Corona Test(8.2.2021) Lerht eine urologische Patiientin eine Testung auf SARS-CoV-2 ab, so ist die Klinik berechtigt, ihr die (nicht dringend oder notfallmäßig gebotene) Krankenhausbehandlung und die stationäre Aufnahme zu verweigern (Landgericht Dortmund, Beschluß vom 4.11.2020 – 4 T 1/20). Die Entscheidung dürfte sich zwanglos auch auf Rehakliniken und Kurkliniken übertragen lassen.  

Praxisanmerkung:

Der Schutz der Klinikpatienten und auch des Klinikpersonals vor einer Einschleppung der SARS-CoV-2-Virus (vulgo: Corona-Virus) in die Klinik geht hier also den Interessen einer einzelnen Patienten vor. Das Landgericht arbeitete heraus, dass die Klinik nicht gezwungen werden kann, ein solches Risiko einzugehen. Die Klinik ist berechtigt, einen solchen Test zu verlangen und deises Recht ergibt sich bereits aus § 630 a BGB. Der Einwand der Patientin, diese PCR-Tests seien nicht zuverlässig, ließ das Gericht nicht gelten. Denn sachkundig sei insofern nur das Robert-Koch-Insititut, und dieses hat diese Tests empfohlen. 

Die Entscheidung gibt den Klinikleitungen Rechtssicherheit. Zugleich gibt die Entscheidung den Kliniken ein wichtiges Instrument an die Hand im Gespräch mit Patienten, die gegen eine Testung Bedenken haben. 

Der Fall:

Die privatversicherte beschwerdeführerende Patientin begehrt im Wege der einstweiligen Verfügung, der Beschwerdegegnerin, einer Krankenhausträgerin eines Krankenhauses mit mehreren Standorten, aufzugeben, mit ihr einen Behandlungsvertrag zur Abklärung und gegebenenfalls notwendigen Therapie der vom ambulant behandelnden Urologen unter dem 24.9.2020 gestellten Diagnose einzugehen, ohne von ihr die Mitwirkung bzw. die Hinnahme einer körperlichen Untersuchung zur Feststellung einer Infektion mit dem SARS-CoV-2 oder einer Erkrankung an COVID-19 zu verlangen.

Die Beschwerdeführerin, die sich im Zeitpunkt der Antragstellung in der 33. Schwangerschaftswoche befand, begab sich am 22.9.2020 wegen starker Schmerzen zunächst in die Notaufnahme des Klinikums E. Die dortige Behandlerin empfahl die dringende urologische Abklärung. Die Klägerin wurde daraufhin in das Krankenhaus T. verbracht, dessen Trägerin die Beklagte ist. Dort teilten die Behandler der Beschwerdeführerin mit, dass sie zur weiteren Aufklärung, und gegebenenfalls zur Therapie, stationär aufgenommen werden solle. Die Beschwerdeführerin wurde aufgefordert, sich einer körperlichen Untersuchung zur Feststellung einer Infektion mit dem SARS-CoV-2 oder einer Erkrankung an COVID-19 zu unterziehen, was diese ablehnte. Infolge der Verweigerung des Testes musste die Beschwerdeführerin die Einrichtung verlassen.

Der ambulant behandelnde Urologe stellte unter dem 24.9.2020 eine Verordnung von Krankenhausbehandlung aus. Als Diagnose ist dem Vordruck „unklare Raumforderung linke Niere mit rezidivierenden Schmerzen in linker Flanke in 33. Schwangerschaftswoche“ zu entnehmen. Der Unterpunkt Fragestellung/Hinweise enthält den Eintrag „Bitte um die Abklärung gegebenfalls Therapie“.

Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, dass die Beschwerdegegnerin die Aufnahme bzw. die Behandlung nicht verweigern könne. Dass sie den Test verweigere, sei zulässig. Es fehle an einer Anspruchsgrundlage. Der Test sei auch nicht wirksam. In diesem Zusammenhang behauptet sie unter Bezugnahme auf einen Bericht der Stiftung Corona-Ausschuss vom 14.9.2020 („SARS-CoV2 und die Lockdown-Folgen“), dass die verwendeten Testkits nicht in der Lage seien, eine Infektion festzustellen. Sie würden lediglich eine Aussage darüber treffen, ob sie einen zuvor definierten DNA-(Teil-) Strang wiedererkennen. Hieraus lasse sich jedoch keine verbindliche Aussage über eine für eine Infektion notwendige Viruslast herleiten.

Das Amtsgericht (AG) Dortmund hat den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit der Begründung abgelehnt, dass kein Anspruch auf Abschluss eines Behandlungsvertrages ohne die Durchführung des verlangten Tests bestehe. Nach § 5 der Coronaschutzverordnung NRW (CoronaSchutzVO NRW) hätten die Krankenhäuser die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Eintrag von Coronaviren zu erschweren und Patienten und Personal zu schützen. Dies rechtfertige das Durchführen eines solchen Testes. Die Beschwerdegegnerin habe ihr Ermessen insoweit in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt.

Die Beschwerdeführerin hat diesen Beschluss vor dem LG Dortmund mit der sofortigen Beschwerde angefochten.

Die Entscheidung:

Die sofortige Beschwerde ist unbegründet. Das AG hat den Antrag auf Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung zu Recht zurückgewiesen.

Vorliegend fehlt es bereits am erforderlichen Verfügungsanspruch (§§ 940, 935 ZPO). Unter Berücksichtigung der im einstweiligen Verfügungsverfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung besteht kein Anspruch auf Abschluss eines Behandlungsvertrages bzw. auf Fortsetzung (der am 23.9.2020 begonnenen Behandlung).

Zwar folgt der grundsätzliche Kontrahierungszwang der Beschwerdegegnerin und die damit einhergehende allgemeine Aufnahme- und Behandlungspflicht aus ihrer Einbindung in ein öffentlich-rechtliches Planungs- und Finanzierungssystem im Rahmen ihrer planerischen Aufgabenstellung und Leistungsfähigkeit, sofern bei einem Patienten Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit besteht. Dies gilt auch unabhängig vom Versichertenstatus des Patienten und damit auch für die Beschwerdeführerin als Privatversicherte. Indes gilt die Aufnahmepflicht/besteht ein Kontrahierungszwang nicht unbeschränkt. Dies folgt bereits aus den gesetzlichen Grundlagen, §§ 630 b, 626 Absatz 1 BGB. So sind Behandlungsverträge aus wichtigem Grund unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und der beiderseitigen Interessen jederzeit fristlos kündbar. Für die Phase der Vertragsanbahnung bedeutet dies, dass für den Fall, dass bereits vor Vortragsschluss ein Recht zur Kündigung bestünde, der Vertrag schon nicht geschlossen werden muss.

Vorliegend besteht ein wichtiger Grund, weil sich die Beschwerdeführerin weigert, an Maßnahmen zur Testung auf SARS-CoV-2 oder einer Erkrankung an COVID-19 mitzuwirken.

Das Verlangen der Beschwerdegegnerin stellt sich auch nicht als willkürlich oder gar sittenwidrig dar. Die abverlangte Testung verfolgt in jeder Hinsicht nachvollziehbare und begründete Motive. Sie dient dem Schutz der Mitpatienten und der Mitarbeiter der Beschwerdegegnerin vor einer möglichen Infektion und zur Aufrechterhaltung des Krankenhausbetriebes. Diese besondere Schutzpflicht wurde der Beschwerdegegnerin im Übrigen auch aufgrund der derzeit geltenden öffentlichen Vorschriften, so zum Beispiel der des Infektionschutzgesetzes (IfSG) und der darauf basierenden Vorschriften, wie der CoronaSchutzVO NRW, auferlegt. Nach § 5 Absatz 1 CoronaSchutzVO haben Krankenhäuser nämlich die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Eintrag von Corona-Viren zu erschweren und Patienten, Bewohner und Personal zu schützen. Hierbei sind insbesondere die Richtlinien und Empfehlungen des Robert Koch-Instituts (RKI) zu beachten. Dazu gehört – dies erschließt sich bereits ohne besondere wissenschaftliche Fachkenntnisse – auch die Testung von Personal und Patienten, um wiederum andere in der Einrichtung tätige oder zu behandelnde Personen vor der Übertragung zu schützen. Dieses Vorgehen verfolgt zudem den übergeordneten Zweck, zuzeiten der Pandemie die Zahl der Erkrankten möglichst niedrig zu halten, um die vorhandenen Behandlungskapazitäten aufrechtzuerhalten und nicht gänzlich auszuschöpfen. Letztlich würde die Wirksamkeit des Vorgehens unterminiert, wenn die Beschwerdegegnerin verpflichtet wäre, die Beschwerdeführerin ohne Testung aufzunehmen.

Dass die Beschwerdeführerin die Wirksamkeit der verwendeten Testkits anzweifelt, führt ebenfalls nicht dazu, dass das Ablehnungsrecht der Beschwerdegegnerin entfallen würde. Die vorgelegte Stellungnahme ist schon nicht geeignet, die Unwirksamkeit der verwendeten Tests (gemeint sind wohl PCR-Tests) glaubhaft zu machen. Es kann auch dahinstehen, ob das Gremium, welches den Bericht erstellt hat, über eine entsprechende medizinische Expertise verfügt. Denn nach den hier einschlägigen Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes und der CoronaSchutzVO NRW ist das RKI die hier maßgebliche Institution zur Beurteilung der entsprechenden medizinischen Fragestellungen. Die PCR-Testung ist durch das RKI anerkannt und empfohlen.

Soweit die Beschwerdeführerin eine fehlende Anspruchsgrundlage für die Testung beanstandet, geht dies fehl. Dass die Beschwerdegegnerin einen solchen Test verlangen kann, ergibt sich aus §§ 630 a, 241 Absatz 2 BGB bei bestehendem Behandlungsvertrag und vor dessen Abschluss aus §§ 311 Absatz 2, 241 Absatz 2 BGB.

Auch in Abwägung der beiderseits bestehenden Interessen, stellt sich das Verhalten der Beschwerdeführerin als so schwerwiegend dar, dass von der Beschwerdegegnerin weder eine Aufnahme noch eine Fortsetzung des Behandlungsvertrages verlangt werden kann. Es kann insofern auch dahinstehen, ob noch Kapazitäten, sowohl in räumlicher als auch in personeller Hinsicht zur vorbeugenden Isolation der Beschwerdeführerin zur Verfügung stehen. Denn auch unter Berücksichtigung der Interessen der Beschwerdeführerin an ihrer Gesundheit und die ihres ungeborenen Kindes besteht zuzeiten der Pandemie eine Pflicht zur Aufnahme ohne Test nicht bei jeder denkbar möglichen Behandlungsbedürftigkeit, sondern nur bei unmittelbar bestehender Lebensgefahr. Ein solcher Zustand besteht aber offensichtlich nicht und ist auch nicht glaubhaft gemacht.

Auch ein Verfügungsgrund besteht im Ergebnis nicht.

Es kann hier offenbleiben, ob und in welchem Umfang von der Beschwerdeführerin verlangt werden kann, den Grad der Dringlichkeit der begehrten medizinischen Behandlung darzulegen/glaubhaft zu machen und ob eine solche Dringlichkeit sich nicht bereits aufgrund der fortschreitenden Schwangerschaft und dem Schutz des noch ungeborenen Lebens ergibt. In Gesamtschau und unter besonderer Abwägung der hier bestehenden Interessenlage ist die Vereitelung eines möglichen Behandlungsanspruches, welcher nicht aufgrund einer akut bestehenden Lebensgefahr gegeben ist, zugunsten des allgemeinen Gesundheitsschutzes – während einer Pandemie – hinzunehmen. Dies insbesondere deshalb, weil der PCR-Test, welcher im Abstrichverfahren durchgeführt wird (mag dies auch unangenehm sein) keinen derartig schwerwiegenden Eingriff in die körperliche Integrität der Beschwerdeführerin darstellt. Der Schutz der individuellen Integrität der Beschwerdeführerin tritt – jedenfalls im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes – hinter den Interessen der Beschwerdeführerin am Schutz ihrer Behandler und Mitpatienten sowie an der Aufrechterhaltung des Krankenhausbetriebes sowie im Hinblick auf ihre Pflichten bei der Pandemiebekämpfung und der Aufrechterhaltung der Behandlungskapazitäten zurück.