Lipödeme am Oberschenkel(30.7.2024) Nr. 2454 der Anlage zur GOÄ ist auf die Liposuktion im Rahmen der Behandlung eines Lipödems unmittelbar anwendbar. Eine analoge Anwendung scheidet daher aus. Nicht erlaubt ist es, die Gebühr mehrfach in Ansatz zu bringen für bestimmte, behandelte  Hautareale (Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.6.2024 - III ZR 279/23).

Der Fall:

Eine an einem Lipödem (schmerzhafte Fettverteilungsstörung) leidende Frau wurde von der Beklagten, einer konzessionierten Privatklinik, ambulant operiert, wobei ihr Fett von beiden Armen und beiden Beinen abgesaugt wurde.

In gebührenrechtlicher Hinsicht stritten die Patienten und die Behandler über die Frage, ob die Abrechnung der Beklagten korrekt war. Die Beklagte verlangte je behandeltem Hautareal einen Ansatz der Gebühr Nr. 2454 des Gebührenverzeichnisses GOÄ analog. So sollte Nr. 2454 des Gebührenverzeichnisses auf die einzelnen behandlerseits gesondert angegangenen und gezielt behandelten Areale der Extremität angewendet werden. Somit stellte die Beklagte der Klägerin je zwölf Areale je Bein und je zehn Areale je Arm in Rechnung. Zur Begründung führte die Beklagte unter anderem aus, die Fettabsaugung sei ansonsten nicht wirtschaftlich und kostendeckend durchführbar.

Die Entscheidung:

Der Bundesgerichtshof (BGH) sprach der Beklagten dagegen nur einen Anspruch auf je eine Gebühr nach Nr. 2454 je Extremitätenregion zu (Beine innen, Beine außen, Arme), mithin nur sechs statt der geforderten vierundvierzig Gebühren. Im Ergebnis hat die Beklagte für die Fettabsaugung lediglich 743,22 EUR statt der geforderten 5.202,54 EUR von der Patientin verlangen können.

Zur Begründung führte der BGH aus: Auf den Liposuktionseingriff bzw. die Fettabsaugung findet aus Sicht des BGH die Nr. 2454 des Gebührenverzeichnisses unmittelbar und nicht nur analog Anwendung. Eine Mehrfachberechnung scheidet demzufolge grundsätzlich aus. Denn die Fettabsaugung wird vom Wortlaut der Gebührenvorschrift - die "operative Entfernung von überstehendem Fettgewebe an einer Extremität" - unzweifelhaft erfasst. 

Eine Mehrfachberechnung kommt laut BGH im originären Anwendungsbereich einer Gebührenvorschrift nur in ganz besonderen Ausnahmefällen in Betracht, zum Beispiel wenn die Gebühr nur einen Teil der tatsächlich erbrachten Behandlungsleistungen abdeckt. Ein solcher liegt hier nicht vor. Eine auf eine Untergliederung von Armen und Beinen in verschiedene Areale bezogene (mehrfache) Abrechnung der Gebühr Nr. 2454 verbietet sich daher. Soweit durch bestimmte Einzelschritte die Schwierigkeit oder der Zeitaufwand der Behandlung steigt, hat der Arzt (nur) die Möglichkeit, dem nach § 5 Abs. 2 GOÄ oder im Wege einer Gebührenvereinbarung nach § 2 Abs. 1 GOÄ Rechnung zu tragen.

Eine Eingrenzung auf eine bestimmte Art von Fettgewebe ergibt sich aus Sicht des BGH aus der Position Nr. 2454 nicht. Der Anwendungsbereich von Nr. 2545 ist auch nicht auf eine bestimmte Erscheinungsform überstehenden Fettgewebes begrenzt.

Dass das Fettgewebe minamalinvasiv aufgelockert wurde, bevor es entfernt wird, steht der unmittelbaren Anwendung der Nr. 2454 aus Sicht des Gerichts nicht entgegen, denn auf welche Weise das überschüssige Fettgewebe entfernt wird, wird in der Gebührenvorschrift nicht festgelegt. Und aus der Überschrift des Abschnitts L/VII des Gebührenverzeichnisses zur GOÄ - "Chirurgie der Körperoberfläche" - lässt sich nicht ableiten, dass damit nur offen-chirurgische und keine minimalinvasiven Eingriffe gemeint sein können.

Im weiteren bestätigte das Gericht noch einmal, dass pauschale Honorare unzulässig sind, da die Gebührenordnung für Ärzte pauschale Honorare verbietet. Des weiteren stellte der BGH in Fortsetzung seiner bisherigen Rechtsprechung noch einmal klar, dass die GOÄ auch für Privatkliniken gilt.

Praxisanmerkung:

In Anbetracht der zunehmend übergewichtigen Deutschen bekommt die Frage der privaten Vergütung von operativen Fettabsaugungen zunehmende Bedeutung. Der Bedarf an Fettabsaugungen steigt ständig. Hier entwickelt sich ein lukrativer Markt. Der Bundesgerichtshof spuckt den Ärzten aber in die GOÄ-Suppe, indem er die Mehrfachabrechnung der GOÄ Nr. 2454-Gebühr mit einem Wert von 123,87 EUR (2,3fach) je Hautareal nicht erlaubt. Der BGH stellt klar: wer für die Fettabsaugung mehr haben will als eine Nr. 2454-Gebühr je Extremität (z.B. Beine innen, Beine außen, Arme), muss entweder

  • die besondere Schwierigkeit oder den besonderen Zeitaufwand in der Abrechnung einzelfallbezogen darlegen und kann dann die Gebühr nach §( 5 Abs. 2 GOÄ (ausnahmsweise) steigern oder
  • mit dem Patienten schriftlich eine höhere Gebühr als nur 2,3 nach § 2 Abs. 1 GOÄ vereinbaren.

English version:

For liposuction in the case of pathological fat distribution disorder (lipedema), No. 2454 of the GOÄ appendix is ​​directly applicable: Federal Court of Justice 13-06-2024

(30.7.2024) No. 2454 of the GOÄ appendix is ​​directly applicable to liposuction as part of the treatment of lipedema. An analogous application is therefore not possible. It is not permitted to charge the fee multiple times for certain treated skin areas (Federal Court of Justice, judgment of 13.6.2024 - III ZR 279/23).

The case:

A woman suffering from lipedema (painful fat distribution disorder) was operated on as an outpatient by the defendant, a licensed private clinic, during which her fat was suctioned from both arms and both legs.

In terms of fees, the patients and the practitioners argued over whether the defendant's billing was correct. The defendant demanded a fee of No. 2454 of the GOÄ fee schedule for each area of ​​skin treated. No. 2454 of the fee schedule should therefore be applied to the individual areas of the extremity that were separately addressed and specifically treated by the practitioner. The defendant therefore billed the plaintiff for twelve areas per leg and ten areas per arm. The defendant justified this by stating, among other things, that the liposuction would otherwise not be economically viable and cost-effective.

The decision:

The Federal Court of Justice (BGH) only granted the defendant a claim to one fee per extremity region (inner legs, outer legs, arms) in accordance with No. 2454, i.e. only six fees instead of the forty-four requested. As a result, the defendant was only able to charge the patient EUR 743.22 for the liposuction instead of the EUR 5,202.54 demanded.

The BGH explained its reasoning as follows: From the BGH's point of view, No. 2454 of the fee schedule applies directly to the liposuction procedure and not just analogously. Multiple billing is therefore generally ruled out. This is because liposuction is undoubtedly covered by the wording of the fee regulation - the "operative removal of protruding fatty tissue on an extremity".

According to the BGH, multiple billing is only possible in very special exceptional cases within the original scope of application of a fee regulation, for example if the fee only covers part of the treatment services actually provided. This is not the case here. (Multiple) billing of fee No. 2454 based on a division of arms and legs into different areas is therefore prohibited. If the difficulty or time required for treatment increases due to certain individual steps, the doctor has (only) the option of taking this into account in accordance with Section 5 Paragraph 2 GOÄ or by means of a fee agreement in accordance with Section 2 Paragraph 1 GOÄ.

From the BGH's point of view, position No. 2454 does not limit the scope to a specific type of fatty tissue. The scope of application of No. 2545 is also not limited to a specific form of protruding fatty tissue.

The fact that the fatty tissue was loosened in a minimally invasive manner before it was removed does not, from the court's point of view, preclude the direct application of No. 2454, because the fee regulations do not specify how the excess fatty tissue is removed. And from the heading of Section L/VII of the GOÄ fee schedule - "Surgery of the body surface" - it cannot be deduced that this can only mean open surgical and not minimally invasive procedures.

The court further confirmed once again that flat-rate fees are not permitted, as the fee schedule for doctors prohibits flat-rate fees. Furthermore, the Federal Court of Justice, in continuation of its previous case law, made it clear once again that the GOÄ also applies to private clinics.

Practical note:

In view of the increasing number of overweight Germans, the question of private remuneration for surgical liposuction is becoming increasingly important. The demand for liposuction is constantly increasing. A lucrative market is developing here. However, the Federal Court of Justice is spoiling the GOÄ soup for doctors by not allowing multiple billing of the GOÄ No. 2454 fee with a value of EUR 123.87 (2.3 times) per skin area. The BGH makes it clear: anyone who wants to charge more for liposuction than a No. 2454 fee per extremity (e.g. inner legs, outer legs, arms) must either

  • describe the particular difficulty or the particular time required in the billing on a case-by-case basis and can then increase the fee according to § 5 Para. 2 GOÄ (in exceptional cases) or
  • agree in writing with the patient on a higher fee than just 2.3 according to § 2 Para. 1 GOÄ.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
Vertretung und Beratung im Medizinrecht und Arztrecht
Witzlebenstraße 3 - 14057 Berlin - Tel: (030) 536 47 749
E-mail: mail@christmann-law.de


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