Eine Lasik-Operation zur Behandlung von Fehlsichtigkeit ist keine medizinisch notwendige Heilbehandlungsmaßnahme. Die private Krankenversicherung ist daher nicht verpflichtet, die Kosten zu übernehmen (AG München, Urt. v. 9.01.2009 - 112 C 25016/08 -).

Der spätere Kläger war bei der Beklagten privat krankenversichert. Nach den Vertragsbedingungen der Beklagten waren die medizinisch-notwendigen Heilbehandlungen wegen Krankheit versichert und die Kosten aus dieser Behandlung waren von der Beklagten zu erstatten.

Im Jahre 2008 ließ sich der Kläger einer so genannten Lasik-Operation unterziehen, um seine Fehlsichtigkeit zu korrigieren. Die Kosten dafür von € 4.324 verlangte er von seiner Versicherung ersetzt.

Diese weigerte sich, die Kosten zu bezahlen. Es läge schon keine "Krankheit" vor. Im Übrigen sei die Operation nicht medizinisch notwendig. Sie berge auch erhebliche Risiken.

Darauf klagte der Patient vor dem AG München auf Kostenübernahme. Er argumentierte, er sei schließlich weitsichtig und leide an einer Hornhautverkrümmung. Die Operation sei ein wissenschaftlich anerkanntes Verfahren, welches geeignet sei, die Fehlsichtigkeit zu korrigieren. Eine Brille oder Kontaktlinse würde im Gegensatz zur Operation die Fehlsichtigkeit auch nicht heilen. Die Operation sei daher medizinisch notwendig. Kostengesichtspunkte müssten bei der Beurteilung außen vor bleiben. Auch mögliche Risiken dürften keine Rolle spielen, da auch das Tragen von Brillen nicht ungefährlich sei.

Das Amtsgericht München schloss sich den Argumenten des versicherten Klägers nicht an. Es fehle nach Ansicht des Gerichts an der medizinischen Notwendigkeit.

Eine Heilbehandlungsmaßnahme sei dann medizinisch notwendig, wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen im Zeitpunkt der Behandlung vertretbar sei, sie als medizinisch notwendig anzusehen. Das sei dann der Fall, wenn eine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode zur Verfügung stehe, die geeignet sei, die Krankheit zu heilen, zu bessern oder zu lindern. Medizinisch notwendig könne eine Behandlung auch dann sein, wenn ihr Erfolg nicht vorhersehbar sei. Es genüge insoweit, dass medizinische Befunde und Erkenntnisse es im Zeitpunkt der Behandlung vertretbar erscheinen lassen, die Behandlung als notwendig anzusehen. Nun sei zwar richtig, dass die Lasik-Behandlung heute zur Behandlung einer Fehlsichtigkeit durchaus häufig herangezogen würde. Es sei auch richtig, dass den Versicherten und ihren behandelnden Ärzten grundsätzlich die Wahlfreiheit zwischen gleichwertigen, verschiedenen Methoden zur Behandlung einer Krankheit zustehe, ohne dass der Versicherer rein aus wirtschaftlichen Gründen die Versicherten auf die günstigere Methode verweisen dürfe. Die Therapiefreiheit erstrecke sich auch auf die Abwägungsentscheidung, ob bestimmte Risiken einer Heilbehandlung in Kauf genommen werden sollen.
Diese Grundsätze gelten jedoch nicht unbegrenzt. Vielmehr seien im Einzelfall die maßgeblichen objektiven Gesichtspunkte mit Rücksicht auf die Besonderheiten der jeweiligen Erkrankung und der auf sie bezogenen Heilbehandlung zu beachten. Insbesondere habe bei der Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit einer ärztlichen Behandlungsmaßnahme auch das damit verbundene Risiko grundsätzlich in die Abwägung einzufließen, so dass solche Behandlungen, die mit einem übergroßen Risiko verbunden seien, nicht mehr als medizinisch notwendig charakterisiert werden können. Das Ausmaß des insoweit noch zu tolerierenden Risikos, welches vom Versicherten eingegangen werden könne, sei dabei im Einzelfall abhängig vom Grad der Belastung durch die Krankheit des Versicherten. Insoweit unbestritten bestünden bei Durchführung einer Laseroperartion zahlreiche Risikofaktoren, die beim Tragen einer Brille nicht auftreten. Sie könne in Einzelfällen zu schweren Störungen des Sehvermögens bis hin zur Erblindung führen. Diesen Gefahren stünde mit der Brille eine Behandlungsmöglichkeit gegenüber, die die Fehlsichtigkeit gleichermaßen, jedoch ohne Risiko ausgleichen könne. Das Gericht weist weiter darauf hin, dass der Erfolg einer solchen Operation nicht vorhergesagt werden könne, sondern immer wieder trotz Operation vom Patienten noch eine Brille zum Ausgleich der verbliebenen Sehschwäche getragen werden müsse, die wiederum als weiterhin erforderliches Hilfsmittel vom Versicherer zu bezahlen sei.

Einer Abwägung der Laseroperation mit der Verordnung einer Brille stehe auch nicht entgegen, dass die Brille lediglich einen Ausgleich der Fehlsichtigkeit und keine „Heilung“ bringe. Auch eine Laseroperation sei eine Methode, die die Fehlsichtigkeit nicht rückgängig mache, sondern sie durch Abflachung der Hornhaut quasi im Auge selbst (ähnlich wie eine Brille) optisch korrigiere. Gleichzeitig werde der natürliche Zustand der Hornhaut irreparabel zerstört. Die Laseroperation rücke daher eher in die Nähe einer Schönheitsoperation, in dem sie das lästige Tragen einer Brille durch eine optische Korrektur im Auge überflüssig mache, ohne die Fehlsichtigkeit, deren Ursache die Form des Augapfels sei, selbst zu heilen. Der Kläger habe auch zu keiner Zeit vorgetragen, dass seine Fehlsichtigkeit durch das Tragen einer Brille nicht auszugleichen gewesen wäre. Aus diesen Gründen liege eine medizinisch-notwendige Behandlung nicht vor.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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