Der Vertragsarztsitz des auf seine Zulassung verzichtenden Arztes muss sich in demselben Planungsbereich befinden, in dem das MVZ seinen Vertragsarztsitz hat (LSG Bayern, Urteil vom 16.01.2013 - L 12 KA 77/12 -).

Der Fall:

Ein MVZ in K-Stadt beantragte die Genehmigung Anstellung von zwei
Augenärzten, die auf ihre Vertragsarztzulassungen im Planungsbereich H verzichteten, um ausschließlich in dem MVZ K-Stadt, Planungsbereich K-Stadt tätig zu werden. Beide Planungsbereiche sind gesperrt.

Das lehnte der Zulassungsausschuss ab. Das MVZ erhob Widerspruch.
Der später beklagte Berufungsausschuss hob diesen Bescheid auf und erteilte dem MVZ die Genehmigung zur Beschäftigung der beiden Augenärzte als angestellte Ärzte mit einem Tätigkeitsumfang von 31 Stunden pro Woche (Bedarfsplanungsanrechnungsfaktor 1,0) zur ausschließlichen Tätigkeit in der Filiale des MVZ in H..
Dagegen klagte die KVB.

Die Entscheidung:

Das LSG Bayern hob das Urteil und den Bescheid des beklagten Berufungsausschusses auf und wies den Widerspruch des MVZ zurück. Das MVZ habe keinen Anspruch auf die beantragte Genehmigung. Damit ist die geplante Sitzverlegung gescheitert.

§ 103 IV 1 SGB V lässt den Erwerb von Vertragsarztsitzen nur planungsbereichsintern zu. Daher ist eine Angestelltentätigkeit in einer MVZ-Filiale in einem anderem Planungsbereich nach Zulassungsverzicht nicht erlaubt.

Auch muss ein MVZ zumindest die theoretische Möglichkeit haben, seine gesamte Tätigkeit wieder ausschließlich an seinem Vertragsarztsitz auszuüben, d.h. die Arztstellen in das Zentrum, den Vertragsarztsitz, zurückzuführen. Die Genehmigung einer Angestelltenstelle mit der Auflage, dass ein angestellter Arzt ausschließlich in der Zweigpraxis tätig ist, steht dem entgegen, da das MVZ wegen dieser Einschränkung rechtlich keine Möglichkeit hat, die Filiale aufzulösen und beispielsweise bei Veränderungen in der Zusammensetzung am Stammsitz eine Verteilung der Arbeitszeiten zu Gunsten des Stammsitzes vorzunehmen. Dies gebietet auch der Zentrumsgedanke, der der Gründung der MVZ zugrunde lag und bestimmt, dass das MVZ nach seinem Zweck umfassende medizinische Dienstleistungen unter einem Dach anbieten soll (BT.-Drs. 16/2474, S. 28).
Die Bestimmung der Anrechnungsfaktoren für MVZ richtet sich nach § 51 BedarfsplRL-Ä 2012.
Eine § 58 IV BedarfsplRL-Ä 2012 entsprechende Regelung fehlt für MVZ.
Bedarfsplanungsrechtlich würde daher eine Zulässigkeit des planungsbereichsübergreifenden Erwerbs von Arztstellen dazu führen, dass die Arztstelle unter Versorgungsgesichtspunkten dem Planungsbereich des Stammsitzes des MVZ zuzurechnen wäre, während sie aber wegen der erfolgten Auflagen im Genehmigungsbescheid bereits rechtlich auf Dauer tatsächlich in einem anderen Planungsbereich verbleibt.

Praxistipp:

Streitgegenständlich war ausschließlich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein MVZ planungsbereichsübergreifend Arztstellen erwerben kann. Es ging nicht um die Frage, ob die Errichtung der Zweigpraxis an sich zulässig ist.

Die Gründung von Zweigpraxen ist zwar erleichtert worden. Ist aber der Vertragsarztsitz von der Zweigpraxis nicht theoretisch in den Hauptsitz rückführbar, weil sich beide in verschiedenen Planungsbereichen befinden, scheitert nach Ansicht des LSG Bayern die geplante Gründung.

Der Fall ist aber noch nicht endgültig entschieden, weil Revision zum Bundessozialgericht eingelegt wurde unter dem Aktenzeichen B 6 KA 31/13 R.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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