jameda Bewertungen

(20.11.2020) Patienten orientieren sich bei der Suche nach einem guten Arzt oder Zahnarzt gern an Bewertungen des Arztes auf Bewertungsportalen. Jameda ist Marktführer der Arztbewertungsportale. Nun hat Jameda die Bewertungen eines Zahnarztes mit Warnhinweisen versehen. Dagegen klagte der Zahnarzt. Das OLG Frankfurt sah die Warnhinweise aber als berechtigt an - wenn bestimmten Voraussetzungen erfüllt sind (OLG Frankfurt, Beschluss vom 19.11.2020 - 16 W 37/20).  

Der Fall: 

Nicht nur Twitter versieht Tweets mit Warnhinweisen, wenn diese Tweets offensichtlich unwahr sind. Auch das Ärztebewertungsportal Jameda.de tut dies seit kurzem. Im vorliegenden Fall versah Jameda die positiven Bewertungen eines Zahnarztes mit folgendem Hinweis:

Bei einzelnen Bewertungen auf diesem Profil haben wir Auffälligkeiten festgestellt, die uns veranlassen an deren Authentizität zu zweifeln. Wir haben den Profilinhaber mit dem Sachverhalt konfrontiert. Hierdurch ließ sich die Angelegenheit bisher nicht aufklären. Der Profilinhaber bestreitet für die Manipulation selbst verantwortlich zu sein.

Zuvor hatte Jameda.de den Zahnarzt auf die Auffälligkeiten hingewiesen. E-Mails und IP-Adressen der Bewerter zeigten, dass diese für Bewertungsanbieter tätig waren und diese Bewerter ebenfalls das Ärzte-Profil des Klägers bewertet haben sollen. Der Zahnarzt bestritt eine Manipulation und teilte Jameda.de mit, es liege ein Erpressungsversuch vor: Er habe Schreiben von Erpressern erhalten, die mit dem Zusenden positiver Bewertungen an die Antragsgegnerin gedroht hätten, wenn er nicht 500 Euro zahle. Das überzeugte Jameda.de nicht und die Bewertungsplattform veröffentliche den Warnhinweis.

Der Zahnarzt verlangte Unterlassung dieses Hinweises. Das Landgericht Frankfurt wies seinen Unterlassungsantrag ab, wogegen der Zahnarzt Beschwerde zum OLG einlegte.  

Die Entscheidung:

Das OLG Frankfurt sah den Warnhinweis ebenfalls als berechtigt an. 

Der Warnhinweis greife zwar in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des Gewerbebetriebs ein. Dies sei jedoch nicht rechtswidrig. Der Zahnarzt moniere zu Unrecht, dass Jameda ihn "als Lügner und Betrüger" darstelle. Dem Warnhinweis sei vielmehr klar zu entnehmen, dass es sich um einen bloßen Verdacht handele und der Zahnarzt die Vorwürfe bestreite. An keiner Stelle werde der Eindruck erweckt, der Arzt selbst sei für die Bewertungen verantwortlich. Die Vorgehensweise von Jameda sei deshalb nach den Grundsätzen über die sog. Verdachtsberichterstattung gedeckt. Diese Grundsätze seien auf Jameda, die mit dem Bewertungsportal eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion ausübe, anwendbar. Jameda berufe sich hier zu Recht auf einen "Mindestbestand an Beweistatsachen für das Vorliegen gekaufter/manipulierter Bewertungen im Profil" des Zahnarztes. Das Oberlandesgericht verweist auf die landgerichtlichen Feststellungen, wonach Jameda anhand von E-Mails und IP-Adressen herausgefunden habe, dass Bewerter für Bewertungsanbieter tätig waren und diese Bewerter ebenfalls das Ärzte-Profil des Zahnarztes bewertet haben sollen.

Dass diese Nutzer gekaufte Bewertungen abgaben, hätten andere, von diesen Nutzern bewertete Ärzte eingeräumt. Der Verdacht falle dabei grundsätzlich auf den Zahnarzt als Profilinhaber. Dieser müsse die Vorwürfe ausräumen bzw. an der Aufklärung mitwirken. Dem sei der Zahnarzt hier nicht hinreichend nachgekommen. Ohne Erfolg berufe er sich auf angebliche Erpressungsversuche. Sein Vorbringen, er habe Schreiben von Erpressern erhalten, die mit dem Zusenden positiver Bewertungen an die Antragsgegnerin gedroht hätten, wenn er nicht 500 Euro zahle, sei widersprüchlich und nicht plausibel. So sei es etwa nicht verständlich, warum die Erpresser nicht unmittelbar mit negativen Bewertungen gedroht hätten.

Der Warnhinweis sei auch in seiner Gestaltung nicht zu beanstanden. Insbesondere enthalte er keine Vorverurteilung. Schließlich bestehe ein öffentliches Interesse an dem Warnhinweis. Dies sei bereits beim Verdacht einer Manipulation anzunehmen.

Praxisanmerkung:

Es ist bekannt, dass Anbieter von Waren und Dienstleistungen im Internet positive oder negative Bewertungen kaufen können und dass dieser "Service" auch im großen Stil genutzt wird. Ich habe auch schon Fälle erlebt, in denen sich Ärzte selbst gute Bewertungen geschrieben haben oder ihre unmittelbaren Konkurrenten schlecht bewerteten, um ihre Marktchancen zu erhöhen. Gekaufte Bewertungen verzerren das Bild der Bewerteten und erschweren dem Verbraucher eine objektive Bewertung. Trotz der nun verwendeten Warnhinweise bleibt bei Bewertungen im Internet Vorsicht angebracht. Es ist Patienten daher davon abzuraten, ihre Entscheidung, welchen Arzt sie aufsuchen, allein von solchen Bewertungen abhängig zu machen.

Wer einen guten Arzt sucht, sollte stattdessen lieber seine Freunde und Bekannten nach einem Tipp fragen.  

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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