Die Eignung und Wirksamkeit der Nutzung des Femtosekundenlasers als Werkzeug bei der Kataraktoperation des Auges ist wissenschaftlich anerkannt. Die Schädigung der Hornhaut ist bei der Laseroperation signifikant geringer als bei der Standard-Katarakt-OP. Die Kataraktoperation mittels Femtosekundenlaser ist gegenüber der herkömmlichen Kataraktoperation das sichere und schonendere Verfahren, so dass die Operation mittels Lasers dem Grunde nach wirtschaftlich angemessen ist. Abrechenbar ist dafür die GOÄ-Ziffer 5855 analog grundsätzlich aber nur bis zum Satz von 1,8 (Verwaltungsgericht München, Urteil vom 08. Dezember 2016 – M 17 K 16.483).

AugeDer Fall:

Der Kläger ist Beamter und bei der Beklagten zu 70 % beihilfeberechtigt. Der Kläger litt unter Grauem Star beider Augen mit bestimmten anatomischen Besonderheiten (dazu unten). Seine beiden Augen wurden mittels einer laserunterstützten Katarakt-Operation behandelt.
Abgerechnet wurde u.a. für die Behandlung mit dem Femtosekundenlaser die Gebühr nach Ziffer 5855 analog GOÄ zum 2,3 fachen Satz (je 925,02 €).

Die beklagte Beihilfe lehnte die Zahlung einer Beihilfe für diese auf die Laserbehandlung entfallenden Kosten ab. Die Laseranwendung gehe über das Maß der notwendigen Versorgung hinaus. Nach den Erkenntnissen der Kommission Refraktive Chirurgie (KRC) lasse sich nicht feststellen, dass die Anwendung des Femto-Lasers auch bei einer Katarakt-Operation als wissenschaftlich anerkannte Methode anzusehen sei.

Die Entscheidung:

Das Verwaltungsgericht bejahte dem Grunde nach die Aufwendungen für den Lasereinsatz als notwendig.

Nach § 6 Abs. 1 bis 3 BBhV seien beihilfefähig grundsätzlich nur notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen.

Die streitgegenständliche Behandlung mit einem Femtosekundenlaser sei wissenschaftlich allgemein anerkannt, medizinisch notwendig und die entsprechenden Aufwendungen für die streitgegenständlichen Rechnungen seien im Wesentlichen auch wirtschaftlich angemessen.

Die vom Gericht hinzugezogenen Sachverständigen hätten nachvollziehbar dargelegt, dass es sich bei einer Kataraktoperation auf Basis der unterstützenden Femtosekundenlasertechnologie um eine allgemein wissenschaftlich anerkannte Technik handelt.

Die streitgegenständliche Behandlung diene der Beseitigung der Trübung der Augenlinse und Sehkraftminderung durch den Grauen Star. Die Notwendigkeit im beihilferechtlichen Sinne setze nur voraus, dass die in Rede stehenden Aufwendungen durch eine medizinisch gebotene Behandlung entstanden sind, was hier der Fall sei. Zwar hätten die Sachverständigen erklärt, die medizinische Notwendigkeit bestehe allein für die Operation als solche, nicht aber für die Operationstechnik, so dass die Laseroperation nicht medizinisch notwendig sei – ob angesichts der höheren Kosten der Laseroperation eine andere Behandlungsmethode hätte gewählt werden sollen, sei aber allenfalls eine Frage der wirtschaftlichen Angemessenheit, hier mithin nicht entscheidend. Zudem bestehe hier eine medizinische Notwendigkeit für die Kataraktoperation mittels Femtosekundenlaser aufgrund der anatomischen Besonderheiten des Klägers:

reduzierte Vorderkammertiefe, deutlich reduziertes Kammervolumen, deutlich fortgeschrittener Katarakt, schlecht erweiterbare Pupille, erhebliches „floppy iris“ Syndrom und Subluxation lentis, epiretinale Netzhautgliose und Zustand nach hornhautrefraktiver Behandlung).

Weil bei der ärztlichen Methodenwahl der sicherste und schonendste Weg zu wählen sei und der Einsatz des Lasers diese Voraussetzungen erfülle, sei die Behandlung auch wirtschaftlich angemessen. Denn der Lasereinsatz führe zu einer reduzierten Endothelzellzahl der Hornhaut und biete eine höhere Operationssicherheit.

Die Analogabrechnung der Ziffern 5855 GOÄ sei zulässig, allerdings nur bis zum Schwellenwert von 1,8.
Denn nach § 5 Abs. 3 Satz 2, Abs. 2 Satz 4 GOÄ dürfe für die im Abschnitt O des Gebührenverzeichnisses benannten Leistungen in der Regel eine Gebühr nur zwischen dem Einfachen bis zum 1,8-fachen des Gebührensatzes bemessen werden, es sei denn, es liegen Besonderheiten nach § 5 Abs. 2 Satz 1 GOÄ vor. Hierfür fehlte es aber an einer Begründung gemäß § 12 Abs. 3 GOÄ. Der behandelnde Arzt hat das Überschreiten des 1,8-fachen Satzes lediglich mit

„erhöhter Aufwand bei Behandlung multipler Strukturen (Hornhaut, Linsenkapsel und Linsenkern)“

begründet. Diese pauschale, schlagwortartige Behauptung ohne weitere Begründung betreffe aber lediglich den Einsatzbereich des Femtosekundenlasers, ihr sei dagegen nicht zu entnehmen, dass insoweit eine patientenbezogene Besonderheit vorlag, die einen erhöhten Aufwand bzw. eine längere Behandlung erforderte.

Praxisanmerkung:

Augenärzte, die über dem Schwellenwert von 1,8 abrechnen, sollten höchstvorsorglich immer in der Abrechnung eine ausführliche, über die bloße Verwendung von Textbausteinen hinausgehende Begründung speziell für den erhöhten Aufwand bei dem betreffenden Patienten liefern. Eine gute Dokumentation der OP (insbesondere der Zeiten zum Beginn und des Endes der OP) sind bei Streitigkeiten hilfreich.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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