Der Bundestag beschloss heute mit einer Mehrheit von 326 zu 260 Stimmen, dass genetische Test an Embryonen in bestimmten Fällen zulässig sind. Paare, die einen Kinderwunsch haben, dürfen die Präimplantationsdiagnostik (PID) zur Auswahl von Embryonen mit Einschränkungen nutzen.

Voraussetzung dafür ist, dass wegen der genetischen Veranlagung der Ei- und Samenzellen spendenden Paare eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine schwerwiegende Erbkrankheit beim Kind oder für eine Tot- oder Fehlgeburt besteht. Damit wird die Untersuchung von Embryonen, die der BGH bereits zugelassen hatte, beschränkt und ein rechtlicher Rahmen vorgegeben. Nunmehr gilt, dass die PID grundsätzlich verboten bleibt und unter den oben genannten Voraussetzungen ausnahmsweise zulässig, wenn die Paare sich vorher beraten haben lassen und eine Ethikkommission der Untersuchung im konkreten Fall zugestimmt hat. Auch darf die PID-Untersuchung nur an medizinischen Zentren mit einer entsprechenden Erlaubnis vorgenommen werden.

Die Zulassung der PID war landesweit heftig und kontrovers diskutiert worden. Die Befürworter argumentierten vor allem mit dem Recht freie Entscheidung für gesundes Leben, die Gegner fürchten Genoismus und einen Dammbruch in die genetische Selektion.Die Lager liefen dabei nicht entlang der Parteigrenzen.

In der heutigen Abstimmung wurde über mehrere Stunden emotional diskutiert. Der Fraktionszwang war aufgehoben. Mehrere Parlamentarier verwiesen auf eigene Erfahrungen mit Frühgeburten und Problemschwangerschaften. Ein vermittelnder Entwurf war mit 58 Stimmen in zweiter Lesung gescheitert.

Die Gegner der PID wandten ein, die PID könne nicht auf bestimmte Fälle begrenzt werden und prognostizierten eine Ausweitung der genetischen Selektion. Die Befürworter der PID erklärten, den Frauen dürfe die Entscheidung, ein gesundes Kind zu bekommen oder eben ein krankes nicht zu bekommen, nicht genommen werden.

Von der Leyen (CDU) setzte sich für die begrenzte Zulassung ein. Im ARD erklärte sie: „Es geht um eine kleine Gruppe von Paaren, die einen langen Leidensweg hinter sich haben" und "niemand will Designerbabys schaffen". Sie wies darauf hin, dass es bei der PID um eine "schwere Erbkrankheit gehe, die auf einem einzelnen Gen sitzt und wo die Eltern bereits die Erfahrung gemacht haben, dass sie diese weitergeben.“

Der Bundesrat muss dem Gesetzentwurf noch zustimmen.

Der BGH hatte am 6. Juli 2010 entschieden, dass die Präimplantationsdiagnostik zur Entdeckung schwerer genetischer Schäden des exkorporal erzeugten Embryos nicht nach § 1 Absatz 1 Nr. 2 ESchG strafbar sei. Denn es könne "nicht mit der im Strafrecht erforderlichen Bestimmtheit ein Verbot der bei Erlass des Embryonenschutzgesetzes im Jahr 1990 erst im Ausland entwickelten PID abgeleitet werden", zumal eine PID im Blastozystenstadium den Embryo nach aktuellen Erkenntnisstand nicht schädige und seinem im ESchG intendierten Schutz vor Missbräuchen damit nicht zuwider liefe. Nach dem Urteil bestand weiterhin Rechtsunsicherheit über die rechtlichen Grenzen der PID.

Zum Thema:

BGH: PID bei Verdacht auf schweren genetischen Schaden nicht strafbar: 06.07.2010

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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