Die Krankenversicherung darf einen zu fast 100 % Hörgeschädigten nicht auf die Versorgung mit unzureichenden analogen Festbetragshörgeräten verweisen, weil digitale Hörgeräte die bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen Gesunder erlauben und im Alltagsgebrauch analogen Geräten überlegen sind (BSG, Urteil vom 17.12.2009 -B 3 KR 20/08 R-).

Der Fall:

Der nahezu taube krankenversicherte Kläger aus Baden-Württemberg begehrte von der beklagten Krankenkasse die Übernahme der Kosten für ein digitales Hörgerät.

Die Krankenversicherung war lediglich bereit, einen Festbetrag von 987,31 Euro für ein analoges Hörgerät zu zahlen. Dagegen klagte der Versicherte.

Die Entscheidung:

Das Bundessozialgericht verpflichtete die Krankenkasse nun, über den bereits übernommenen Teilbetrag von 987,31 Euro hinaus auch die restlichen Kosten in Höhe von 3.073 Euro zu tragen.

Das BSG führt dazu aus, dass zum Ausgleich von Hörbehinderungen die Krankenkassen für die Versorgung mit solchen Hörgeräten aufzukommen haben, die nach dem Stand der Medizintechnik die bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen Gesunder erlauben und gegenüber anderen Hörhilfen erhebliche Gebrauchsvorteile im Alltagsleben bieten. Daran müssten auch die Festbeträge der Krankenkassen ausgerichtet werden.

Demzufolge begrenze der für ein Hilfsmittel festgesetzte Festbetrag die Leistungspflicht der Krankenversicherung dann nicht, wenn er objektiv nicht ausreicht für den Ausgleich der konkret vorliegenden Behinderung. Das beurteile sich nach den Versorgungsanforderungen der jeweils betroffenen Versichertengruppe, hier der etwa 125.000 Personen mit einem Hörverlust von nahezu 100%. Sie konnten aus Sicht des BSG mit den für Baden-Württemberg im Jahr 2004 geltenden Festbeträgen von 987,31 Euro nicht ausreichend versorgt werden.

Hinweis:

Viele hörbehinderte Menschen wünschen digitale Hörgeräte, die analogen Hörgeräten in Leistung und Bedienungskomfort überlegen, aber meistens auch teurer sind. Mit der Entscheidung des BSG ist nunmehr der Weg offen für eine Verbesserung der Hörleistung bei gesetzlich krankenversicherten Hörgeschädigten mit einem Hörverlust von fast 100%. 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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