(17.12.2019) Kann eine Krankenkasse nicht innerhalb von fünf Wochen entscheiden, ob sie eine beantragte medizinische Behandlung bezahlt, muss sie dem versicherten Patienten schriftlich mitteilen, warum sich die Prüfung verzögert. Dies wurde nun einer Krankenkasse zum Verhängnis, die diese Mitteilung lediglich mit "Ihre Krankenkasse" unterzeichnete - sie muss die Kosten einer operativen Behandlung (hier einer umfangreichen Hautstraffung nach einer Magenverkleinerung einer Patientin) bezahlen (Sozialgericht Heilbronn, Urteil vom 22.11.2019 - S 14 KR 3166/18).  

Fettschürzen am Oberschenkel bedürfen der operativen HautstraffungDer Fall:

Mit einer Magen-Bypass-Operation konnte eine 61jährige Patientin ihr Gewicht um ganze 40 kg verringern. Nun litt sie aber unter Hautfalten und einer fehlgebildeten Brust und wollte dies operativ beheben lassen. Sie stellte einen entsprechenden schriftlichen Antrag bei ihrer Krankenversicherung (der Beklagten) und fügte Arztbriefe bei.

Die Kasse teilte der Klägerin am 11.5.2018 mit, dass sie den Antrag nicht binnen der gesetzlichen Fünfwochenfrist (§ 13 SGB V) bearbeiten könne, weil noch eine Untersuchung beim Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK)  erforderlich sei. Die Kasse verlieh aber ihrer Hoffnung Ausdruck, eine Entscheidung bis Anfang Juni 2018 treffen zu können. Dieses Schreiben war unterzeichnet mit "Mit freundlichen Grüßen Ihre KK". Ein Sachbearbeiter war in dem Schreiben nicht erkennbar.

Ende Mai 2018 - sprich nach Ablauf der Fünfwochenfrist des § 13 SGB V - schrieb die Kasse der Klägerin, dass sie die Leistung teilweise als nicht medizinisch notwendig, ja sogar als rein kosmetisch ablehne.

Dagegen klagte die Patientin.

Die Entscheidung:

Das SG Heilbronn gab der Klägerin Recht und verurteilte die Kasse, die Behandlungskosten für die Hautstraffungsoperationen zu bezahlen. 

Die Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V nach Ablauf der strengen Fünfwochenfrist sei hier eingetreten. Daher habe die Klägerin Anspruch auf Gewährung stationärer Straffungsoperationen ihrer Brüste, ihrer Oberarme und ihrer Oberschenkel. Denn die Kasse habe nicht binnen der maßgeblichen Fünfwochenfrist über den ordnungsgemäßen Antrag der Patientin entschieden. Zwar könne die Kasse die Frist retten, wenn sie dem Versicherten unter Angabe von Gründen schriftlich mitteile, warum sich deie Bearbeitung verzögere (§ 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V).

Das Schreiben der Kasse vom 11.5.2018 genüge aber nicht dem Schriftformerfordernis, weil es nicht unterschrieben sei, so das Gericht. Schriftform bedeute, dass das Schreiben unterschrieben sein müsse mit einer Unterschrift. Das Schreiben der Kasse lasse aber noch nicht mal den Sachbearbeiter erkennen.

Die Klägerin habe die Leistung auch für erforderlich halten dürfen und die Leistungen liege nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskataloges der Gesetzlichen Krankenversicherung, so das Gericht weiter.

Praxisanmerkung:

Hat die Kasse eine von Ihnen beantragte Leistung abgelehnt? Oder hat sie - wie hier - erklärt, dass sie länger benötigt für die Prüfung des Antrages? Dann prüfen Sie, ob diese Schreiben unterschrieben waren. Falls nicht, könnten Sie die Leistung beanspruchen und zwar unabhängig von der - oft strittigen - Frage, ob die Leistung medizinisch notwendig ist. Denn  die Fünfwochenfrist und die Genehmigungsfiktion sind scharfe Schwerter in der Hand des gesetzlich krankenversicherten Patienten. 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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