(8.11.2019) Letztlich erstattete die gesetzliche Krankenversicherung der Patientin die Behandlungskosten von rund 5.000 € nicht, nachdem sie sich auf ärztlichen Rat hin in einer Privatklinik am Rücken operieren ließ. Denn gesetzlich Krankversicherte können sich nur in Notfällen und Sonderfällen in Privatkliniken auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung behandeln lassen und ein solcher Fall lag hier nicht vor (Sozialgericht Aachen, Urteil vom 22.10.2019 – S 13 KR 168/19). Wie kann sich der Patient vor solchen Situationen schützen? Und inwiefern muss der Arzt den Patienten hier über die wirtschaftlichen Folgen einer Behandlung aufklären?

Arzt betrachtet RöntgenaufnahmenDer Fall: 

Die bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Klägerin hat bei der T. J. Krankenversicherung a.G. eine private Zusatzkrankenversicherung abgeschlossen.

Sie litt unter Rückenbeschwerden. Schon 2013 wurde sie deswegen am Rücken operiert in einer Privatklinik - diese Kosten wurden damals von ihrer gesetzlichen Krankeversicherung beglichen.

2017 traten erneut Rückenbeschwerden auf. Ihr Hausarzt empfahl ihr aufgrund der orthopädischen Vorerkrankung und gelebten Anamnese dringend eine stationäre Behandlung in der N.-Klinik L. (Neurochirurgie). Dies ist eine Privatklinik und nicht zur Versorgung gesetzlich Versicherter zugelassen. Die Klägerin verpflichtete sich gegenüber dieser Klinik schriftlich zur Zahlung der Behandlungskosten "als Selbstzahler".

Vom 12.12. bis 15.12.2017 wurde die Klägerin in der N.-Klinik L. stationär am Rücken behandelt.

Unter dem 15.01.2018 stellte die N.-Klinik der T. J. für die Behandlung 4.989,92 EUR als Vergütung (DRG I10F) zuzüglich 420,00 EUR für Wahlleistung (Einzelzimmerzuschlag), insgesamt 5.409,92 EUR in Rechnung.

Da die T. J. aufgrund der privaten Zusatzversicherung lediglich die Wahlleistung vom 420,00 EUR übernahm (vgl. Abrechnung vom 08.02.2018) stellte die N.-Klinik der Klägerin unmittelbar unter dem 24.05.2018 4.989,92 EUR für die Krankenhausbehandlung in Rechnung.

Die Klägerin beglich die Rechnung im Juni 2018.

Am 01.06.2018 reichte die Klägerin diese Rechnung bei der Beklagten ein und bat um Kostenübernahme mit den Hinweisen, die Rechnung sei ihr erst jetzt zugesandt worden, bereits im Jahre 2013 seien Kosten "für die gleiche OP" in der MediaPark-Klinik übernommen worden.

Durch Bescheid vom 25.07.2018 lehnte die Beklagte den Kostenübernahmeantrag ab mit der Begründung, die Behandlung in der Privatklinik sei nicht zuvor bei der Krankenkasse beantragt worden.

Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein und erhob gegen den den Widerspruch ablehnenden Bescheid schließlich Klage vor dem Sozialgericht.

Die Entscheidung:

Das Sozialgericht wies die Klage als unbegründet zurück. 

Von der Kasse kann der Versicherte Geld für eine Privatbehandlung nur in drei Fällen ersetzt bekommen (§ 13 SGB V, Kostenerstattung): in Notfällen oder wenn die Kassenärzte die Leistung nicht erbringen konnten oder wenn die Kasse die zuvor angeforderte Leistung unberechtigterweise nicht erbringen wollte. Keiner dieser Fälle lag hier vor, so das Sozialgericht.

Und dass sie 2013 private Leistungen erstattet erhielt von ihrer Kasse besagt aus Sicht des Gerichts nicht, dass die Kasse nun auch verpflichtet ist, 2017 erbrachte Privatleistungen zu bezahlen. 

Praxisanmerkung: 

Da sich die Patientin vor Beginn der Behandlung gegenüber der Privatklinik schriftlich verpflichtete, die Rechnung "als Selbstzahler" zu begleichen, konnte sie wissen, was auf sie zukommt. Denn üblicherweise muss ein gesetzlich Versicherter keine solchen Erklärungen abgeben vor der Behandlung. Die Patientin hätte wissen können, dass sie diese Kosten selbst zahlen muss. 

Die Patientin hätte gut daran getan, vor Beginn der Behandlung schriftlich einen Kostenvoranschlag anzufordern bei der Privatklinik und diesen dann - zusammen mit einem Arztbrief - ihrer gesetzlichen  Krankenversicherung vorzulegen mit der Bitte um Erklärung, ob sie diese Kosten übernehmen wird. Alles andere ist grob fahrlässig. Insbesondere, wenn die Patientin gegenüber der Privatklinik durch ihre Unterschrift schriftlich erklärt, dass sie sich zur Zahlung der Behandlungskosten als Selbstzahler verpflichtet. 

Der Hausarzt der Klägerin war verpflichtet, die Patientin darauf hinzuweisen, dass es neben der Privatklinik auch andere Kliniken in der Nähe gibt (hier sogar Universitätskliniken), die diese Leistungen ebenfalls erbringen können. Und er hätte hinweisen müssen darauf, dass die Kasse Kosten von Privatkliniken regelmäßig nicht bezahlt. Er hätte diese Hinweise auch dokumentieren sollen. Denn dies ist seine wirtschaftliche Aufklärungspflicht. Verletzungen dieser Aufklärungspflicht können zu Schadenersatzansprüchen der Patienten führen.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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