Vorher Nachher Bilder schematisch(6.8.2024) Eine Unterspritzung der Lippen mittels Hyaluron ist ein chirurgischer Eingriff. Eine Werbung für einen solchen Schönheitseingriff darf nicht mit Vorher-Nachher-Bildern werben - dies gilt auch dann, wenn diese Bilder nur eine schematisierende Darstellung und keine richtigen Fotos zeigen, denn auch diese Werbung verstößt gegen § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 Heilmittelwerbegesetz (Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 23.4.2024 - 9 U 1097/23). 

Der Fall:

Die Beklagte ist eine Spezialklinik für plastische-ästhetische Chirurgie mit Schwerpunkt in der Gesichts- und Brustchirurgie. Zu Werbezwecken unterhält die Beklagte eine unter der Domain https://f-klinik.de/ geschaltete Internetseite. Dort wirbt sie für eine Lippenunterspritzung mit Hyaluronsäure mit einem schematischen Vorher-Nachher-Bild einer Lippensunterspritzung.

Der klagende Wettbewerbsverband verlangte Unterlassung dieser Werbung, da diese gegen das Verbot der Werbung mit Vorher-Nachher-Bildern verstoße. Die Beklagte verweigerte die Unterlassungserklärung, unter anderem mit dem Einwand, das Verbot gelte nicht für schematische Darstellungen sondern nur für Fotografien, überdies sei die Lippenunterspritzung schon kein operativer Eingriff.

Im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren gab das Landgericht Mainz der Unterlassungsklage des Vereins statt (LG Mainz, Urteil vom 3.8.2023 - 11 HK O 34/22). Dagegen ging die Spezialklinik in Berufung. 

Die Entscheidung:

Das Oberlandesgericht Koblenz wies die Berufung als unbegründet zurück und bestätigte das Verbot der Werbung.

Zu Recht habe das Landgericht die Beklagte zur Unterlassung des im Tenor genannten Verhaltens verurteilt. Der Unterlassungsanspruch des Klägers rechtfertige sich aus §§ 8 Abs. 1, 3, 3a UWG, 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 HWG. 

Erfasst werden, so führt das Oberlandesgericht aus, von dem Werbeverbot insgesamt unter anderem Augenlidkorrekturen, Fettabsaugungen, Gesäßvergrößerungen und Formungen, Gesichtsstraffungen, Haarverpflanzungen wie auch Hautunterspritzungen mit Hyaluron. Da diese Unterspritzung auch nicht medizinisch indiziert sei, greife das Werbeverbot ein.

Die Beklagte nutze bei ihrer Werbung auch eine vergleichende Darstellung eines Körperzustandes im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 HWG.  Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift sind als Darstellung sämtliche Abbildungen anzusehen, die visuell wahrgenommen werden können, mit Ausnahme von Schriftzeichen und solchen schematischen Zeichnungen, die keinerlei Zusammenhang mit der Darstellung des menschlichen Körpers haben. Es müsse sich um erkennbare Darstellungen des menschlichen Körperzustandes handeln. Hierzu zählten nicht nur realistische Abbildungen, sondern auch schematisierende oder stilisierende Darstellungen, weil gerade sie Erscheinungsbilder oftmals besonders drastisch wiedergeben würden. Die Art der medialen Wiedergabe sei demgegenüber gleichgültig, sodass Fotografien, Zeichnungen, Grafiken, Film und Fernsehen als Darstellungen im Sinne der Vorschrift des § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 HWG zu werten sein können. 

Die Bilder, die die Beklagte verwendete, stellten erkennbar Frauen dar, an deren Lippen sich Unterschiede im Vorher und Nachher zeigten. Daher sei diese Werbung verboten. 

Das Oberlandesgericht verwarf auch die weiteren Einwände der Spezialklinik als unbegründet und betonte das Gebot des Gesundheitsschutzes der Verbraucher, die vor Risiken für ihre Gesundheit durch Werbemaßnahmen geschützt werden sollen. 

Praxisanmerkung:

Schönheitschirurgen und Beauty-Kliniken können also weiterhin nur sehr eingeschränkt für ihre Dienste werben. Es ist davon auszugehen, dass dieses Urteil auch vor dem Bundesgerichtshof bestehen dürfte, wenn die Spezialklinik in Revision gehen sollte. Für die Beauty-Operateure bleibt also eigentlich nur die Mundpropaganda als Werbemittel übrig, da das Heilmittelwerbegesetz ganz zu Recht der Werbung für medizinisch nicht indizierte Operationen enge Grenzen setzt. 

Die Schönheitschirurgen sehen sich in letzter Zeit vermehrt juristischem Gegenwind ausgesetzt: Ihre Abrechnungen, die oft abenteuerlich sind, werden von der Rechtsprechung den Grenzen der Gebührenordnung für Ärzte unterworfen und Pauschalpreise verboten. Immer wieder kommt es auch zu Arzthaftungsverfahren, weil Schönheitschirurgen unsauber arbeiten und so ihre Patienten verletzen. Es bleibt dabei, dass Verbraucher den Schönheitschirurgen mit großer Skepsis begegnen sollten und sich eine Schönheitsoperation sehr gut überlegen müssen.  

English version:

(6.8.2024) Injecting the lips with hyaluronic acid is a surgical procedure. An advertisement for such a cosmetic procedure may not advertise with before and after pictures - this also applies if these pictures only show a schematic representation and not real photos, because this advertisement also violates Section 11 Paragraph 1 Clause 3 No. 1 of the Medicines Advertising Act (Koblenz Higher Regional Court, judgment of April 23, 2024 - 9 U 1097/23).

The case:

The defendant is a specialist clinic for plastic-aesthetic surgery with a focus on facial and breast surgery. For advertising purposes, the defendant maintains a website under the domain https://f-klinik.de/. There it advertises a lip injection with hyaluronic acid with a schematic before and after picture of a lip injection. The plaintiff competition association demanded that this advertising be stopped because it violated the ban on advertising with before and after pictures. The defendant refused to issue a cease and desist declaration, arguing, among other things, that the ban did not apply to schematic representations but only to photographs, and that lip injections were not a surgical procedure.

In the first instance court proceedings, the Mainz Regional Court granted the association's cease and desist action (LG Mainz, judgment of August 3, 2023 - 11 HK O 34/22). The specialty clinic appealed against this.

The decision:

The Koblenz Higher Regional Court dismissed the appeal as unfounded and confirmed the ban on advertising.

The regional court was right to order the defendant to stop the behavior mentioned in the operative part. The plaintiff's claim for an injunction is justified by Sections 8 (1), 3, 3a UWG, 11 (1) sentence 3 no. 1 HWG.

According to the Higher Regional Court, the advertising ban covers, among other things, eyelid corrections, liposuction, buttock enlargements and shaping, face lifts, hair transplants and skin injections with hyaluronic acid. Since these injections are not medically indicated, the advertising ban applies.

The defendant also used a comparative representation of a physical condition in its advertising within the meaning of Section 11 Paragraph 1 Clause 3 No. 1 HWG. According to the wording of this provision, all images that can be perceived visually are to be regarded as representations, with the exception of characters and schematic drawings that have no connection whatsoever with the representation of the human body. These must be recognizable representations of the human physical condition. This includes not only realistic images, but also schematic or stylized representations, because they often depict appearances in a particularly drastic way. The type of media reproduction is irrelevant, so that photographs, drawings, graphics, film and television can be considered representations within the meaning of the provision of Section 11 Paragraph 1 Clause 3 No. 1 HWG. The images used by the defendant clearly depicted women whose lips showed differences before and after. This advertising is therefore prohibited. The Higher Regional Court also rejected the specialist clinic's other objections as unfounded and emphasized the need to protect consumers' health, who should be protected from risks to their health through advertising measures.

Practical note:

Cosmetic surgeons and beauty clinics can therefore continue to advertise their services only to a very limited extent. It can be assumed that this ruling will also stand up before the Federal Court of Justice if the specialist clinic appeals. So the only advertising method left for cosmetic surgeons is word of mouth, as the Medicines Advertising Act quite rightly sets strict limits on advertising for operations that are not medically indicated.

Cosmetic surgeons have recently been facing increasing legal headwinds: their billing, which is often outrageous, is subjected by the courts to the limits of the fee schedule for doctors and flat rates are prohibited. Medical malpractice cases are also repeatedly brought about because cosmetic surgeons work sloppily and injure their patients. The fact remains that consumers should approach cosmetic surgeons with great skepticism and think very carefully about cosmetic surgery.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
Vertretung und Beratung im Medizinrecht und Arztrecht
Witzlebenstraße 3 - 14057 Berlin - Tel: (030) 536 47 749
E-mail: mail@christmann-law.de


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