(5.5.2023) Das Recht eines Bürgers auf Erhalt eine Kopie der verarbeiteten Daten nach Art. 15 DSGVO beinhaltet das Recht auf eine Fotokopie. Wenn es zum Verständnis der Daten unerlässlich ist, kann der Bürger auch die Fotokopie sämtlicher Daten verlangen (Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 4.5.2023 - C-487/21). Diese Auskunft ist kostenlos zu erteilen. Diese Grundsätze gelten auch für das Verhältnis zwischen Patient und Arzt.
(3.5.2023) Je nachdem ob die Stellvertretervereinbarung Teil der Wahlleistungsvereinbarung ist oder ob sie gesondert (sprich neben der Wahlleistungsvereinbarung) mit dem Patienten vereinbart wurde, kann die Stellvertretervereinbarung auch bei vorhersehbarer Verhinderung des Chefarztes (sprich Wahlarztes) wirksam sein. Denn für diese beiden Formen der Stellvertretervereinbarungen gelten unterschiedliche Regeln. Der Patient werde auch nicht benachteiligt, u.a. weil er sich so ja die - über die allgemeinen Krankenhausleistungen hinausgehende - Behandlung durch den Vertreter als einen besonders qualifizierten Arzt sichern kann (Landgericht Heidelberg, Urteil vom 30. November 2022 – 4 S 3/22).
(2.5.2023) Der Covid19-Impfstoff "Vakzevria" weist keinen arzneimittelrechtlicher Produktfehler auf, weil keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein negatives Nutzen-Risiko-Profil für die Gesamtheit der potentiellen Anwender besteht. Die Produktinformation zu dem Covid19-Impfstoff "Vakzevria" entsprach zum maßgeblichen Zeitpunkt im Frühjahr 2021 dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse, so dass auch kein arzneimittelrechtlicher Informationsfehler vorlag. Daher wies das Landgericht Hof einen Schadenserdatzanspruch einer Frau, die nach der Impfung mit "Vakzevria" eine Thrombose im Darmbereich und mithin einen erheblichen Gesundheitsschaden erlitt, als unbegründet ab (Landgericht Hof, Endurteil vom 03.01.2023 - 15 O 22/21).
(17.4.2023) Ein Arbeitgeber kann von einer Ärztin in Weiterbildung für den Fall ihrer Kündigung des Weiterbildungsvertrages vor Abschluss der Facharztweiterbildungszeit nicht die Zahlung von drei Monatsgehältern als Vertragsstrafe verlangen. Denn eine solche Vertragsstrafe ist unverhältnismäßig und daher unwirksam (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.10.2022 - 8 AZR 332/21).
(29.3.2023) Klagt ein Patient über atemabhängige Brustschmerzen und Atembeschwerden, so muss ein Rettungssanitäter den Patienten einer ärztlichen Behandlung zuführen. Die primäre Aufgabe der Notfallrettung ist die Erstversorgung – und zwar nur soweit ein Notarzt noch nicht anwesend ist – und die Beförderung des Patienten. Führt der Sanitäter den Patienten nicht einem Arzt zu, sondern kommt er aus falsch verstandener Kompetenz zu dem Ergebnis, dass kein akuter Behandlungsbedarf vorliegt, so handelt er (grob) behandlungsfehlerhaft und ist, da er im ärztlichen Kompetenzbereich tätig wird, nach arzthaftungsrechtlichen Haftungsmaßstäben für den späteren Schlaganfall verantwortlich (Landgericht Berlin, Urteil vom 7.5.2015 - 86 O 218/13).
(28.3.2023) Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin bezahlt die Entgelte für Corona-Tests oft nur schleppend. Viele Betreiber von privaten Corona-Testzentren können ihre Rechnungen nicht bezahlen, weil sie auch Monate nach Erbringung der Testleistungen keine Vergütungen erhalten haben. Was können die Betreiber tun, um ihr Geld zeitnah zu bekommen?
(21.3.2023) Empfiehlt ein Klinikarzt den Eltern eines Frühgeborenen, dieses in drei Monaten nach Klinikentlassung einem Augenarzt zu einer Kontrolluntersuchung vorzustellen, so verstößt er damit gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen therapeutischen Sicherungsaufklärung. Erleidet das Frühgeborene dann fünf Wochen nach Entlassung eine Netzhautablösung und erblindet teilweise, so haftet die Klinik auf Schadensersatz und Schmerzensgeld (Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 01.03.2023, Az. 5 U 45/22).
(9.3.2023) Ärzte klagen häufig über technische Schwierigkeiten bei der Verwendung der TI (Telematikinfrastruktur) in ihren Praxen. Versichertenkarten lassen sich nicht einlesen, Leistungen können nicht codiert werden, das System hat keine Verbindung etc. Manche Ärzte weigern sich sogar, das System überhaupt zu verwenden. Andere Ärzte wollen zumindest die Kosten für die Behebung technischer Probleme mit der TI ersetzt bekommen. Die Rechtsprechung stellt aber immer wieder klar, dass die TI vom Arzt zwingend zu verwenden ist und dass die Kosten des technischen Supports vom Arzt selbst zu tragen sind (SG München, Urteil v. 09.11.2022 - S 38 KA 5155/21, SG Mainz, Urteil v. 27.07.2022 - S 3 KA 84/20 und LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 26.10.2022 - L 5 KA 107/21).
(1.3.2023) Der Streit eines privaten Corona-Testcenters mit der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin um die Bezahlung von Entgelten für Testleistungen nach der Coronavirus-Testverordnung ist vor dem Verwaltungsgericht zu entscheiden und nicht vor dem Sozialgericht. Denn die Durchführung von Covid19-Testungen ist nicht Teil der Prävention, Behandlung oder Rehabilitation von Krankheiten im Sinne des Sozialgesetzbuches 5 (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17. Januar 2023 – L 7 KA 29/22 B ER).
(25.2.2023) Bei der Impfung mit dem mRNA-Impfstoff Pfizer-BioNTech COVID-19 Vakzin "Comirnaty" erfüllt der impfende Arzt seine Aufklärungspflicht, wenn er nach vorheriger schriftlicher Aufklärung mittels Merkblatt jedem Impfling die Möglichkeit gegeben hat, im mündlichen Arztgespräch vor der Impfung Nachfragen zu stellen und weitere Informationen einzuholen (Landgericht Heilbronn, Urteil vom 14.02.2023 – Wo 1 O 65/22). Da die beklagte Ärztin diese Anforderungen erfüllt hatte, wies das Gericht die gegen sie gerichtete Klage auf Schadensersatz und Schmerzensgled einer Patientin, die nach der Impfung über eine Hirnhautentzündung klagte, als unbegründet ab.
(22.2.2023) Beantragt ein Psychotherapeut eine Sonderbedarfszulassung, muss der Zulassungsausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung prüfen, ob ein Sonderbedarf vorliegt. Dazu muss er umfangreiche Ermittlungen anstellen wie zum Beisppiel die niedergelassenen Kollegen befragen und Weartezeiten ermitteln. Tut der Zulassungsausschuss dies wiederholt nicht, kann im Einzelfall eine eingeschränkte Umkehr der Beweislast zu Gunsten des Psychotheraoeuten eingreifen. Und hat sich das Verfahren schon über Jahre hingezogen, so kann das Sozialgericht ausnahmsweise den Zulassungsauschuss direkt verurteilen, dem Psychotherapeuten die Sonderbedarfszulassung zu erteilen (Landessozialgericht der Länder Berlin und Brandenburg, Urteil vom 18.05.2022 - L 7 KA 12/20).
- Chefarzt entgeht Regress von über 260.000 € wegen fehlender Unterzeichnung von Medikamentenverordnungen: Sozialgericht Mainz 07-12-2022
- Vor Einwilligung in Operation muss Arzt dem Patienten keine bestimmte Bedenkzeit geben: BGH 20-12-2022
- Keine Haftung der Ärzte für Schlaganfall des Kindes nach Kaiserschnitt wegen heraufziehender Gebärmutterinfektion: Landgericht Flensburg 16-12-2022
- Erteilte Zulassung für angestellten Arzt erledigt sich, wenn angestellter Arzt danach nicht mehr zur Verfügung steht: SG München 23-11-2022