Ein Erwachsener kann von seiner Krankenkasse nicht die Erstattung der Kosten für die Behandlung mit dem nur für die Behandlung bei Kindern zugelassenen Arzneimittel "Concerta Retard" verlangen (BSG, Urteil vom 30.06.2009, Az: B 1 KR 5/09 R).

Der krankenversicherte Kläger wurde seit Oktober 2004 mit dem Methylphenidat-haltigen Arzneimittel "Concerta Retard" behandelt.

Das Bundessozialgericht verweigerte dem Kläger aber die Erstattung der Kosten durch die Krankenversicherung.
Denn der Kläger hat nach Ansicht des BSG keinen Naturalleistungsanspruch auf Methylphenidat-haltige Mittel. Sie sind bisher in Deutschland und EU-weit arzneimittelrechtlich nur für Kinder über sechs Jahre und Jugendliche, nicht aber für Erwachsene zur Behandlung von ADHS zugelassen. Die Krankenkassen dürfen aber grundsätzlich Arzneimittel für eine Anwendung außerhalb ihrer Zulassung nicht gewähren.
Eine Versorgung des Klägers nach den Grundsätzen des Off-Label-Use scheidet aus: Wie das LSG beanstandungsfrei angenommen hat, bestand nach der Datenlage nicht die erforderliche Aussicht auf einen Behandlungserfolg. Die vom Kläger angeführte "EMMA-Studie" (abgeschlossen 2007, publiziert Januar 2009) ergibt nach Ansicht des BSG nichts anderes.

Der Fall bot nach Ansicht des BSG auch
keinen Anlass, die Off-Label-Use-Anforderungen beim Einsatz von Kinderarzneimitteln für Erwachsene zu modifizieren. Der Kläger erhielt Methylphenidat erstmals mit 19 Jahren. Der Gebrauch birgt bei labilen Erwachsenen weitergehende Gefahren als bei einem engmaschigen überwachbaren Einsatz schon im Kindesalternicht schon als Kind oder Jugendlicher indikationsbezogen
versorgt und will nicht nur eine Weiterführung der Therapie.
Anhaltspunkte für einen "Seltenheitsfall", ein "Systemversagen" oder eine notwendige verfassungskonforme Erweiterung des Leistungsrechts des SGB V bestehen ebenfalls nicht. Für den krankenversicherungsrechtlichen Anspruch ist es nach Ansicht des BSG ohne Belang, dass deutsche ärztliche Leitlinien Methylphenidat auch bei Erwachsenen mit ADHS als "Mittel der ersten Wahl" ansehen.
Ebenso ist nach Ansicht der Bundesrichter unerheblich, dass der Wirkstoff im Ausland zum Teil eine Erwachsenenzulassung besitzt. Denn  das BSG weist darauf hin, dass es an den besonderen qualifizierten Voraussetzungen für einen Einzelimport (§ 73 Abs 3 AMG) auf Kosten der Krankenkassen fehlt.
(Suchtpotenzial; Missbrauchsmöglicheit durch nicht bestimmungsgemäße Zufuhr). Der Kläger wurde auch

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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