(23.9.2019) Was sollten die Angehörigen unternehmen, wenn ihre Verwandten im Pflegeheim schlecht gepflegt werden, wenn es zu Unterernährung oder sogar einem Wundliegen (Dekubitus) kommt? Diese Problematik kommt immer häufiger vor, denn der grassierende Mangel an Pflegefachkräften verschlechtert die Qualität der Pflegeheime zusehends.  Vielen Angehörigen ist nicht bekannt, dass z.B. ein Dekubitus oftmals unumkehrbar ist und katastrophale gesundheitliche Folgen hat. Sechs Tipps helfen den Angehörigen, sich gegen das Pflegeheim durchzusetzen und ihre Verwandten zu schützen.

Bewohner im Pflegeheim1. Sich bevollmächtigen lassen

Lassen Sie sich von Ihrem Angehörigen, der im Pflegeheim lebt, eine Vollmacht für alle die Pflege und medizinische Angelegenheiten betreffende schriftliche Vollmacht erteilen. Damit stärken Sie Ihre Position gegenüber dem Pflegeheim, denn nun muss es mit Ihnen sprechen, Sie sind ja schließlich der Vertreter des Pflegeheimbewohners. 

2. Aufmerksam sein

Schauen Sie genau hin, behalten Sie das Gewicht Ihres Angehörigen im Auge, schauen Sie, wieviel er trinkt. Blicken Sie in das Trinkprotokoll; 1,5 Liter Aufnahme von getrunkener Flüssigkeit ist das Minimum.

Wenn Ihr Angehöriger bettlägerig odfer immobil ist, so werfen Sie ab und an einen Blick auf Fersen, Handgelenke und vor allem das Steißbein: sind dort rote Stellen? Wenn ja, müssen Sei aktiv werden und das melden, auch schriftlich.Ist Ihr Angehöriger bettlägerihg, so müssen Sie darauf achten, in welchem Rythmus er gedreht und umgelagert wird. 2 Stunden auf einer Seite (z.B. Rücken) sind die höchstzulässige Zeit. Ansonsten entstehen Druckstellen. Besonders gefährdet sind dabei Fersen und vor allem das Steißbein. 

Mobilisieren Sie Ihre immobilen Angehörigen, so gut es geht. Jedes Aufstehen hilft, jeder geführte Gang über den Flur bringt den Kreislauf in Schwung und durchblutet die Haut - was wichtig für die Verhinderung von Druckstellen ist. Drängen Sie auf die Verwendung einer Antidekubitusmatratze!

Überprüfen Sie, wie oft Ihr Angehöriger nachts umgelagert wird. Lassen Sie sich die Bewegungsprotokolle (auch Lagerungsprotokolle genannt) zeigen. Mehr als drei Stunden sollte Ihr Angehöriger nicht auf einer Seite liegen. 

3. Beschwerden zuerst mündlich, danach auch schriftlich anbringen

Fällt Ihnen ein Mißstand auf, so sprechen Sie dies bitte zuerst freundlich mündlich an. Wenn sich dann aber nichts ändert, bringen Sie die Beschwerden von da an zusätzlich auch schriftlich an. Dies kann schnell und einfach per Fax oder E-mail geschehen. 

4. Zustand dokumentieren

Sobald z.B. rote Stellen auftreten, müssen Sie das fotografieren. Wann immer Ihnen ungewöhnliche Dinge auffallen (z.B. Ihr Angehöriger sitzt über Stunden im Rollstuhl ohne Lagerungskissen), so schreiben Sie dies in ein Protokoll mit Datum, Uhrzeit und Ihrer Unterschrift. Machen Sie ein Foto von der Situation. 

5. Fachleute hinzuziehen

Holen Sie den Hausarzt Ihres Verwandten ans Bett. Und bestellen Sie - auf eigene Kosten -  einen externen Physiotherapeuten ans Bett. Die von diesen beiden externen Fachleuten gefertigten Berichte dokumentieren den Zustand, zeigen eventuell noch nicht erkannte Mißstände auf, verstärken Ihre Verhandlungsposition mit dem Pflegeheim und helfen Ihnen in einem möglichen Haftungsprozess. 

6. Kündigen, ausziehen und Schadensersatz geltend machen - aber richtig

Wenn Sie wegen Pflegefehlern schriftlich außerordentlich kündigen und in ein anderes Heim umziehen, können Sie unter Umständen sogar den Ersatz der Umzugskosten verlangen (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 25. Juni 2013 – I-26 U 90/09 –, Rn. 20, juris). Wichtig ist aber, dass Sie in der Kündigung betonen, dass Sie wegen der Fehler ausziehen. 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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