(19.11.2019) Ein Klinik-Chefarzt, der gleichzeitig auch zu 1/2 als Vertragsarzt zugelassen ist, muss am ärztlichen Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung teilnehmen (Bayrisches Landessozialgericht, Urteil vom 17.1.2019 - L 12 KA 53/18).

Chefarzt muss zum Bereitschaftsdienst der KV antretenDer Fall:

Der Urologe ist als Chefarzt an einem Klinikum angestellt und führt dort zusammen mit seinem Praxispartner die urologische Abteilung. Gleichzeitig nimmt er mit einem hälftigen Versorgungsauftrag an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Im April 2016 wurde er mit Bescheid zur Teilnahme am ärztlichen Bereitschaftsdienst der KV verpflichtet. Dagegen klagte er. Das Sopzialgericht München wies seine Klage als unbegründet ab. Der Arzt ging in Berufung und verwies auf die Parallele zu den zeitlichen Belastungen eines Belegarztes. Dieser müsse auch keine vertragsärztlichen Bereitschaftsdienste leisten.

Die Entscheidung: 

Das LSG München wies die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts als unbegründet zurück.

Nach Auffassung des Landessozialgerichts besteht für jeden Vertragsarzt die grundsätzliche Verpflichtung, am Bereitschaftsdienst teilzunehmen. Die Tätigkeit als Chefarzt sei nicht gleichzusetzen mit der eines Vertragsarztes, der zugleich belegärztlich im Rahmen der ambulanten Versorgung tätig sei. Die Tätigkeit als Chefarzt sei dagegen dem stationären Bereich zuzuordnen. Die Klinik-Bereitschaftsdienste, die er als Chefarzt im Krankenhaus leiste, könnten bei der Frage der Befreiung vom vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst dagegen nicht berücksichtigt werden. Die Doppelbelastung müsse der Arzt hinnehmen. Als Vertragsarzt habe er sich freiwillig einer Reihe von Einschränkungen seiner ärztlichen Berufsausübung unterworfen, die mit der Einbeziehung in ein öffentlich-rechtliches Versorgungssystem verbunden sei. Hierzu gehöre auch die Pflicht zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst. Ohne die Erbringung der KV-Bereitschaftsdienste sei eine ausreichende Versorgung der Versicherten nicht gewährleistet.

Quelle: Pressemitteilung des DAV MedR 18/2019 v. 18.11.2019

Praxisanmerkung: 

Nach § 2 der Bereitschaftsdienstordnung der KV Bayern sind zur Teilnahme am Ärztlichen Bereitschaftsdienst verpflichtet u.a. Vertragsärzte mit vollem und hälftigem Versorgungsauftrag. 

Auf Antrag kann ein Arzt aus schwerwiegenden Gründen ganz, teilweise (z. B. nur vom Fahrdienst) oder vorübergehend vom Ärztlichen Bereitschaftsdienst befreit werden. Schwerwiegende Gründe liegen insbesondere vor, wenn der Arzt wegen nachgewiesener Erkrankung oder körperlicher Behinderung zur Teilnahme am Ärztlichen Bereitschaftsdienst nicht in der Lage ist, eine Ärztin schwanger ist, dem Arzt nachgewiesenermaßen wegen besonderer belastender familiärer Pflichten dem Arzt eine Teilnahme am Bereitschaftsdienst nicht zuzumuten ist oder erlas Belegarzt tätig ist während an diesem Belegkrankenhaus weniger als sechs Belegärzte des Fachgebiets tätig sind (§ 14 der Bereitschaftsdienstordnung der KV Bayern). Diese Gründe müssen gut belegt sein. Ärztliche Atteste müssen hinreichend aussagekräftig sein und sich auch mit der Dienstfrequenz (Häufigkeit und Dauer) des Bereitschaftsdienstes beschäftigen. 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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