Die 68-Jahre-Altersgrenze für Zahnärzte widerspricht nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofes den europarechtlichen Vorgaben, wenn sie (lediglich) bezweckt, die Gesundheit der Patienten vor dem Nachlassen der Leistungsfähigkeit von älteren Vertragszahnärzten zu schützen. Ob dies der Fall ist, müssen die deutschen Instanzgerichte abschließend beurteilen (EuGH, Entscheidung vom 12.01.2010 - C-341/08 -).

Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf ist nach Ansicht des EuGH dahin auszulegen, dass er einer nationalen Maßnahme wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, mit der für die Ausübung des Berufs eines Vertragszahnarztes eine Höchstaltersgrenze, im vorliegenden Fall 68 Jahre, festgelegt wird, entgegensteht, wenn diese Maßnahme nur das Ziel hat, die Gesundheit der Patienten vor dem Nachlassen der Leistungsfähigkeit von Vertragszahnärzten, die dieses Alter überschritten haben, zu schützen, da diese Altersgrenze nicht für Zahnärzte außerhalb des Vertragszahnarztsystems gilt. Der EuGH weist damit darauf hin, dass Vertragszahnärzte damit schlechter behandelt würden als Privatzahnärzte, für die es keine entsprechenden gesetzlichen Altersgrenzen gibt.

Der EuGH führt weiter aus, dass Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 dahin auszulegen ist, dass er einer solchen Maßnahme nicht entgegensteht, wenn diese die Verteilung der Berufschancen zwischen den Generationen innerhalb der Berufsgruppe der Vertragszahnärzte zum Ziel hat und wenn sie unter Berücksichtigung der Situation auf dem betreffenden Arbeitsmarkt zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich ist.

Es ist Sache des deutschen Gerichts, das die Frage dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt hatte, festzustellen, welches Ziel mit der Maßnahme zur Festlegung dieser Altersgrenze (vgl.
§ 95 Absatz 7 SGB V) verfolgt wird, in dem es den Grund für ihre Aufrechterhaltung ermittelt.

Sollte eine Regelung wie die im Ausgangsverfahren streitige unter Berücksichtigung des mit ihr verfolgten Ziels gegen die Richtlinie 2000/78 verstoßen, ist das nationale Gericht gezwungen, die gesetzliche Altersgrenze des § 95 Absatz 7 SGB V selbst dann unangewendet lassen, wenn sie vor dem Inkrafttreten der Richtlinie erlassen wurde und das nationale Recht die Nichtanwendung einer solchen Regelung nicht vorsieht.

 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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