1. Die Infektion mit einem multiresistenten Erreger begründet weder per se eine Haftung der Klinik noch stellt sie ein Indiz für eine mangelhafte Behandlung dar. Der Arzt schuldet dem Patienten keinen absoluten Schutz vor Infektionen, den niemand bieten kann. Der Arzt haftet nur, wenn er den von ihm zu fordernden Qualitätsstandard unterschreitet und dies auch ursächlich für eine Schädigung des Patienten ist (OLG Naumburg, Urteil vom 12.06.2012 - 1 U 119/11 -).

2. Eine räumliche Separierung im Sinne einer Umkehrisolierung kommt bei Patienten in Betracht, die hochgradig infektanfällig sind, sei es wegen einer Immunsubpression, einer Brandverletzung oder wegen einer Immunschwächekrankheit. Dies ist nicht schon bei Diabetespatienten der Fall.

3. Die Dokumentation und Kontrolle allgemeiner Hygieneregeln und –standards erfolgt nicht patientenbezogen oder in einzelnen Krankenakten, denn eine Dokumentation, die aus medizinischer Sicht nicht erforderlich ist, ist auch aus Rechtsgründen nicht gebotene

4. Eine Haftung des Arztes oder der Klinik für eine Infizierung durch Keime kommt nur in Betracht, wenn die Keimübertragung durch die gebotene hygienische Vorsorge zuverlässig hätte verhindert werden können. Nur wenn feststeht, dass die Infektion aus einem hygienisch beherrschbaren Bereich hervorgegangen ist, hat der Behandelnde für die Folgen der Infektion einzustehen, sofern er sich nicht ausnahmsweise entlasten kann.

5. Dass man sich in jedem Krankenhaus möglicherweise mit Keimen infizieren kann und dass dieses Risiko bei einer Vorerkrankung oder dem Vorhandensein von Wunden erhöht ist, ist allgemein bekannt und nicht Gegenstand der besonderen Risikoaufklärung im Rahmen eines stationären Aufenthalts als solcher.

Anmerkung:
Im vorliegenden Fall ging es um die Frage, ob und wie eine Klinik für eine Infektion eines an Diabetes erkrankten Patienten mit multiresistenten Keimen haftet. Das Gericht stellte fest, dass die Infektion weder ein Hinweis für eine Falschbehandlung ist noch dass sie bereits für sich genommen zu einer Haftung führt. Dazu ist es erforderlich, dass der Patient nachweist, dass der Arzt bei der Behandlung medizinische Standards, also Grundregeln missachtet hat. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Patient, der Mittel zur Unterdrückung des Immunsystems erhält und damit besonders anfällig für Infektionen ist, nicht von anderen infizierten Patienten getrennt wird. Der Patient warf dem Arzt vor, er habe die Hygiene-Bestimmungen nicht beachtet und trug zum Beleg vor, dass die Einhaltung dieser Hygienestandards auch nicht entsprechend in der Behandlungsakte vermerkt waren. Das Gericht sah darin aber noch keinen Beleg für die Missachtung der Standars. Denn die Dokumentation der Einhaltung der Hygienestandards gehört nicht zu den Punkten, die dokumentiert werden müssen. Steht darüber nichts in der Akte, so kann daraus auch nicht abgeleitet werden, dass der Patient Arzt falsch gehandelt hat.
Das Gericht stellt weiter fest, dass hier eine Arzthaftung nur in Betracht kommt, wenn die Infektion durch die gebotene Hygiene zuverlässig verhindert hätte. Dies zu beweisen, ist für den Patienten nicht einfach.
Schließlich stellte das Gericht auch fest, dass der Arzt hier auch nicht wegen eines sog. Aufklärungsfehlers haftet. Der Patient hatte dem Arzt vorgeworfen, er habe ihn nicht über das Risiko einer Infektion aufgeklärt. Dies sah das Gericht als unproblematisch an. Denn dass man sich in einem Krankenhaus infizieren kann, sei allgemein bekannt.  

Es bleibt schwierig, einen Arzt wegen einer Infektion mit multiresistenten Keinen haftbar zu machen. Die kommt nur in Betracht, wenn der Arzt klar und deutlich gegen medizinische Standards verstoßen hat. Dies ist in der Regel nur durch ein medizinisches Fachgutachten zu klären.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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