(22.4.2020) Es gibt steuerliche Lasten, die der selbständige Arzt nach Möglichkeit vermeiden möchte, da diese Lasten den Umsatz der Praxis mindern: Die Gewerbesteuerpflicht und die Umsatzsteuerpflicht. Vielen Ärzten ist nicht bekannt, dass Ihnen die Gewerbesteuerpflicht droht, wenn sie einen Arzt in ihrer Praxis anstellen oder wenn sie in einer Gemeinschaftspraxis keine Risiken übernehmen. Wie kann man dies vermeiden?

Ärzte im GesprächWann ist ein angestellter Arzt so tätig, dass dies keine Gewerbesteuerpflicht auslöst?

  1. Der Praxisinhaber muss eine Kontrollfunktion ausüben, er muss seinen angestellten Kollegen also überwachen
  2. Der Praxisinhaber muss am Ende die volle Verantwortung für alle Behandlungen (gleich ob GKV- oder PKV-Patienten) übernehmen
  3. Der Praxisinhaber sollte festlegen, wie die Praxis organisiert wird sowie Leitlinien für die Behandlung der Patienten formulieren
  4. Der Praxisinhaber sollte die Behandlung durch den Angestellten überwachen
  5. idealerweise übernimmt der Praxisinhaber einen Behandlungsteil - z.B. Schlußbesprechung mit Patient oder Eingangsuntersuchung - jedenfalls sollte er der Behandlung irgendwie seinen Stempel aufdrücken

Anzeichen für eine Gewerbesteuerpflicht, die der Praxisinhaber vermeiden sollte:

  1. Der angestellte Arzt arbeitet selbständig (erstellt selbst Diagnosen und behandelt selbständig) ohne Kontrolle durch Praxisinhaber
  2. der angestellte Arzt ist in einem anderen Fachgebiet tätig als der Praxisinhaber: dann kann der Praxisinhaber den Angestellten gar nicht kontrollieren und überwachen 
  3. Der Praxisainhaber behandelt die Privatpatienten, der Angestellte übernimmt die Behandlung der Kassenpatienten
  4. oder der Praxisainhaber arbeitet in der Praxis und der Angestellte "übernimmt" die Tätigkeit in der Zweigpraxis

Fazit zur Anstellung:

Stellen selbstständige Ärzte Kollegen an, verlieren sie damit also nicht zwangsläufig ihren Status als Freiberufler, bleiben also grundsätzlich gewerbesteuerfrei. Freiberuflich tätig sind sie zumindest dann, wenn sie die patientenbezogene Tätigkeit des angestellten Fachpersonals maßgeblich beeinflussen (Stempeltheorie, die Leistung trägt den Stempel der Persönlichkeit des Steuerpflichtigen). Die Inhaber größerer Praxen müssen darauf achten, dass sie für Patienten auch dann noch eine Bezugsperson bleiben, wenn sie Kollegen bei sich anstellen. Das gilt umso mehr, wenn diese Kollegen in Zweig- und Filialpraxen zum Einsatz kommen. Eine Überwachungsmöglichkeit bei fachfremden angestellten Ärzten ist kaum möglich, so dass die gesamte Praxis wohl gewerbliche Einkünfte erzielt, wenn ein fachfremder Arzt angestellt wird (Beispiel: Anstellung eines Strahlentherapeuten in einer radiologischen Praxis), siehe dazu die Entscheidung des Bundesfinanzhofes 16.7.2014 - VIII R 41/12).

Weitere Gefahr: Gewerbesteuerpflicht in Gemeinschaftspraxis, weil Arzt dort kein Risiko übernommen hat

Erzielt ein Arzt als Gesellschafter einer Gemeinschaftspraxis nur eigene Umsätze ohne ein tatsächliches unternehmerisches Risiko zu tragen, kann daraus eine Gewerbesteuerpflicht für alle Beteiligten erwachsen. Dies hat der Bundesfinanzhof schon 2015 festgestellt (BFH Urteil vom 3.11.2015 - VIII R 63/13). Eigene Risiken übernimmt, wer entweder Geld oder Sachen einbringt oder auch am Verlust der Gemeinschaftspraxis beteiligt ist. 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
Vertretung und Beratung im Medizinrecht und Arztrecht
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