Mit der neuen Musterberufsordnung 2011 ergeben sich für Ärzte umfassende Änderungen, die mit der Umsetzung in den Ländern verbindlich werden. Neuerungen gibt es zu den Aufklärungspflichten, der Annahme von Vorteilen und den Individuellen Gesundheitsleistungen.

In den vergangenen Jahren waren die Themen ärztliche Aufklärung, IGeL und die Geld- oder Sachgeschenke für Ärzte immer wieder Gegenstand der Diskussion in den Ärztekammern und auch vor Gericht. Nunmehr haben die Delegierten auf dem Deutschen Ärztetag in Kiel am 29.08.2011 eine umfassende Erneuerung der (Muster-)Berufsordnung für Ärzte beschlossen. Die Regeln der Musterberufsordnung werden erfahrungsgemäß inhaltsgleich in die Berufsordnungen der Länderkammern übertragen, so dass sich die Ärzte auf die Änderungen einstellen sollten.

Aufklärungspflichten verschärft

Die Aufklärungspflichten des Arztes werden erweitert. Der Arzt muss frühzeitig aufklären, d.h. so früh wie möglich. Es gilt, dass ein Arzt vor einer stationären Operation schon dann aufklären muss, wenn die Entscheidung für die Operation fällt und nicht erst, wenn der Patient stationär aufgenommen wird. Die Aufklärung muss Wesen, Bedeutung und Tragweite der Behandlung einschließlich der Behandlungsalternativen und der damit verbundenen Risiken vermitteln.
Problematisch ist insofern, dass der Arzt mit der Verwendung von vorgefertigten Aufklärungformularen nicht sicher sein kann, seine Aufklärungspflichten zu erfüllen, weil diese oftmals nicht alle Risiken erfassen und im Übrigen nicht das individuelle Aufklärungsgespräch ersetzen. Auf der sicheren Seite ist nur der Arzt, der sich über alle Risiken einer Behandlung informiert, den Patienten darüber im Einzelgespräch frühzeitig vor der Behandlung aufklärt und dies handschriftlich dokumentiert (auch unter Verwendung individueller Kürzel).

Annahme von Vorteilen erleichtert, soweit zu Fortbildungszwecken

Die Berufsordnung legt nunmehr für die Zuweisung von Patienten fest, dass die Annahme von geldwerten Vorteilen in angemessener Höhe nicht berufswidrig ist, soweit diese Zuwendungen ausschließlich für berufsbezogene Fortbildung verwendet werden. Ein Vorteil dann keine unangemessene Beeinflussung des Arztes dar, wenn sie einer wirtschaftlichen Behandlungs- oder Verordnungsweise auf sozialrechtlicher Grundlage dient und der Arzt die Möglichkeit hat, aus medizinischen Gründen eine andere als die mit finanziellen Anreizen verbundene Entscheidung zu treffen. Insoweit ist der ärztliche Spielraum hier erweitert worden. Eine Werbung für eigene oder fremde Zwecke ist unzulässig, soweit sie gewerblicher Natur ist. Nach wie vor dürfen Ärzte nicht von Patienten oder anderen Geschenke für sich oder Dritte fordern, annehmen oder sich versprechen lassen, wenn dadurch bei dem Patienten der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung durch den Vorteil beeinflusst werden könnte.

Mehr Informationspflichten zu IGeL

Was von der Rechtsprechung bereits gefordert wurde, hat nun auch Eingang in die Musterberufsordnung gefunden: Ärzte sind zum Schutze des Patienten verpflichtet, ihre Patienten vor der Erbringung dieser Leistungen schriftlich über die Höhe des voraussichtlichen Honorars zu informieren und mitzuteilen, dass eine Kostenübernahme durch die Krankenversicherung des Patienten nicht sichergestellt ist. Der Arzt, der dies mißachtet, riskiert, seinen Honoraranspruch nicht durchsetzen zu können.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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