Der vom Bundestag vorgelegte Entwurf des Patientenrechtegesetzes wird vom Bundesrat und Verbraucherverbänden als inhaltsleer kritisiert. Die Ärzteverbände begrüßten den Entwurf dagegen überwiegend.

Im Verhältnis zwischen Arzt und Patient gibt es zwei problembehaftete Bereiche. Zum einen ist dies der Bereich des Behandlungsfehlers (Arzthaftung). Zum anderen geht es um die privaten Leistungen für Kassenpatienten, also um Leistungen, die der Patient privat zu bezahlen hat (sog. Individuelle Gesundheitsleistungen, IGeL).

Das Thema Arzthaftung ist bisher gesetzlich kaum geregelt. Gleiches gilt für den Inhalt des ärztlichen Behandlungsvertrages. Der Inhalt der Arzthaftung, seine Voraussetzungen, Grenzen und prozessuale Besonderheiten, ergeben sich fast ausschließlich aus einer kaum überschaubaren Zahl von Gerichtsurteilen zum Beispiel des Bundesgerichtshofes. Der Patient kann dies alleine nicht ansatzweise durchschauen. Während fast alle privatrechtlichen Themen im Bürgerlichen Gesetzbuch mehr oder minder genau geregelt sind (z.B. Werkvertrag, Mietvertrag, Arbeitsvertrag), tappt der rechtssuchende Bürger bei Fragen des Behandlungsvertrages und der Arzthaftung im Dunkeln und ist auf die Hilfe von Anwälten angewiesen. Der Gesetzgeber hat mit seinem jetzt vorliegenden Entwurf nur ein paar Feigenblätter auf diese Baustelle geklebt. In der Sache wird nichts von Substanz geregelt. Der bisherige Entwurf ist unbrauchbar und dementsprechend auch von Seiten des Bundesrates kritisiert worden.

Der Behandlungsfehler, der Aufklärungsfehler, das Recht auf Akteneinsicht, die Beweislastverteilung im Prozess und anderes müssen gesetzlich geregelt werden, um dem Bürger den Zugang zum Recht zu ermöglichen. In der Praxis sehe ich, dass Patienten ihre Rechte nicht ansatzweise kennen und daher oftmals eine Rechtsverfolgung ganz unterlassen. Schon eine Anforderung von Kopien aus der Behandlungsakte wird oftmals unterlassen, weil der Patient glaubt, dies nicht beanspruchen zu können. Eine gesetzliche Regelung des Behandlungsvertrages und der Arzthaftung ist auch im Interesse der Ärzte: Insbesondere hinsichtlich der Aufklärungspflichten sind viele Ärzte völlig falsch informiert und klären daher nur unzureichend auf.
Eine gesetzliche Regelung schafft also Klarheit auch für die Ärzte und verbessert letztlich das Vertrauen der Patienten. Dies vermindert auf lange Sicht die Zahl der für alle Beteiligten äußerst belastenden Arzthaftungsprozesse.

Auch das zweite große Thema, die privaten Zusatzleistungen, sind in dem bisherigen Entwurf nicht zufriedenstellend geregelt. Das Problem besteht darin, dass der Patient nach der Rechtsprechung über die medizinische Erforderlichkeit, Risiken und die Kosten vor Beginn dieser Zusatzbehandlung informiert werden muss. Dabei darf er auch nicht unter Druck gesetzt werden, etwa indem der Arzt auf Risiken des Unterlassens der IGeL-Behandlung hinweist. Zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, dass die Individuellen Gesundheitsleistungen (z.B. bestimmte Glaukom-Vorsorgeuntersuchungen) von den Krankenkassen nicht als medizinisch erforderlich angesehen und daher auch nicht von ihnen bezahlt werden. Und dies hat seine Gründe darin, dass der Nutzen dieser Leistungen nicht durch Studien oder Forschungen belegt ist. Der Arzt aber hat ein großes Interesse daran, mit diesen Leistungen die Einnahmen aus den teils knapp bezahlten Kassenleistungen aufzubessern. Der Arzt hat also ein Interesse daran, diese Leistungen zu "verkaufen". Ein Interesse an schriftlichen Hinweisen auf die vom Patienten selbst zu tragenden Kosten und die unklare medizinische Erforderlichkeit hat er dagegen nicht. Der Gesetzesentwurf sieht lediglich vor, dass der Arzt den Patienten in Textform über die Besonderheiten von IGeL aufklären muss. Ein Flyer, den die Arzthelferin aushändigt, reichte also demnach. Der Arzt muss nach dem Entwurf auch lediglich über die "wesentlichen Umstände" der Behandlung aufklären. Der Begriff ist nicht näher definiert und lädt zu Interpretationen ein. Der Gesetzgeber verzichtet also darauf, dem Arzt klar in einem Katalog vorzuschreiben, worauf er den Patienten vor Beginn der Behandlung aufklären muss. Dies ist insofern unverständlich, als die Rechtsprechung bereits solche Kriterien erarbeitet hat, die hier für den Gesetzestext herangezogen werden könnten.
Hier wäre eine klare gesetzliche Regelung von Nöten. Diese minderte zwar sicherlich zuersteinmal die Einnahmen aus den IGeLeistungen. Auf der Habenseite stünden für den Arzt aber ein gestärktes Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient und die Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten mit seinen Patienten.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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