Arzt, für den eine Zulassung erteilt wurde, wegzieht oder eine andere berufliche Tätigkeit aufnimmt und daher nicht mehr für die vertragsärztliche Versorgung zur Verfügung steht. Fraglich ist, ob dann die anderen, unterlegenen Bewerber automatisch den Zuschlag erhalten oder ob das Zulassungsverfahren neu aufgerollt werden muss. Das Sozialgericht München hat nun entschieden, dass in einem solchen Fall eine Klage eines vormals unterlegenen Mitbewerbers auf Erteilung der (nun freiwerdenden) Zulassung unzulässig ist und dass die Zulassung gegebenenfalls neu auszuschreiben ist (SG München, Urteil vom 23. November 2022 – S 38 KA 35/21).
(11.1.2023) Die Entnahme und Einfügung von Eigenfett im Rahmen sogenannter Schönheitsoperationen ist mit erheblichen gesundheitlichen Risiken verbunden, wie dieser aktuelle, vor dem Bundesgerichtshof verhandelte Fall eines Schönheitschirurgen aus Düsseldorf zeigt. Weil der Arzt seine - nach der Operation verstorbenen - Patientinnen nicht über diese Risiken aufgeklärt hatte, wurde er 2021 wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer über dreijährigen Haftstrafe verurteilt und ihm wurde ein vierjähriges Berufsverbot auferlegt. Diese Entscheidung hat der BGH nun bestätigt (BGH, Beschlüsse vom 2.11.2022 - 3 StR 162/22).
Streiten Arzt und Hebamme, die zur gesamtschuldnerischen Haftung gegenüber dem an einem Geburtsschaden leidenden Kind verurteilt wurden, über der Frage, wer von beiden nun den Schaden in welcher Höhe intern zu tragen hat, so gelten auch für diese Fragen der internen Haftungsverteilung zwischen den beiden Gesamtschuldnern Hebamme und Arzt die anerkannten und gesetzlich bestimmten Regeln der Darlegungs- und Beweislast nach den Grundsätzen auch des Arzthaftungsrechts, also beispielsweise die Beweislastregel des § 630h Abs. 5 BGB, wonach bei groben Behandlungsfehlern sich die Beweislast zu Lasten der Behandlungsseite umkehrt (Bundesgerichtshof, Urteil vom 6. Dezember 2022 – VI ZR 284/19 –, juris).(3.1.2023)
(12.12.2022) Der Einsatz von Cytotec in der Geburtshilfe zur Einleitung der Geburt ist nach der Zulassung des Medikaments Angusta in der Geburtshilfe in der Regel fehlerhaft, wie Prütting und Wolk in einer aktuellen Übersicht herausgearbeitet haben (Prütting/Wolk, Arzthaftungsrechtliche Konsequenzen des Einsatzes von Cytotec® im Rahmen der Geburtseinleitung in Gesundheitsrecht 2022, 749-762). Mit der Zulassung von Angusta kommt damit eine intensiv geführte Debatte zu der Anwendbarkeit von Cytotec im sog. Off-Label Use zu einem Abschluß. Daraus ergeben sich konkrete Handlungsempfehlungen für Ärzte in der klnischen Geburtshilfe.
(8.12.2022) Die Medien beschreiben erhebliche Impfschäden infolge der flächendeckenden Covid19-Impfungen. Anwälte berichten ebenfalls über einen Anstieg dieser Impfschadensfälle und bieten in diesem Zusammenhang ihre Dienste an. Bei Licht bessehen lassen sich diese Zusammenhänge aber schwerlich bestätigen.
(13.11.2022) Ärzte haben berufsrechtswidrige Heilmittelwerbung zu unterlassen. Eine hochspezialisierte Neurochirurgen, die jährlich über 200 Rückenopertionen durchführt, in der Region als einzige diese Behandlungen anbietet sowie in ihrer Praxis sowohl Diagnose, Behandlung und Nachversorgung erbringt, darf aber ihre Praxis als "Wirbelsäulenzentrum (Ortsname)" bezeichnen (Landesberufsgericht für Ärzte Stuttgart, Urteil vom 30. Juli 2022 – LBGÄ Nr. 01/2022).
- Nichtzahlung der Widerspruchsgebühr führt nicht zum Verlust des Widerspruchs des Arztes: BSG 07-09-2022
- Gemeinschaftspraxis wehrt sich gegen Verbandskostenregress über rund 30.000 € nach teurer Behandlung eines offenen Beins: LSG Rheinland-Pfalz 23-08-2022
- Neurologin wehrt sich erfolgreich gegen erhebliche Honorarkürzung wegen angeblicher Implausibilität: Sozialgericht Dresden 07-09-2022
- Arzt darf Risiken bei Tumor-Hirnoperation nicht verharmlosen: BGH 16-08-2022