Wer bekommt die Zulassung?(26.1.2023) Zulassungsverfahren für Ärzte dauern oft mehrere Monate, insbesondere wenn unterlegene Konkurrenten Widerspruch einlegen. Im Verlauf dieser Verfahren kann es daher dazu kommen, dass ein angestellter Arzt, für den eine Zulassung erteilt wurde, wegzieht oder eine andere berufliche Tätigkeit aufnimmt und daher nicht mehr für die vertragsärztliche Versorgung zur Verfügung steht. Fraglich ist, ob dann die anderen, unterlegenen Bewerber automatisch den Zuschlag erhalten oder ob das Zulassungsverfahren neu aufgerollt werden muss. Das Sozialgericht München hat nun entschieden, dass in einem solchen Fall eine Klage eines vormals unterlegenen Mitbewerbers auf Erteilung der (nun freiwerdenden) Zulassung unzulässig ist und dass die Zulassung gegebenenfalls neu auszuschreiben ist (SG München, Urteil vom 23. November 2022 – S 38 KA 35/21). 

Der Fall: 

Eine hälftige urologische Zulassung wurde nach Teilentsperrung ausgeschrieben. Darauf bewarb sich unter anderem die Ärztin E., die einen Antrag auf Genehmigung zur Beschäftigung von R. als angestellten Arzt mit 20 Wochenstundendie stellte, Daneben bewarb sich unter anderem auch der Arzt M. Der Zulassungsausschuss gab dem Antrag von E. auf Anstellung von R. statt, weil R. am besten geeignet sei. 

Dagegen legte der unterlegene Arzt M. Widerspruch ein, den der Berufungsausschuss aber als unbegründet abwies. 

Der Arzt M. klagte gegen diese Entscheidung des Berufungsausschusses. In der Klage trug er vor, dass der anzustellende Arzt R. mittlerweile eine eigene volle Zulasung erworben habe (folglich gar nicht mehr für die Anstellung zur Verfügung stehe). Der Arzt M. beantragte, den Zulassungsbescheid aufzuheben und nun ihn für den Vertragsarztsitz mit hälftigem Versorgungsauftrag zur vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen.

Die Entscheidung:

Das Sozialgericht München wies die Klage des Arztes M. als unzulässig ab. 

Aus Sicht des Sozialgerichts habe sich das Auswahlverfahren erledigt. Damit habe sich auch die Ablehnung des klagenden Arztes M. erledigt. Erhalte ein Arzt eine Zulassung und verzichte dann auf diese, zum Beispiel weil er sie nicht mehr wolle oder nicht erfüllen könne, so erledige sich das Auswahlverfahren. Zur Begründung bezog sich das Sozialgericht auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 05.11.2003, Az B 6 KA 11/03 R). Der Zulassungsausschuss könne die Zulassung neu ausschreiben. 

Die Rechtsauffassung des klagenden Arztes M, nämlich, dass, bleibe im Laufe des Verfahrens nur einer der Bewerber übrig, so erledige sich zwar die Auswahl, nicht aber die Zulassungsentscheidung, isei aus Sicht des Sozialgerichts nicht zu teilen. Das hätte nämlich zur Folge, dass ursprüngliche Mitkonkurrenten, die vor dem Hintergrund, dass sie eine Anfechtung nicht als aussichtsreich ansahen und deshalb die ablehnende Entscheidung ihnen gegenüber bestandskräftig werden ließen, es hinnehmen müssten, dass ein zunächst aussichtsloser Bewerber als einziger übrig bliebe und ihm die Zulassung zu erteilen wäre. Im Prinzip würde das darauf hinauslaufen, alle im Auswahlverfahren unterlegenden Bewerber zu nötigen, Rechtsmittel einzulegen, nur um ihre Rechtsposition bei Verzicht des begünstigten Bewerbers zu wahren. Dies kann, wie das Bundessozialgericht ausgeführt hat, nicht Sinn der gerichtlichen Überprüfbarkeit von Verwaltungsakten mit Drittwirkung sein.

Praxisanmerkung:

Die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gegen die Zulassung des Konkurrenten ist hier also ausnahmsweise nicht der richtige Weg, um selbst eine Zulassung zu erhalten. Steht der anzustellende Arzt, zu dessen (Vertragsarzt) Gunsten die Auswahlentscheidung nach Entsperrung des Planungsbereiches erfolgte, aus welchen Gründen auch immer nicht mehr zur Verfügung, so sollte der ursprünglich unterlegene Arzt beim Zulassungsausschuss vielmehr beantragen:

  1. festzustellen, dass das Auswahlverfahren erledigt ist
  2. die Zulassung neu auszuschreiben und
  3. schlußendlich ihn selbst zuzulassen. 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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