(7.8.2020) Der Patient will vorher wissen, worauf er sich bei einer Operation oder einer medikamentösen Behandlung etc. einlässt und welche Risiken er damit eingeht. Der Arzt ist verpflichtet, ihn darüber aufzuklären. Patienten beschweren sich aber oft darüber, nicht richtig aufgeklärt worden zu sein und sich nicht hätten behandeln lassen, wenn sie richtig aufgeklärt worden wären. Was kann der Patient eigentlich tun, um einen Aufklärungsfehler zu verhindern bzw. um eine gute und umfassende Aufklärung zu bekommen?

Arzt klärt Patient auf1. Aufklärungsformular gut durchlesen vor Unterschrift

Manche Ärzte verwenden sog. Aufklärungsformulare. Gesetzlich verpflichtet sind sie dazu nicht (der Arzt muss Sie nur im Großen und Ganzen aufklären und kann dies auch nur mündlich tun). Insbesondere die professionell erstellten Formulare (zB von perimed) stellen auch meist die Risiken vollständig dar. Das Problem ist, dass manche Patienten diese Formulare gar nicht richtig durchlesen, sondern nur überfliegen.

Tipp:

  • Nehmen Sie sich Zeit für das Lesen der Aufklärungsformulare.   
  • Dafür brauchen Sie Zeit - weisen Sie es zurück, ein Formular abzuzeichnen, dass Ihnen erst kurz vor Beginn der Behandlung überreicht wird.
  • Haben Sie dann Fragen an den Arzt? Trauen Sie sich, diese auch zu stellen. manche Patienten trauen sich das gar nicht.

2. Nehmen Sie das Formular nach Hause mit und prüfen Sie es

Ein guter Arzt gibt Ihnen das Aufklärungsformular schon bei dem Gespräch, bei dem Sie über die Operation/Behandlung entscheiden sollen. Sagen Sie also nicht sofort "Ja", sondern bestehen Sie darauf, das Formular zu Hause durchzulesen. 

Tipp:

  • Lehnt der Arzt dies ab, sollten Sie fragen, warum und sich das Ganze im Zweifel noch einmal gut überlegen.
  • Nachdem Sie das Formular zu Hause durchgearbeitet haben, können Sie dem Arzt bei einem weiteren Gespräch Ihre Fragen dazu stellen.

3. Antworten des Arztes auf Formular vermerken

Es kommt immer wieder vor, dass der Arzt ein im Formular benanntes Risiko auf Nachfrage "klein redet". Oder er macht mündliche Aussagen zu einem geringen oder nicht bestehenden Risiko.

Tipp:

  • Tut er dies, so vermerken Sie seine Antworten handschriftlich auf dem Formular, etwa "Routineoperation" oder "das ist eine absolute Standardbehandlung, bei der wir eigentlich nie Pronbleme haben" oder "in den letzten zehn Jahren ist hier nichts passiert".
  • Will der Arzt dies nicht, sollten Sie sich die Sache noch einmal gut überlegen. Im Zweifel lassen Sie das Ganze sein und gehen zu einem anderen Arzt. 
  • Schließt der Arzt ein auf dem Formular benanntes Risiko im Gespräch aus, dann streichen Sie den Abschnitt auf dem Formular, auf dem das Risiko steht, gut sichtbar durch. Dann ist klar, dass das Risiko nicht besteht. In der Rechtsprechung gilt: was in einem Formular vor cxder Unterschrift durchgestrichen wurde, gilt nicht. 

4. Kein Formular - das sollte Sie mißtrauisch machen

Verwendet der Arzt für einen operativen Eingriff entweder kein Formular oder ein kurzes, das er offensichtlich selbst einmal vorbereitet hat, ist Vorsicht geboten.

Tipp:

  • Klärt der Arzt Sie gleichwohl mündlich ausführlich auf, vermerken Sie die Angane  des Arztes über Risiken und Nebenwirkungen stichwortartig auf einem Zettel, versehen diesen mit dem Datum und Ihrem Namen und dem Namen des Arztes und bitten den Arzt, es abzuzeichnen. Will er dies nicht, lassen Sie die Finger davon.
  • Ist die Aufklärung kurz und knapp, ist das kein gutes Zeichen. 

5. Der Arzt verwendet nur ein Formular, klärt Sie aber nicht mündlich auf oder die mündliche Aufklärung erfolgt durch einen Nicht-Arzt

Die mündliche Aufklärung durch einen Arzt ist aber gesetzlich vorgeschrieben (§ 630e BGB). Eine rein schriftliche Aufklärung reicht nicht aus. Auf den Formularen steht aber oft, dass das Formular mit dem Patienten besprochen wurde und er keine Fragen mehr hat. Wenn Sie das dann abzeichnen, ohne wirklich mit dem Arzt gesprochen zu haben, können Sie nachher dumm dastehen.

Tipp:

  • keine mündliche Aufklärung = keine Behandlung. Suchen Sie einen anderen Arzt auf.
  • Aufklärung durch Nicht-Arzt (z.B. Helfer, Krankenschwester) ist wertlos, denn diese Personen kennen die Risiken gar nicht, weil sie keine Ärzte sind. 
  • sollen Sie durch einen offensichtlich jungen Arzt/Ärztin (Berufsanfänger oder Arzt in Ausbildung) aufgeklärt werden, so sollten Sie dies im Zweifel schlicht zurückweisen und auf Aufklärung durch einen erfahrenen Arzt bestehen. 

6. Uhrzeit und Dauer des Gesprächs auf Formular vermerken

Immer wieder wird vor Gericht darüber gestritten, wann die Aufklärung erfolgte (insbesondere bei stationär aufgenommenen Patienten) und wie lange das Gespräch dauerte (ausführliche Aufklärung oder lediglich "Überfliegen und Unterzeichnen"). Durch Vermerken von Uhrzeit und Dauer schaffen Sie Klarheit.  

7. Zu guter Letzt: Foto von unterzeichnetem und ausgefülltem Formular machen

Heutzutage hat jeder ein Mobiltelefon mit Kamera-Funktion. Machen Sie also kurzerhand ein Foto aller Seiten des bearbeiteten und ausgefüllten Aufklärungsbogens. Denn vor Gericht tauchen manchmal verschiedene Versionen des Formulars auf: der Arzt hat ein Formular mit Anmerkungen und mit Ihrer Unterschrift, der Patient ein anderes. Das Gericht rätselt dann, welches das Richtige ist und wan die Eintragungen gemacht wurden. Wenn Sie die schlußendliche Version des Formulars fotografieren, schaffen Sie Klarheit. 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
Vertretung und Beratung im Medizinrecht und Arztrecht
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