Maskenpflicht wegen Corona - auch in Arztpraxis gilt diese Pflicht(18.8.2021) Eine Ordnungsbehörde darf eine Ärztin in eigener Praxis verpflichten, in ihrer Praxis dafür zu sorgen, dass Patienten in Wartesituationen gemeinsam mit anderen Personen eine Mund-Nase-Bedeckung tragen, einen Mindestabstand von 1,5 m bei Wartesituationen einhalten und dafür zu sorgen, dass die Mitarbeiter ihrer Praxis auch eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen (Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße, Urteil vom 17.8.2021 - 5 K 125/21.NW). 

Der Fall:

Die Klägerin, eine approbierte Ärztin und u.a. Fachärztin für Allgemeinmedizin, ist Inhaberin einer Arztpraxis im Landkreis Bad Dürkheim. Aufgrund von mehreren Beschwerden von Bürgern nahmen eine Amtsärztin und Mitarbeiter des Vollzugsdienstes Mitte Mai 2020 mehrmals unangemeldete Begehungen der Praxis vor. Ausweislich deren Feststellungen waren in der Praxis mehrere Aushänge angebracht, die folgenden Wortlaut hatten:

„Es besteht KEINE MASKENPFLICHT in unserer Praxis.“

„In Hausarztpraxen besteht keine Maskenpflicht. Ich respektiere jedoch ihre Angst und setze gerne eine Maske auf, wenn Sie das möchten (auch wenn das aus wissenschaftlicher Sicht nicht sinnvoll ist).“

Weitere Plakate in den Praxisräumen hatten den Inhalt „Corona ist nicht gefährlicher als eine Grippe!“ und „Politiker treffen Entscheidungen ohne zuverlässige Datenbasis“.

Bei der Überprüfung am 14. Mai 2020 hielt die Bestuhlung im Wartezimmer den von der zu diesem Zeitpunkt geltenden 7. Corona Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz (CoBeLVO) geforderten Abstand von 1,5 m nicht ein. Anlässlich der Kontrollen am 15. und 18. Mai 2020 wurde festgestellt, dass die genannten Plakate nicht entfernt worden waren. Die Mitarbeiter der Praxis und Patienten trugen keine Schutzmasken. Allerdings war die Bestuhlung im Wartezimmer den Hygieneregeln angepasst worden.

Am 19. Mai 2020 erließ der beklagte Landkreis Bad Dürkheim gegenüber der Klägerin die folgende Verfügung:

„Sie werden verpflichtet, dafür zu sorgen, dass Patienten in Wartesituationen gemeinsam mit anderen Personen eine Mund-Nase-Bedeckung tragen.

Sie werden verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen einen Mindestabstand von 1,5 m bei Wartesituationen sicherzustellen.

Sie werden verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Mitarbeiter ihrer Praxis eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen.

Sie werden aufgefordert, das Aufhängen von Plakaten mit dem Inhalt „keine Maskenpflicht“ zu unterlassen.“

Die Klägerin hat gegen den Bescheid vom 19. Mai 2020 nach erfolgloser Durchführung eines Widerspruchsverfahrens im Februar 2021 mit der Begründung Klage erhoben, der Beklagte habe für seine Anordnungen keine Grundlage. Es fehle schon daran, dass sie, die Klägerin, Patienten oder Mitarbeiter nicht zu einer bestimmten Verhaltensweise zwingen könne, auch nicht nach der CoBeLVO. Adressaten der Abstands- und Maskenpflichten seien ausschließlich die jeweiligen Personen selber. Medizinisch sei der Nutzen der Masken ohnehin höchst zweifelhaft. Es bestehe auch keine Notwendigkeit, das Mobiliar so anordnen zu müssen, dass Patienten einen Mindestabstand einhalten könnten. Das könnten diese auch ohne Bevormundung oder Repression.

Die Entscheidung: 

Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts hat die Klage der Ärztin abgewiesen.

Bei dem Bescheid vom 19. Mai 2020 handele es sich um einen sog. Dauerverwaltungsakt, so dass sich der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung richte. Zu diesem Zeitpunkt sähen die Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes und der 24. CoBeLVO eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die im Bescheid vom 19. Mai 2020 getroffenen Anordnungen des Beklagten vor.

Soweit die Klägerin moniere, sie könne Patienten oder Mitarbeiter nicht zu einer bestimmten Verhaltensweise zwingen, könne sie damit nicht durchdringen, denn sie habe nach der Verfügung vom 19. Mai 2020 lediglich als Betreiberin einer Gesundheitseinrichtung darauf hinzuwirken, dass die notwendigen Hygiene- und Schutzmaßnahmen beachtet würden. Dies schließe es ein, dass der Klägerin aufgegeben werden könne, das Aufhängen von Plakaten mit dem Inhalt „keine Maskenpflicht“ zu unterlassen.

Gegen das Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Antrag auf Zulassung der Berufung zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt werden.

Quelle: Pressemitteilung des VG Neustadt Nr. 21/2021 v. 17.08.2021

Praxisanmerkung:

Schon haftungsrechtlich ist jeder Arzt gut beraten, in seiner Praxis auf Maskenpflicht und Einhaltung von Abstandsgeboten zu bestehen. Überdies dient dies dem Schutz der Patienten, dem Praxispersonal und schließlich auch des Praxisinhabers selbst. Dass einzelne Ärzte immer noch die gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Verhinderung von Infektionen mit Corona-Viren und deren Gefährlichkeit ablehnen, läßt ernsthaft an der Geeignetheit dieser Ärzte zur Versorgung ihrer Patienten zweifeln. Es bleibt zu hoffen, dass die zuständige Ärztekammer die gebotenen disziplinarischen Mittel nutzt, um solche Entgleisungen zu ahnden.