Telematikinfrastruktur in der Arztpraxis(9.3.2023) Ärzte klagen häufig über technische Schwierigkeiten bei der Verwendung der TI (Telematikinfrastruktur) in ihren Praxen. Versichertenkarten lassen sich nicht einlesen, Leistungen können nicht codiert werden, das System hat keine Verbindung etc. Manche Ärzte weigern sich sogar, das System überhaupt zu verwenden. Andere Ärzte wollen zumindest die Kosten für die Behebung technischer Probleme mit der TI ersetzt bekommen. Die Rechtsprechung stellt aber immer wieder klar, dass die TI vom Arzt zwingend zu verwenden ist und dass die Kosten des technischen Supports vom Arzt selbst zu tragen sind (SG München, Urteil v. 09.11.2022 - S 38 KA 5155/21, SG Mainz, Urteil v. 27.07.2022 - S 3 KA 84/20 und LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 26.10.2022 - L 5 KA 107/21). 

Klagen von Ärzten gegen TI gescheitert - Gerichte teilen Bedenken der Ärzte wegen Grundrechtskonformität und Datensicherheit nicht

Die TI sei hinreichend gegen Datenverlust etc. geschützt. Es bestünden also keine Datenschutzbedenken. Auch verstoße die gesetzlich geregelte Pflicht der niedergelassenen Ärzte zur Teilnahme an der TI nicht gegen das Grundgesetz. Deshalb bestätigen die die Gerichte immer wieder gegen niedergelassene Ärzte verhängte Honorarkürzungen (vgl. SG München, Urteil v. 09.11.2022 - S 38 KA 5155/21, SG Mainz, Urteil v. 27.07.2022 - S 3 KA 84/20). Dies kann mittlerweile als gefestigte Rechtsprechung bezeichnet werden. Ergo: Wer nicht an der Telematikinfrastruktur teilnimmt, muss Sanktionen in Kauf nehmen. Manche ältere Ärzte, die kurz vor dem Ruhestand stehen, scheinen die Honorarkürzungen (beginnend bei einem Prozent des Honorars) aber schlicht hinzunehmen, wenn sie so den Aufwand vermeiden können, der mit einer Umstellung der Praxisabläufe verbunden ist.    

Kosten des technischen Supports für TI muss Arzt selbst tragen

Welche der Kosten, die der Arzt für die Installation und den Betrieb der Telematikinfrastruktur ersetzt bekommt, regelt die TI-Folgekostenvereinbarung (§ 1 TI-FVb, § 291a Abs. 7 SGB V). Danach erhält der Arzt aber nur bestimmte Pauschalen als Entschädigung für seinen Aufwand. Eine Erstattung von bestimmten einzelfallbezogenen Lohnkosten für Praxismitarbeiter, welche auf die Behebung und den Umgang mit technischen Problemen der Praxisverwaltungssoftware als Folge der Inbetriebnahme des TI-Konnektors und Anbindung an die TI und damit zweifelsfrei nicht für in der TI-FVb geregelte Aufwände entstanden sind, ist nicht vorgesehen. Es handelt sich weder um erstmalige Ausstattungskosten noch um Kosten, die im laufenden Betrieb der TI entstehen. Bei Programmfehlern oder Anpassungsbedarf der Praxisverwaltungssoftware ist nicht die KV, sondern der Softwarehersteller zuständig (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 26.10.2022 - L 5 KA 107/21). Positiver Effekt der Entscheidung ist allerdings, dass sie den Weg für Ersatzansprüche des Arztes gegen den Softwarehersteller eröffnet, weil sie die Verantwortlichkeiten klar benennt. Jedem Arzt kann im Übrigen nur geraten werden, technische Probleme zu dokumentieren. Dies ist nicht nur für die Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Softwarehersteller bzw. den Systemadministrator von Bedeutung sondern auch für die Verteidigung gegen den Vorwurf (absichtlich) falscher Abrechnung.  

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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