(27.12.2021) Impfgegner und Coronaleugner tauschen sich in Telegram-Gruppen intensiv darüber aus, wie sie mittels gefälschter Impfnachweise an die begehrten digitalen Impfzertifikate kommen, die ihnen trotz fehlender Impfungen Zutritt zu Einzelhandelsgeschäften, Restaurants und Veranstaltungen verschaffen. Die Zahl der Ermittlungsverfahren wegen Fälschungen von Impfnachweisen steigt deshalb sprunghaft an, Kontrolliert werden die Impfnachweise überwiegend von Apothekern, die dann auch die digitalen Impfzertifikate erteilen. Apotheker gehen von Betrugsversuchen in einer Größenordnung von 5 - 10 % der Zertifikatsanfragen aus. Manche Apotheker haben aber Angst, verdächtige Impfnachweise zu monieren oder gar bei der Polizei anzuzeigen - sie fürchten gewalttätige Reaktionen der Impfgegner. Sie fürchten vor allem, sich strafbar zu machen, wenn sie den Verdacht einer Fälschung der Polizei anzeigen. Welche Rechte und Pflichten hat der Apotheker in dieser Situation?
(15.12.2021) Der Arzt hat den Patienten über die Risiken einer Operation so rechtzeitig aufzuklären, dass der Patient seine Entscheidung über die Einwilligung wohlüberlegt treffen kann. Daher ist eine Einwilligung des Patienten, die durch Unterzeichnung des Aufklärungsformulars unmittelbar nach dem Ende des Aufklärungsgesprächs erfolgt, im Regelfall unwirksam - folglich haftet die Behandlungsseite dem Patienten auf Schadensersatz und Schmerzensgeld (Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Urteil vom 25. November 2021 – 5 U 63/20).
(9.12.2021) Grundlage der ärztlichen Behandlung ist nach wie vor die direkte Wahrnehmung des Patienten durch den Arzt. Ausnahmsweise kann ein solcher Arzt-Patienten-Kontakt nicht erforderlich sein. Liegt ein solcher Ausnahmefall vor, so kann für eine solche Fernbehandlung auch geworben werden (§ 9 HWG). Im vorliegenden Fall warb eine private Versicherung mit der Fernbehandlung per App durch Schweizer Ärzte, ohne diese Behandlung auf bestimmte Krankheiten zu beschränken. Der Bundesgerichtshof bestätigte, dass diese Werbung verboten ist, weil die Versicherung nicht dargelegt hat, warum in diesem Fall ein direkter Kontakt zwischen Patient und Arzt medizinisch nicht erforderlich ist (BGH, Urteil vom 9.12.2021 - I ZR 146/20).
(6.12.2021) Wirft das Personal eines Lebensmittelgeschäfts einen Kunden, der keine Mund-Nasen-Bedeckung trägt, aus dem Laden ohne das von dem Kunden mit sich geführte ärztliche Attest zur Maskenbefreiung zu beachten, so hat der Kunde keinen Anspruch auf Schmerzensgeld wegen einer Verletzung des Antidiskriminierungsgesetzes (AGG) gegen das Ladengeschäft. Denn das dem Kunden attestierte chronisches Asthma ist keine Berhinderung im Sinne des AGG, insbesondere, wenn der Kläger nicht im Einzelnen vorträgt, wie schwer das Asthma ist und wie es ihn beim Tragen einer Maske im Rahmen eines kurzen, nicht mit besonderer Anstrengung verbundenen Lebensmitteleinkaufs, beeinträchtigt. Im Übrigen hat das Gericht auch Bedenken an dem vom Kläger vorgelegten ärztlichen Attest, das gleichlautend mit einem Attest seiner Ehefrau vom selben Tage ist (Amtsgericht Berlin-Kreuzberg, Urteil vom 10.11.2021 . 3 C 200/21).
(30.11.2021) Für den Einsatz eines Femtosekundenlasers bei einer Operation des Grauen Stars des Auges kann der Augenarzt die GOÄ-Ziffern 1375 und 441 in Rechnung stellen, nicht aber die Ziffer 5855 GOÄ analog. Denn der Lasereinsatz stellt keine eigenständige Leistung dar. Den erhöhten Zeitaufwand kann der Augenarzt lediglich über eine Erhöhung des Steigerungssatzes ausgeglichen erhalten (Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.10.2021 - III ZR 350/20). Damit entscheidet der Bundesgerichtshof einen seit Jahren schwelenden Streit zu Lasten der Augenärzte.
(25.11.2021) Der Gesetzgeber hat gestern auf die Flut inhaltlich unrichtiger oder gefälschter Atteste und Impf- und negativen Testbescheinigungen im Zusammenhang mit der Covid19-Pandemie reagiert und die Strafen dafür drastisch verschärft. Damit soll der mittlerweile leider gängigen Praxis, dass Personen, die die Covid19-Pandemie als ungefährlich ansehen oder sich nicht impfen lassen wollen und die Corona-Schutzregeln durch Vorlage falscher Atteste zum Beispiel zur Befreiung von der Maskenpflicht oder durch Vorlage von falschen Impfbescheinigungen oder falschen negativen Testnachweisen umgehen wollen, ein wirksamer Riegel vorgeschoben werden.
(25.11.2021) Wird eine Mutter in einer Klinik direkt nach erfolgreicher Geburt mit ihrem neugeborenen Kind in ihrem Zimmer allein gelassen, um den Aufbau der Mutter-Kind-Bindung zu ermöglichen (sog. Bonding), so muss die Mutter dort eine Notrufklingel zur Verfügung stehen, damit sie bei Komplikationen schnell die Hebamme oder einen Arzt hinzurufen kann. Hat sie dagegen keine solche Klingel an ihrem Bett und kommt es zu Atemschwierigkeiten bei dem Kind, so haftet die Klinik für einen sich in Folge der Sauerstoffunterversorgung entwickelnden Hirnschaden des Kindes, weil das Fehlen einer solchen Klingel einen groben Behandlungsfehler darstellt (Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 20.9.2021 - 1 U 31/20).
(18.11.2021) Sobald eine Geburt regelwidrig verläuft, muss die Hebamme einen Gynäkologen hinzuziehen. Dies ist ihre elementare Pflicht - verletzt sie diese Pflicht, so liegt ein grober Behandlungsfehler vor. Blutungen der werdenden Mutter sind insofern ein Alarmzeichen für einen regelwidrigen Zustand. Die Hebamme muss die Unterlage, auf der die Mutter sitzt oder liegt (Vorlage genannt), rechtzeitig auf Blutungen kontrollieren. Wann diese Kontrolle nicht mehr rechtzeitig ist, hat das Oberlandesgericht Rostock in seinem Urtel herausgearbeitet (OLG Rostock, Urteil vom 5. November 2021 – 5 U 119/13).
(16.11.2021) Nicht nur Ärzte machen sich strafbar, wenn sie falsche Atteste ausstellen (§ 278 StGB). Auch Bürger, die solche gefälschten oder falschen Atteste einsetzen um sich Vorteile zu verschaffen, machen sich nach § 279 StGB strafbar, wie eine Entscheidung des Landgerichts Freiburg zeigt. Zum Verhängnis wurde dies einem Mann, der sich eine Befreiung von der Corona-Maskenpflicht bequem per Post besorgt hatte (Landgericht Freiburg (Breisgau), Beschluss vom 5. August 2021 – 2 Qs 36/21).
(10.11.2021) Ein Vertragsarzt hat keinen Anspruch auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens, wenn er bisher noch keine nachbesetzungsfähige Praxis aufgebaut hat. Denn dann ist eine Nachbesetzung in einem überversorgten Gebiet aus Versorgungsgründen nicht erforderlich. Dabei ist es unbeachtlich, ob der Arzt wegen der Coronakrise die Praxis nicht aufbauen konnte oder ob er dies von vorneherein nicht beabsichtigte (Sozialgericht Marburg, Gerichtsbescheid vom 8.10.2021 – S 12 KA 77/21).
(9.11.2021) Wechselt ein Vertragsarzt das Fachgebiet der Zulassung nahtlos (hier von der Anästhesie zur Allgemeinmedizin), so berührt dies seine Pflicht zum Nachweis der Erbringung der Fortbildungspflicht nicht. Mithin bleibt auch das Recht (und die Pflicht) der Kassenärztlichen Vereinigung zur Honorarkürzung davon unberührt. Im Ergebnis muss der Vertragarzt daher eine Honorarkürzung von über 7.000 EUR hinnehmen (Bundessozialgericht, Urteil vom 4.11.2021 - B 6 KA 9/20 R).
(3.11.2021) Vermehrt verlangen niedergelassene Ärzte von ihren Patienten die Einhaltung der sog. 3G-Regel. Das heißt, sie behandeln nur Patienten, die auf Covid19 geimpft, negativ getestet oder nach Infektion wieder genesen sind. Dürfen Ärzte dies tun oder sind sie rechtlich verpflichtet, auch ungeimpfte, ungetestete oder nicht genesene Patienten in ihren Arztpraxen zu behandeln?
- Werbung für medizinische Fernbehandlung durch "Roboarzt" auf Basis von künstlicher Intelligenz ist verboten: LG Hamburg 15-05-2021
- Abrechnung der OPS 8-98f durch Klinik erfordert keine transfusionsmedizinische Expertise der Klinik: BSG 16-08-2021
- Keine 3G-Regel nur für Patienten von Heilpraktikern: OVG Lüneburg 28-09-2021
- Zum Streit zwischen gesetzlicher Krankenkasse und Patient über die Übernahme von Operationskosten: LSG Bayern 07-09-2021