Klinik darf Mitarbeitern strenge Corona-Vorgaben bei Betriebsfeier machen(5.7.2022) Beschäftigte einer Klinik haben keinen Anspruch auf Teilnahme an einem Sommerfest, wenn sie die von der Klinik geforderten Vorgaben zum Schutz vor dem Coronavirus nicht einhalten (Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluß vom 1.7.2022 - 6 Ta 673/22).

Der Fall:

Eine Berliner Klinik veranstaltete ein Sommerfest für seine Mitarbeiter an einem auswärtigen Veranstaltungsort. Teilnehmen durften allerdings nur die Mitarbeiter der Klinik, die die Corona-2G+ - Kriterien erfüllen. Das heißt, die Teilnehmer mussten über eine gültige, vollständige Impfung und/oder Genesung sowie eine Auffrischungsimpfung verfügen, falls sechs Monate seit Genesung/Grundimmunisierung vergangen sind, und einen tagesaktuellen, negativen Antigen-Schnelltest vorweisen.

Ein IT-Mitarbeiter der Klinik war nicht bereit, diese Anforderungen zu erfüllen. Er klagte daher im Eilverfahren gegen die Infektionsschutzregel der Klinik. Zur Begründung führte er u.a. an, er werde durch die Regelung diskriminiert und habe einen Anspruch auf Teilnahme an der Betriebsfeier auch ohne Erfüllung der 2G+ - Kriterien. Die Klinik müsse auch eine besondere Rechtsgrundlage für die Zugangsbeschränkungen haben, die hier nicht gegeben sei. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verlange es, dass auch er an der Feier teilnehmen dürfe.

Die Entscheidung:

Das Landesarbeitsgericht wies den Eilanatrag des IT-Mitarbeiters als unbegründet ab.

Wenn er die Vorgaben nicht erfüllt, darf die Klinik ihn von der Betriebsfeier ausschließen, so die Richter.

Denn der IT-Mitarbeiter habe keinen Anspruch auf Teilnahme ohne Einhaltung der Vorgaben.

Der Mitarbeiter könne sich auch nicht auf das Landesantidiskriminierungsgesetz Berlin berufen. Danach darf kein Mensch im Rahmen öffentlich-rechtlichen Handelns auf Grund des Geschlechts, der ethnischen Herkunft, einer rassistischen und antisemitischen Zuschreibung, der Religion und Weltanschauung, einer Behinderung, einer chronischen Erkrankung, des Lebensalters, der Sprache, der sexuellen und geschlechtlichen Identität sowie des sozialen Status diskriminiert werden (§ 2 LADG). Die Veranstaltung einer Betriebsfeier sei aber gar nicht "öffentlich-rechtlich" bzw. nicht hoheitlich, so die Richter. Daher sei das LADG gar nicht anwendbar.

Das Gericht verneinte auch Ansprüche des IT-Mitarbeiters aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Der Mitarbeiter habe Benachteiligungen aufgrund von Merkmalen aus dem AGG nicht geltend gemacht. Dazu wäre es erforderlich, dass er geltend macht, zum Beispiel wegen seines Geschlechts oder seiner Herkunft etwa bei einer Einstellung für eine berufliche Tätigkeit benachteiligt worden zu sein. Dies ist bei der Teilnahme an einer Betriebsfeier nicht der Fall.

Eine besondere Rechtsgrundlage für die Zugangsbeschränkungen sahen die Richter nicht als erforderlich an.

Das Gericht verneinte auch einen Anspruch auf Teilnahme aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Zwar verlange dieser, dass eine vorgenommene Gruppenbildung bei der Gewährung von Leistungen – wie hier dem Zutritt zum Betriebsfest – sachlich gerechtfertigt ist. Sachlich gerechtfertigt waren die Corona-Schutzanordnungen, so die Richter. Dies ergebe sich schon angesichts der gesetzlichen Wertung in § 20a IfSG. Aus dieser Vorschrift ergebe sich, dass es für Beschäftigte in Kliniken besonderen Anlass für Schutzmaßnahmen gebe. Für das Infektionsrisiko spiele es im Übrigen keine Rolle, ob es um Zusammenkünfte bei der Arbeit oder anlässlich einer Betriebsfeier gehe.

Das Landesarbeitsgericht sah auch nicht, dass dem IT-Mitarbeiter bei Verweigerung des Zugangs zu der Betriebsfeier "erhebliche Nachteile" drohten, die außer Verhältnis zu einem möglichen Schaden der Klinik stünden. Dies ist Voraussetzung für einen Eilantrag. Wenn sich Mitarbeiter der Klinik bei einer Betriebsfeier untereinander mit Corona anstecken und dann auch noch Patienten infizieren, wäre dies ein erheblicher Schaden für die Klinik und die Patienten. Demgegenüber wiegt der Ausschluß des IT-Mitarbeiters von der Feier weniger schwer, so die Richter.

Praxisanmerkung:

Die Risikoabwägung geht hier klar zu Gunsten des Infektionsschutzes. Der Entscheidung des Gerichts ist daher zuzustimmen. Das Verhalten des IT-Mitarbeiters kann in Anbetracht des besonderen Schutzbedarfs der Patienten der Klinik vor einer Corona-Infektion, der leichten Übertragbarkeit der vorherrschenden Corona-Varianten und der aktuell hohen Inzidenzen nur als rücksichtslos und egoistisch bezeichnet werden. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist unanfechtbar, so dass der Klinik eine weitere Auseinandersetzung mit dem eigensinnigen IT-Mitarbeiter glücklicherweise erspart bleiben wird.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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