(4.5.2022) Die Strafgerichte haben sich bereits ausgiebig mit der Strafbarkeit der Verwendung gefälschter Atteste beschäftigt, Attesten also, die gar nicht von einem Arzt stammen. Bisher gibt es aber soweit hier bekannt noch keine Entscheidungen zu der Strafbarkeit der Ärzte, die eine Maskenunverträglichkeit bescheinigen, ohne dass tatsächlich eine solche Unverträglichkeit besteht. Das Amtsgericht Passau hat einen Arzt nun verurteilt (AG Passau, 02.05.2022 - 11 Ls 53 Js 14570/20).
Der Fall:
Ein 59jähriger bayrischer Arzt, der den Corona-Schutzmaßnahmen kritisch gegenübersteht, übersandte interessierten Personen in rund 80 Fällen auf Anforderung ein Attest, wonach diese aus medizinischen Gründen keine Maske zum Schutz vor Covid18 tragen und/oder ihre Hände nicht desinfizieren könnten. Dabei hatte er aber die betreffenden Patienten gar nicht ärztlich untersucht. Die Personen lebten zum Teil weit entfernt und hätten die Atteste schriftlich bestellt.
Die Entscheidung:
Das Amtsgericht Passau sah den Tatbestand des Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse (§ 278 StGB) als erfüllt an. Wegen der Vielzahl der Fälle und wegen der Gefährung der öffentlichen Gesundheit verurteilte das Gericht den Arzt zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten für das Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse in 79 Fällen. Des weiteren muss der Arzt eine Geldbuße in Höhe von 50.000 Euro zahlen. Überdies erhält der Arzt ein dreijähriges, teilweises Berufsverbot: Er darf in dieser Zeit keine Bescheinigungen oder Atteste im Zusammenhang mit der Maskenpflicht ausstellen. Wenn der Mann die Maskenpflicht generell hätte in Frage stellen wollen, hätte er laut Gericht dafür den Rechtsweg beschreiten müssen.
Praxisanmerkung:
In Anbetracht der vielen Fälle und der Uneinsichtigkeit des Arztes ist dies eine vergleichweise milde Strafe. Der Arzt hat aber bereits Berufung angekündigt. Möglicherweise legt auch die Staatsanwaltschaft, die mehrere Jahre Haft gefordert hatte, ebenfalls Berufung ein. Dann könnte dem Arzt sogar noch eine höhere Strafe drohen.
Dem Arzt droht allerdings phnehin noch ein berufsrechtliches Verfahren vor der Ärztekammer und möglcherweise auch vor der Kassenärztlichen Vereinigung (sog. "berufsrechtlicher Überhang" bei berufsbezogenen Straftaten von Ärzten). Diese Verfahren können seine Approbation und seine Zulassung gefährden. Ein Arzt, der anerkannte medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse leugnet und massenhaft Untersuchungen vortäuscht und falsche ärztliche Bescheinigungen ausstellt, ist nicht geeignet, Patienten zu behandeln.
In Anbetracht der allgemeinen Verunsicherung, die die vielen falschen Atteste von echten Ärzten in den letzten zwei Jahren verursacht haben, sollte die Rechtsprechung hier den Gedanken der Abschreckung einer Strafe stärker in den Vordergrund stellen. Ein volles aber zeitlich beschränktes Berufsverbot und eine höhere Geldstrafe wären daher sinnvoll. Ärzte, die wissentlich etwas falsch attestieren, sollten schnell verfolgt und hart bestraft werden, um das Vertrauen der Allgemeinheit in die Richtigkeit ärztlicher Atteste und auch das Vertrauen in die Ärzteschaft allgemein zu schützen.