Honorarkürzung wegen Verletzung der Pflicht zum Nachweis der Erfüllung der Fortbildungspflicht(9.11.2021) Wechselt ein Vertragsarzt das Fachgebiet der Zulassung nahtlos (hier von der Anästhesie zur Allgemeinmedizin), so berührt dies seine Pflicht zum Nachweis der Erbringung der Fortbildungspflicht nicht. Mithin bleibt auch das Recht (und die Pflicht) der Kassenärztlichen Vereinigung zur Honorarkürzung davon unberührt. Im Ergebnis muss der Vertragarzt daher eine Honorarkürzung von über 7.000 EUR hinnehmen (Bundessozialgericht, Urteil vom 4.11.2021 - B 6 KA 9/20 R). 

Der Fall: 

Der als Facharzt für Anästhesie zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Kläger verzichtete zum 30.6.2014 auf seine Zulassung als Anästhesist und erhielt zum 1.7.2014 eine neue Zulassung als Facharzt für Allgemeinmedizin. Im Zeitraum vom 1.7.2009 bis 30.6.2014 legte der Kläger trotz wiederholter Hinweise der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung Bayern keine Fortbildungsnachweise vor. Er legte der beklagten KÄV vielmehr einen entsprechender Nachweis erst am 15.6.2015 vor. Für das Quartal 4/2014 kürzte die Beklagte das Honorar des Klägers um 10 vH (7753,09 Euro).

Der Arzt klagte gegen den Honorarkürzungsbescheid. 

Das Sozialgericht München gab der Klage statt und hob den Kürzungsbescheid auf. Denn die Beklagte habe trotz fehlender Fortbildungsnachweise das Honorar nicht kürzen dürfen. Die Fortbildungsverpflichtung und damit auch die Berechtigung zur Sanktionierung eines Verstoßes seien mit dem Verzicht des Klägers auf die Zulassung als Vertragsarzt für Anästhesie zum 30.6.2014 entfallen. Die einen Tag später erfolgte Zulassung des Klägers im selben Zulassungsbezirk sei als Neuzulassung anzusehen, die lediglich eine neue Frist für die Fortbildungsverpflichtung in Gang setze.

Dagegen ging die KÄV in Berufung. 

Das Landessozialgericht bestätigte den Kürzungsbescheid. 

Denn das Gesetz knüpfe die Voraussetzungen einer Honorarkürzung wegen der Verletzung der Pflicht zum Nachweis über die Fortbildung nicht an ein bestimmtes Zulassungsgebiet, sondern lediglich an den Status als Vertragsarzt. Die spätere Wiederzulassung stelle keine Neuzulassung dar. Anderenfalls könnte sich der Vertragsarzt seiner Fortbildungsverpflichtung entziehen, indem er am Ende des Fünfjahreszeitraumes auf seine Zulassung verzichte und zu einem späteren Zeitpunkt eine neue Zulassung erwerbe, wobei es nicht einmal einer Zulassung auf einem anderen Fachgebiet bedürfte.

Der Kläger legte Revision zum Bundessozialgericht ein. 

Die Entscheidung: 

Das BSG wies die Revision als unbegründet zurück und stellte den Kürzungsbescheid wieder her.

Das Recht (und die Pflicht) der KÄV zur Honorarkürzung ende nicht mit dem Wechsel des Fachgebietes der Zulassung des Klägers von der Anästhesie zur Allgemeinmedizin zum 1.7.2014. Voraussetzung der Honorarkürzung sei, dass ein Vertragsarzt in der Zeit seiner Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung die geforderten Nachweise über die Fortbildung nicht vorlegt und in den ersten Quartalen nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums Anspruch auf Honorar aus der vertragsärztlichen Tätigkeit hat. Weitere Voraussetzungen bestünden nicht, also insbesondere nicht die Identität des Fachgebietes, auf dem der Arzt tätig ist. Der Kläger war hier ohne Unterbrechung zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen; der Wechsel des Fachgebietes ändere daran nichts, auch wenn dieser hier rechtstechnisch durch den Verzicht auf die Zulassung als Anästhesist und die neue Zulassung als Allgemeinmediziner vollzogen wurde.

Quelle: Pressemitteilung des BSG

Praxisanmerkung:

Die Entscheidung des BSG ist nur logisch, weil der Wechsel der Art der Zulassung (von der Anästhesie zur Allgemeinmedzin) die Pflicht zum Nachweis der Erfüllung der Fortbildung für die letzten fünf Jahre der anästhesistischen Vertragsarzttätigkeit nicht berührten kann. Wie das LSG München zu Recht ausführt, könnte sich ein Vertragsarzt ansonsten auch durch Wechsel der Zulassung der (bisher nicht erfüllten) Fortbildungsnachweispflicht für abgelaufene Zeiträume entziehen.   

Cave: Der Arzt muss den Nachweis vor Ablauf des Fünfjahreszeitraums bei der KV vorlegen. Maßgeblich ist die Verpflichtung zur Erbringung des Nachweises, dass der Arzt in dem zurückliegenden Fünfjahreszeitraum seiner Fortbildungspflicht nachgekommen ist (es reicht also nicht aus, dass der Arzt sich fortgebildet hat, sondern er muss den entsprechenden Nachweis rechtzeitig erbringen).

Maßgebliche Norm: § 95 d Sozialgesetzbuch 5:

Ein Vertragsarzt hat alle fünf Jahre gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung den Nachweis zu erbringen, dass er in dem zurückliegenden Fünfjahreszeitraum seiner Fortbildungspflicht nach § 95 d Absatz 1 SGB V  nachgekommen ist. Der Nachweis über die Fortbildung kann durch Fortbildungszertifikate der Kammern der Ärzte, der Zahnärzte sowie der Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten erbracht werden. Erbringt ein Vertragsarzt den Fortbildungsnachweis nicht oder nicht vollständig, ist die Kassenärztliche Vereinigung verpflichtet, das an ihn zu zahlende Honorar aus der Vergütung vertragsärztlicher Tätigkeit für die ersten vier Quartale, die auf den Fünfjahreszeitraum folgen, um 10 vom Hundert zu kürzen, ab dem darauf folgenden Quartal um 25 vom Hundert.